Am nächsten Morgen nach dem Frühstück kam dann die nächste Überraschung. Der Hinterreifen von Martin´s Ninja war ziemlich platt – wir zunächst auch. Es stellte sich dann heraus, dass eine Glasscherbe im Reifen steckte. Ausgerechnet am Sonntag, wenn keine Werkstatt offen ist und wir kaum eine Möglichkeit zur Reparatur oder zum Wechsel des Reifens haben. Für absolute Notfälle unterwegs hatte ich eine Dose Reifenpilot in meinem Gepäck. Trotz einiger Zweifel über die Wirksamkeit steckte in dem Zeug unsere ganze Hoffnung auf eine Fortsetzung der Tour ohne Zwangspause. Genau nach Vorschrift das Zeug rein, 20 km gefahren und an die Tanke zur Überprüfung des Luftdrucks. Lediglich 0,5 bar nachgedrückt und vorerst mit mäßigem Tempo losgefahren und alle 100 km mal überprüft. Womit eigentlich keiner von uns gerechnet hatte: das Zeug hielt die ganze Tour! Bei Martins Rückkehr in Koblenz musste der Reifen ohnehin gewechselt werden, da er so blank wie ein Kinderpopo war.
Der Wettergott meinte es an diesem Sonntag auch noch nicht so richtig gut mit uns – es regnete immer noch, wenn auch nicht mehr so heftig wie am Vortag.
Wir verabschiedeten uns von Martin W. fuhren um München rum und folgten der B11 bis Pullach zur Jugendherberge, wo Alex uns schon erwartete. Ihr Gepäck verstauten wir auf Hubi´s „Lastesel" und los gings. Wir folgten weiterhin der B11 durchs Isartal bogen ab nach Bad Tölz und fuhren auf der B13 entlang der Isar weiter Richtung Süden. Am Sylvensteinsee bogen wir links ab auf die B307 und erreichten schon bald die Österreichische Grenze. Auf der B181 gings weiter Richung Süden, am Achensee vorbei und auf der B169 ins Zillertal. Von Schürzenjägern haben wir dort aber nichts gesehen. In Zell am Ziller richteten wir uns nach Osten und folgten der B165 über Gerlos zu den Krimmler Wasserfällen. Nach einer kurzen Pause und den obligatorischen Bildern von den Wasserfällen nahmen wir wieder die B165 bis Mittersill unter die Räder und fuhren von dort aus weiter Richtung Osten auf der B168 bis nach Bruck an der Grossglocknerstrasse. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Großglockner Hochalpenstrasse mautpflichtig ist, wollten wir uns natürlich diesen „Leckerbissen" nicht entgehen lassen. Also in Fusch an der Mautstelle unsere Gebühr entrichtet und schon gings bergauf. Das Wetter hatte sich mittlerweile etwas gebessert. Der Himmel war zwar immer noch wolkenverhangen und grau aber es regnete nicht mehr. Eine beeindruckende Landschaft mit reichlich Schnee erwartete uns. Nach kurzen Stopps an der Edelweißspitze und der Franz-Josefs-Höhe konnten wir der Versuchung nach einer Schneeballschlacht und Rodelpartie nicht widerstehen. Wir hatten zwar keine Schlitten dabei, aber wasserdichte Motorradklamotten eignen sich bestens dazu, einen Schneehang runterzurutschen – das haben wir ausgiebig getestet.
Ein Blick auf die Uhr zeigte uns, dass wir uns mittlerweile über eine Stunde im Schnee vergnügt hatten und es leider schon wieder Zeit wurde, weiter Richtung Süden zu fahren. Also weiter über Heiligenblut, der südlichen Mautstation, auf der B107 und später B100 nach Lienz. Eine schöne Stadt mit südländischem Flair erwartete uns und hier wollten wir eine Unterkunft für die Nacht suchen – am besten mit Schwimmbad, Sauna und Solarium zum Relaxen. Leider fand an diesem Wochenende ein größeres Musikfest statt und die freien Zimmer in Hotels und Pensionen waren so gut wie alle belegt. Auch die Touristen-Info mit Zimmervermittlung hatte schon geschlossen. Vor der Touri-Info brannten auf einer großen Übersichtstafel mit Hotels und Pensionen fast ausschließlich die roten Lämpchen. Aber bei genauerem Hinsehen entdeckten wir doch noch ein grünes Lämpchen, was uns sagte, dass bei Fam. Winkler noch was frei wäre. An der Tafel war auch ein Telefon angebracht, mit dem man kostenfrei das jeweilige Hotel oder die entsprechende Pension erreichen konnte. „Dann rufen wir mal die Maria Winkler an! – Alex mach Du das mal, eine Frauenstimme kommt da immer besser!" Gesagt – getan! Es war nur noch ein Zimmer für 3 Personen frei und mit Händen und Füßen gaben wir Alex zu verstehen sie solle die Winkler-Oma davon überzeugen, dass wir Schlafsäcke dabei hätten und wir zu fünft das Zimmer belegen wollten. Alex´s Überzeugungskünste waren schon sehr gut und sie erhielt das o.k. „Die geht wohl davon aus, dass 5 junge christliche Mädchen dort auftauchen. Wenn die uns da ankommen sieht, 4 Kerle und 1 Frau, dann noch auf Motorrädern und alle in einem Zimmer- da wird nichts draus!" äußerte ich meine Zweifel. Bei der Pension angekommen öffnete Herr Winkler die Tür, schaute erst die Motorräder und dann uns der Reihe nach an, sagte kein Wort und schüttelte nur heftig den Kopf – horizontal natürlich!. Auch seine Frau war trotz Aufbietung unserer ganzen Überzeugungskraft nicht zu einer Vermietung des Zimmers für die eine Nacht bereit.