2012 - 05 - Ostsee-Umrundung
Roman | Suzuki Bandit 600 | |
Gerd | BMW R 1200 GSA |
Für 2012 hatte ich mir die Umrundung der Ostsee vorgenommen.
Das Baltikum (Litauen, Lettland, Estland), Russland mit St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark sollten auf alle Fälle auf dem Programm stehen.
Meine rumänischen Freunde Adi und Martin wollten unbedingt mit von der Partie sein, wurden aber leider durch berufliche und familiäre Dinge ausgebremst.
Auch aus dem Kreise meines Internetforums "Moselbikers.de" bestand anfangs Interesse. Allerdings konnte oder wollte hier keiner die ca. 3 Wochen mit in Angriff nehmen.
Über das Motorradreiseforum "Motorradkarawane" bekam ich Kontakt zu Roman aus Kefenrod bei Frankfurt / Main. Er beabsichtigt in 2013 oder 2014 mit dem Motorrad in sein Geburtsland Kasachstan zu fahren und suchte noch Mitfahrer. Für 2012 hatte er noch nichts festes geplant und so entschied er sich recht schnell "Ich habe Verwandschaft in St. Petersburg, die wollte ich schon immer mal besuchen! Mit Motorrad ist das noch besser! Ich fahre mit!".
Da Roman perfekt russisch spricht, brauchte ich mir auch keine allzu großen Gedanken mehr um meine diesbezüglichen sprachlichen Defizite zu machen.
Letztendlich einigten wir uns auf 17 Tage im Mai. Von Kiel aus mit der Fähre nach Klaipeda in Litauen, über Riga und Tallinn nach St. Petersburg, weiter nach Helsinki, von dort mit der Fähre nach Stockholm, durch Schweden über die Öresundbrücke nach Dänemark, mit der Fähre nach Fehmarn und wieder zurück sollte die Tour gehen.
Die Strecken plante ich wie gewohnt mittels meiner Navi-Software MapSource. Die hervorragenden Karten für Russland bezog ich kostenlos von HIER klicken
Das für Russland nötige Visum besorgte Roman über eine Nachbarin, die am Frankfurter Flughafen in einem Reisebüro arbeitet.
Mi. 16.05.2012
Am 16. Mai morgens um 06.00 Uhr ging es endlich los. Bei grauem Himmel und dunklen Regenwolken machte ich mich auf den Weg nach Kiel. Angesichts der Wetterlage zog ich schon bei der Abfahrt meine Regenkombi an. Von größeren und heftigen Regenschauern blieb ich aber glücklicherweise verschont. Für die Anfahrt musste ich schon in "den sauren Apfel beißen" und die Autobahn benutzen.
Kurz hinter Hannover auf der A7 traf ich mich auf dem Rastplatz Allertal mit Roman. Die restliche Strecke bis Kiel legten wir gemeinsam zurück. Bereits um 15.00 Uhr trafen wir im Fährhafen ein, nahmen am Schalter der Fähre unsere Tickets in Empfang und hatten noch etwas Zeit. Hier lernten wir Ton aus den Niederlanden kennen. Er war alleine mit seiner BMW R1100 S unterwegs und wollte von Klaipeda aus über die kurische Nehrung nach Kaliningrad. Ansonsten waren wir drei die einzigsten mit Motorrad an Bord.
Es dauerte noch eine Weile, bis sich der Bauch der Fähre öffnete und wir 2 Etagen nach unten gelotst wurden. Die Motorräder mussten wir selbst verzurren, wobei die von mir mitgenommenen Bandschlingen gute Dienste leisteten.
Unser Handgepäck schleppten wir über mehrere Etagen zu unserer Kabine. Nassgeschwitzt kamen wir dort an. Ton musste für die Überfahrt mit einem Liegesessel vorlieb nehmen, da keine Kabinen mehr frei waren. Unser Angebot, seine Sachen in unserer Kabine zu deponieren, nahm er dankbar an.
Nachdem wir uns frisch gemacht und umgezogen hatten, inspizierten wir die Fähre und beobachteten die Ausfahrt aus dem Hafen. Direkt bei der Buchung der Fähre hatten wir im Vorfeld bereits die Verpflegung an Bord mitgebucht - eine gute Entscheidung!. Abends gab es leckeres vom Buffet - sehr schmackhaft und reichhaltig! In der Bar trafen wir auch wieder auf Ton, der sich angeregt mit einer Litauerin unterhielt. Im Verlaufe des Abends lernten wir Günther aus Leipzig kennen. Mit seinem "Kriegsveteranen-Club" wollte er historische Plätze im Baltikum besuchen. Den Abend ließen wir gemeinsam mit ein paar Bier in der Bar ausklingen.
Do. 17.05.2012
Fast den ganzen Tag sollten wir an Bord verbringen. Das reichhaltige Frühstück glich eher einem Brunch-Buffet und so starteten wir gut gestärkt in den Tag. An Deck wurden wir von schönstem Wetter mit strahlend blauem Himmel begrüßt. Obwohl wir an der polnischen Küste entlang fuhren, war kein Land in Sicht.
Ton hatte eine etwas unruhige Nacht hinter sich. Seine litauische weibliche Bekanntschaft vom Vorabend hatte sich den Liegesessel gleich neben ihm ausgesucht und ihm scheinbar den größten Teil der Nacht keine Ruhe gegönnt. Ob er seinem am Vorabend geäußertem Vorsatz "Ich bin alleine unterwegs, suche auch keine Frau, die wartet zuhause!" treu geblieben ist, wissen wir nicht.
Pünktlich um 16.30 Uhr Ortszeit haben wir in Klaipeda angelegt. Bis wir die Fähre verlassen konnten, dauerte allerdings noch eine geschlagene Stunde.
Das Wetter war trotz bewölktem Himmel immer noch gut. Mittels den POI´s vom Navi suchten wir uns eine Unterkunft und fanden diese im Hotel "Park Inn".
Abends gingen Roman und ich zum Akropolis, einem riesigen Einkaufszentrum mit zahlreichen Geschäften, Restaurants und Café´s. In einer Pizzeria ließen wir uns nieder und Roman wollte sogleich seine russischen Sprachkenntnisse an die Frau bringen. "Sprechen Sie russisch?" fragte er die nette Bedienung. Die Antwort war nicht so ganz klar: "Ja! ....ein wenig! ...aber eher doch nicht so richtig!" Scheinbar sind die Schatten der Vergangenheit noch nicht so ganz bewältigt. In Litauen und Lettland sollte es in den nächsten Tagen häufiger vorkommen, dass die Bevölkerung sehr wohl der russischen Sprache mächtig, aber nicht gewillt ist, diese Sprache auch zu sprechen. Mit Englisch kommt man übrigens im Baltikum, aber auch in St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark bestens zurecht! Wie dem auch sei - die Pizza schmeckte hervorragend! Zurück im Hotel nahmen wir noch ein "Gute-Nacht-Bier" zu uns und begaben uns dann zur Ruhe.
Fr. 18.05.2012
Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Ton.
Und schon wieder ging es auf die Fähre - diesmal allerdings nur ein kurzes Stück von Klaipeda bis zur kurischen Nehrung. Durch den litauischen National Park "kurische Nehrung" fuhren wir nach Nida und weiter bis unmittelbar zur russischen Grenze. Bis nach Kaliningrad sind es von hier aus nur noch 86 km. Hohe Sanddünen prägen bei Nida das Landschaftsbild.
Zurück über Klaipeda machten wir uns dann auf den Weg zum Zemaitijos Nacionalinis Parkas.
Mal abgesehen von dem Nationalpark war die Strecke gezeichnet von flachem Land mit riesigen Feldern und geraden, wie von einer Schnur gezogenen Straßen. Auch die erste Schotterpiste war in hervorragend gutem Zustand und schnurgerade. Unsere weitere Tour führte uns nach Siauliai und angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit suchten wir uns eine Unterkunft. Die Fußgängerzone von Siauliai ist sehr hübsch und in einem netten Lokal haben wir sehr gut gegessen - Steak mit Kartoffeln und Gemüse für umgerechnet ca. 12 EUR. Mit ein paar Bier ließen wir den Abend ausklingen.
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Sa. 19.05.2012
Nur einige wenige Kilometer von Siauliai entfernt besichtigten wir den Berg der Kreuze - einen beeindruckenden Wallfahrtsort in Litauen. Nach der dritten polnischen Teilung wurde Litauen Teil des russischen Reiches. Im Novemberaufstand 1830/31 sowie im Januaraufstand 1863/64 rebellierten Polen und Litauer gegen die russische Obrigkeit. Beide Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Zu dieser Zeit sollen die Bewohner der Umgebung begonnen haben auf dem Hügel Kreuze für ihre bei den Aufständen getöteten Angehörigen aufzustellen, von denen sie nicht wussten, wo diese begraben sind.
Bei sommerlichen Temperaturen und immer noch strahlend blauem Himmel fuhren wir weiter Richtung Lettland. Auch hier war die Landschaft flach und weit. Riesige Felder, einzelne Gehöfte, teils neue moderne Häuser aber auch uralte Holzhäuser säumten die Straßen. An den meisten Häusern waren Satellitenschüsseln sichtbar.
Auch hier fanden wir einige Schotterstrecken in sehr gutem Zustand. Unterwegs kauften wir Brot, Käse und örtliches Mineralwasser ein. Ein Glück, dass wir das Wasser sogleich probierten - es schmeckte äußerst salzig. Zurück im kleinen Laden griffen wir dann doch zum Wasser aus der Fuldaquelle.
Pünktlich um 12 Uhr mittags passierten wir die Grenze zu Lettland, die wir lediglich an der Beschilderung erkannten.
Zur Mittagsrast ließen wir uns an einer Bushaltestelle am Straßenrand nieder, kochten Kaffee und Tee und ließen uns das Brot mit Käse, Wurst und Tomaten schmecken.
Gegen 15.30 Uhr kamen wir in Riga an und bezogen ein Hotel direkt am Rande der Fußgängerzone.
In Riga war an diesem Samstag Tag der offenen Museen und die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Überall befanden sich lange Schlangen vor den einzelnen Museen. Direkt vor unserem Hotel spielte in der Fußgängerzone eine Musikgruppe - Schlagzeug, 2 Trompeten, 1 Tuba, 1 Zugposaune. Die Musik war sehr gut und mitreißend.
Auffallend viele hübsche lettische Frauen und Mädchen hatten sich ebenso wie die Stadt "herausgeputzt" und flanierten durch die Fußgängerzone. Nach einer stärkenden leckeren Mahlzeit schlenderten auch wir durch die Stadt. Vor dem Hotel hörten wir noch etwas der Musikgruppe zu. Als ich mich umdrehte stand plötzlich Günther, den wir auf der Fähre nach Klaipeda kennengelernt hatten, vor uns. Unser Wiedersehen mussten wir natürlich mit ein paar Bierchen feiern.
Günther ist ein unheimlich geselliger Typ, der bisher schon ganz schön in der Welt herumgekommen ist - vor allem im Osten - und von daher einige Geschichten zu erzählen hatte. Wie manche Matrosen in jedem Hafen ein Mädel haben, hatte er scheinbar in einigen Städten seine weiblichen Bekanntschaften, natürlich auch in St. Petersburg. "Oouuuuh, wenn ihr da hin fahrt, lasst ja die Finger von meiner Natuschka!". Es wurde ein kurzweiliger Abend mit viel Spaß und Gelächter!
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So. 20.05.2012
Die Abfahrt aus Riga gestaltete sich etwas schwierig. Direkt vor unserem Hotel war die Straße wegen einem Stadtlauf gesperrt. Unsere Motorräder hatten wir in einem Parkhaus einige hundert Meter vom Hotel entfernt untergestellt und es dauerte einige Zeit bis wir zum Hotel vorfahren konnten. Etliche Teilnehmer des Stadtlaufes mussten wir bei der Ausfahrt aus dem Parkhaus passieren lassen, bevor der wirklich nette und freundliche Polizist die Strecke für uns frei gab.
Vor dem Hotel sprach uns ein deutsches Ehepaar an. Als wir erläuterten wo wir herkamen und was wir auf unserer Tour noch vor uns hatten waren sie ganz begeistert. Sie seien auch Motorradfahrer, aber derzeit ohne Moppeds auf Ostsee-Kreuzfahrt. Eine ganze Weile plauderten wir mit ihnen bis wir bemerkten, dass wir doch so langsam weiter müssten.
Aus der Stadt rauszukommen erwies sich wegen der durch den Stadtlauf teilweise gesperrten Straßen als etwas schwierig. Nach einer "Sonderrunde" schafften wir es aber. Zunächst führte uns die Strecke nach Sigulda. Am Rande eines Naturparks gibt es hier eine mittelalterliche Burg zu besichtigen.
Weiter ging es auf kleinen Sträßchen Richtung Estland. Auch hier fanden wir meist flaches Land und riesige Felder vor. Kurz vor Limbazi legten wir an einem idyllischen Platz an dem gleichnamigen (Limbazi-) See unsere Mittagspause ein. Der Bootssteg wurde von mehreren Anglern benutzt, die einige Fische in ihren Köchern hatten. Wir zogen als Mahlzeit aber Brote mit leckerem Käse und Wurst den Fischen vor.
Ursprünglich wollten wir bis Kloostri im Matsalu-Nationalpark fahren und dort eine Unterkunft suchen. Über Schotter und Lehm erreichten wir den Ort. Allerdings fanden wir dort lediglich ca. 5 Häuser und keine Unterkunft - zumindest keine adäquate. Zu sehen waren auch weitaus mehr Tiere - Kühe, Schweine, Hühner, Katzen und Hunde - als Menschen. Wahrscheinlich wäre es hier einfacher gewesen, einen Platz im Stall als ein Bett zu bekommen. Kurzerhand beschlossen wir, bis nach Tallinn weiterzufahren.
In Tallinn mieteten wir uns im Sokos-Hotel ein. Die sehr hübsche und äußerst nette Lagle gab uns ein Zimmer im 20. Stock mit einer herrlichen Aussicht über die Stadt. Das Sokos-Hotel war bei der Eröffnung 1972 das erste Hochhaus der Stadt. Das Hotel diente seinerzeit als Interhotel, in dem hauptsächlich Gäste aus dem nicht-sozialistischen Ausland untergebracht wurden. Im 23. Stock des Hotels hatte sich der KGB eingerichtet und Abhöranlagen installiert. Durch die hier installierte Überwachungszentrale des sowjetischen Geheimdienstes konnten zahlreiche Hotelzimmer akustisch und visuell überwacht werden.
Nach dem Einchecken im Hotel unternahmen wir einen ersten Erkundungs-Spaziergang durch Tallinn. Tallinn verfügt über eine sehr schöne mittelalterliche Altstadt. Das Mittelalter wird hier regelrecht vermarktet. Überall finden sich alte oder auf alt getrimmte Lokale wie beispielsweise die "Olde Hansa". Von Personal in alten Trachten wird man hier bedient.
Auffallend und aus unserer Sicht recht negativ waren die vielen betrunkenen Passanten in der Stadt - dem Anschein nach meist finnischer Herkunft. Scheinbar führt die Nähe zu Finnland (mit der Fähre sind es nur wenige km) sowie die im Vergleich zu Finnland erheblich günstigeren Preise für Alkohol zu diesen unschönen Auswüchsen.
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Mo. 21.05.2012
Der Umstand, dass wir bereits am Vortag bis nach Tallinn fuhren, bescherte uns einen motorradfreien Besichtigungstag in Tallinn. Unser Frühstücksraum war von vielen lautstarken Finnen bevölkert. Nach dem Frühstück begaben wir uns auf Erkundung durch den historischen Teil der mittelalterlichen Stadt. Durch die Unterstadt begaben wir uns zum Domberg. Hier konnte uns ein Este, der sehr gut Deutsch sprach, einige Informationen über die Geschichte der Stadt geben.
Nachmittags ließen wir uns in einem Cafe am Marktplatz nieder und schauten dem Treiben in der Stadt zu. Punkerinnen zeigten ihre Tanzkünste und nahmen sich gegenseitig per Video auf. Auch 3 Break-Dancer zeigten ihre eindrucksvollen akrobatischen Kunststücke, bis die Ordnungspolizei einschritt. Für mich unverständlich - ich fand die Break-Dancer wesentlich angenehmer wie die vielen Betrunkenen Passanten, um die sich niemand kümmerte.
Direkt zwei Tische neben uns ließ sich ein russisch sprechendes, betrunkenes Paar mittleren Alters nieder. Bald darauf kam ein junger Bettler vorbei, der auf einem Schild kein Blatt vor den Mund nahm "I need help! Give me money for vodka and cigarettes!". Der betrunkenen, russisch sprechenden Frau hat das überhaupt nicht gefallen, sie beschimpfte den jungen Bettler aufs übelste: "Verpiss dich! - Hau ab! - Geh arbeiten!" Etwas unkoordiniert stand sie auf, trat nach dem Bettler und wollte ihm den Sammel-Becher aus der Hand schlagen. Wegen ihrer durch die Trunkenheit doch etwas sehr beeinträchtigten Standfestigkeit konnte sie sich dabei nur mühsam auf den Beinen halten und verfehlte natürlich ihr Ziel. Kein schöner Anblick und nicht lustig!
Di. 22.05.2012
Wir verließen Tallinn in Richtung Osten und schon bald bogen wir links ab zum Lahemaa-Nationalpark. Ein schönes kleines Sträßchen führte uns nach Käsmu. Der Ort wird auch als "Dorf der Kapitäne" bezeichnet, da sich früher hier eine Marineakademie befand. Diese Zeit brachte es mit sich, dass Käsmu als Anlaufstelle von Schmugglern (Alkohol, Salz, Fische) eine gewisse Berühmtheit erlangte. Heute ist das Dorf von schönen Holzvillen mit Gärten geprägt.
Eine wunderschöne, vereinzelt geschotterte Strecke führte uns in weiten Teilen unmittelbar entlang der Ostseeküste weiter nach Narva. Unterwegs rasteten wir unmittelbar an der baltischen See.
In Narva angekommen suchten wir uns ein Hotel und machten uns anschließend per Pedes zu einer Besichtigungstour auf. Als östlichste Stadt Estlands liegt Narva direkt an dem gleichnamigen Grenzfluß zu Russland. Unmittelbar an der Brücke über die Narva befindet sich auf estischer Seite die Hermannsfeste - eine gewaltige Festung, die von den Dänen gegründet und im späteren Verlauf der Zeit an den Deutschen Orden verkauft wurde. Ihr gegenüber liegt auf der russischen Seite die Festung Iwangorod. Eine Besichtigung der Hermannsfeste ließen wir uns natürlich nicht entgehen.
Die Brücke über die Narva ist von Zäunen und weitläufigen Grenzanlagen gesäumt. Dem Grenzübertritt am nächsten Tag sahen wir mit einiger Spannung entgegen.
Zurück im Hotel widmeten wir uns einem vorzüglichen Abendmahl und ließen ein paar Bier unsere durstigen Kehlen entlang laufen.
Mi. 23.05.2012
Früh am Morgen machten wir uns auf, um den Grenzübertritt nach Russland in Angriff zu nehmen.
Naiv wie wir waren, fuhren wir direkt zur Grenze vor und wurden dort von einem estischen Zollbeamten wieder zurück zu einer 2 Kilometer vor Narva befindlichen "Waiting Area" geschickt.
Bei der Fahrt dorthin trafen wir auf ein illustres Motorradfahrer-Trio. Ein Deutscher aus Bamberg war mit seinem amerikanischen Kumpel und dessen koreanischem Freund auf dem Weg zum Nordkap.
Die "Waiting-Area" bestand aus einem größeren Gelände, an deren Einfahrt sich die Zufahrt sogleich auf mehrere Fahrspuren verteilte. Direkt an der Einfahrt befand sich Station 1. Hier mussten wir den Reisepass sowie den Fahrzeugschein vorzeigen. Für 1,10 EUR erhielten wir dort eine Nummer.
Anschließend ging es auf der Fahrspur 3 ca. 200 Meter weiter zur Station 2, an der die Fahrzeugregistrierung stattfand - Kosten: 1,00 EUR.
Nachdem wir diese Hürde gemeistert hatten, durften wir wieder bis zur Grenze vorfahren. Die Abfertigung auf estischer Seite ging dann auch sehr schnell vonstatten.
Wir durften über die Brücke fahren und mussten auf der russischen Seite an einem "Kiosk" anhalten. Eine sehr hübsche russische Zollbeamtin händigte uns ein Formular zur Zollerklärung aus - leider hatte sie nur Vordrucke in russischer Sprache.
Dann ging es zur nächsten Station ein paar hundert Meter weiter. Wir hielten vorher an und widmeten uns dem Ausfüllen der Zollerklärung. Wegen meiner fehlenden russischen Sprach- und Schriftkenntnisse dauerte das natürlich eine Weile. Ein junger Zollbeamter kam auf uns zu und fragte, was wir denn da so lange machen würden. Nachdem er mitbekam, dass wir die Zollerklärung nur auf Russisch vorliegen hatten, verschwand er und kam bald darauf mit einem ganzen Packen Formulare in Deutsch an. Das erleichterte mir natürlich das Ausfüllen erheblich und schon bald konnten wir dann vorfahren.
Zunächst wurden die Personenpapiere, also der Reisepass, mit dem Visum bearbeitet. Dies ging auch recht zügig vonstatten. Anschließend dann eine nachfolgende Station, nur wenige Meter weiter. Hier wurde die Zollerklärung bearbeitet. Eine strenge "Kalinka" sah sich durch ihre dicke Hornbrille die ausgefüllte Zollerklärung ganz genau an. In der Zollerklärung ist in erster Linie das Fahrzeug aufgeführt und weiterhin enthält sie Angaben zu werthaltigen Gegenständen und Devisen. Nachdem "Kalinka" die Erklärung als ordnungsgemäß angesehen hatte, dokumentierte sie dies durch eine wahre Stempelorgie auf der Zollerklärung. Eine Ausfertigung behielt sie ein und die andere erhielt ich und behütete sie bis zur Ausreise wie meinen Augapfel.
Der junge Zollbeamte widmete sich anschließend unseren Motorrädern. Seitenkoffer und Topcase musste ich eigentlich nur per forma öffnen. Kaum waren die Deckel geöffnet, winkte der Zöllner auch schon wieder ab. Er interessierte sich mehr für mein Motorrad: "Was kostet die bei euch? - mhm, neu?" "nein, gebraucht" "mhm, was wiegt die? - mhm; wie schnell fährt die? - mhm; wie schnell seid ihr bisher gefahren? - mhm usw."
Insgesamt dauerten die Formalitäten ca. 2,5 Stunden und waren aus meiner Sicht gar nicht so gewaltig, wie sie von verschiedenen Seiten immer dargestellt werden.
Nun waren wir also drin - in Russland - und waren gespannt, wie die Straßenverhältnisse sich hier in der Realität zeigen würden. Die M11 von Narva nach St. Petersburg war anfangs schon recht heftig. Schlaglöcher und aufgebrochener Teer mit Aufwölbungen erinnerten mich an die rumänische Strecke über den Prislop-Pass. Nur 115 km bis nach St. Petersburg hatten wir zu bewältigen.
Die als berüchtigt beschriebenen Polizeikontrollen haben wir zwar gesehen, aber in weitaus geringerer Anzahl wie allgemein geschildert. Lediglich 2 Kontrollen auf dem Weg nach St. Petersburg - von beiden Kontrollen blieben wir unbehelligt.
Mi. 23.05.2012
Roman hat in St. Petersburg Verwandschaft und mit diesen unseren Besuch abgestimmt. Wir sollten dort auch übernachten können - entweder in ihrer Wohnung in St. Petersburg oder in deren außerhalb gelegenen Datscha (Hütte). Unterwegs bekamen wir Zweifel, ob dies so klappen würde. Roman hatte mehrfach telefoniert und immer wieder den Wunsch geäußert, dass wir uns die Sehenswürdigkeiten St. Petersburgs ansehen wollten. Allerdings wurde von seinem Namensvetter aus St. Petersburg kaum darauf eingegangen.
Entgegen unserem ursprünglichen Plan, beschlossen wir, in St. Peter in einem Hostel oder Hotel unterzukommen und der Verwandschaft lediglich einen Besuch abzustatten.
Durch einen wahnsinnigen Verkehr kämpften wir uns durch St. Peter. Die Fahrweise fand ich dabei in keinster Weise chaotisch - aber der Betrieb auf den Straßen war schon gewaltig! Das hervorragend funktionierende Navi mit den kostenlosen, routingfähigen OSM-Karten erleichterte uns diese Angelegenheit enorm. Leider fanden wir keine passende freie Unterkunft. Hier waren keine Zimmer mehr frei, dort war es zu teuer und an anderer Stelle fehlte ein passender sicherer Platz für unsere Motorräder.
Scheinbar war es doch so bestimmt, dass wir direkt zur Verwandschaft von Roman sollten. Auf dem Weg dorthin fuhr auf einmal eine laut knatternde Harley neben uns. "Habt ihr euch verfahren - wo wollt ihr denn hin?" fragte Ilja, Secretary bei dem Motorradclub "The Hooligans - St. Petersburg" auf russisch. Nachdem wir unser Ziel, den Prospekt Prosveshcheniâ genannt hatten, meinte Ilja "zu dieser Zeit wird das schwierig, da steht ihr stundenlang im Stau!"
Zunächst schleuste er uns auf eine kleine Verkehrsinsel und dort hielten wir einen kleinen Plausch. Sie hätten von ihrem Club aus auch ein Hostel - aber er müsste erst nachfragen, ob dort noch Platz wäre meinte er und griff zum Handy. Es würde geklärt werden und wir sollten zunächst mal eine kleine Pause einlegen und auf einen Kaffee oder Tee mit in ihr Clubheim kommen.
Diese Einladung nahmen wir gerne an. Ilja fuhr voraus und wir schlängelten uns zwischen den Autos durch. Wegen unserer Gepäckkoffer brauchten wir etwas mehr Platz und wenn es einmal eng wurde, ließ Ilja den Auspuff seiner Harley mit einem kurzen Gasstoß brüllen - und schon war eine Gasse frei. Die Jungs von den Hooligans in St. Petersburg scheinen in der Stadt bekannt zu sein und auch einen gewissen Einfluß zu haben.
Recht schnell erreichten wir das in irgendeinem Hinterhof in einer Halle an den Bahngleisen befindliche Clubhaus - garnicht weit vom Newski-Prospekt entfernt. Dort wurden wir von weiteren Hooligans wie alte Kumpels begrüßt. Alexej, der Präsi des Clubs meinte, dass sie leider keinen Platz mehr in ihrem Hostel frei hätten. Das Clubhaus der Hooligans wurde in Eigenleistung hergestellt und präsentierte sich in absolut sauberem Zustand. Auch herrschte Disziplin - im Gebäude bestand beispielsweise Rauchverbot - der große Aschenbecher draußen war aber gut gefüllt!
Bei Kaffee und Tee unterhielten wir uns etwas mit den Hooligans. Auf meine Frage, wie viele Mitglieder der Club hätte, antwortete Alexej ganz lapidar und kapp: "Genug!"
Nach einer Weile war es an der Zeit, Abschied zu nehmen und uns auf den Weg zu Romans Verwandschaft zu machen. Vladimir wurde abkommandiert, setzte sich auf seine Harley und führte uns auf Schleichwegen recht schnell auf den richtigen Weg.
Mi. 23.05.2012
Die größeren Straßen in St. Petersburg werden Prospekt genannt. Den Prospekt Prosveshcheniâ hatten wir dann auch schnell erreicht und wurden dort von dem St. Petersburger Roman und seiner Schwester Marina begrüßt. Dann ging es in deren Wohnung. Mit hiesigen Verhältnissen ist das kaum zu messen. Ein mehrstöckiger Betonbunker in ziemlich heruntergekommenem Zustand. Mit einem Fahrstuhl, der seine besten Zeiten schon eine Ewigkeit hinter sich hatte, ging es nach oben. Ein Flur führte zur Wohnung. Diese bestand aus einem weiteren schmalen und kurzen Flur, 2 Zimmern, einer kleinen Küche, Toilette und einem kleinen Dusch-Bad. Hier lebten Roman, seine Mutter, seine Schwester Marina mit ihrem Mann und ihrem 3 jährigen Sohn. Als Luxus besaßen sie außerhalb von St. Peter eine Datscha und dort sollten wir auch übernachten. Folglich machten wir uns auch recht schnell auf den Weg zu der Hütte.
Während Roman und ich unsere Motorräder betankten, kauften Roman2 (wegen der Namensgleichheit nenne ich den St. Petersburger Roman jetzt so), seine Schwester und sein Schwager noch in einem Supermarkt ein und dann ging es ca. 30 km in nördlicher Richtung zur Hütte. Marina und ihr Mann verabschiedeten sich recht schnell.
Als erstes mussten wir Holz hacken und ein Feuer entfachen. Der Ofen war aus Klinkersteinen selbst gebaut mit einer Stahlplatte oben drauf. Zur Luftregulierung war im Kamin ein Schieber angebracht. So richtig dicht war diese ganze Vorrichtung natürlich nicht. Dichter Qualm zog zunächst durch die Hütte, bis das Feuer im Ofen richtig brannte. "Sch...., da gehen wir die Nacht mit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung drauf!" entfuhr es mir. Fließendes Wasser gab es nicht in der Hütte und da Roman und ich nicht auf unsere Dusche verzichten wollten, mussten wir zunächst aus großen Wasser-Korbflaschen einen Topf füllen und das Wasser auf dem Ofen erhitzen. Die Dusche fand dann draußen mit Hilfe eines Kruges statt.
Ganze 6 Flaschen Bier hatte Roman2 eingekauft, wovon er 4 Stück selber trank. Aber es fand sich noch eine Flasche Vodka und Orangensaft, über die Roman und ich uns hermachten. Als Snack gab es getrockneten Fisch - nicht so ganz mein Fall. Scheinbar hatte Roman2 das gemerkt: "Wenn du keinen Fisch magst - ich habe noch was anderes!" Er öffnete eine Verpackung und öffnete das "Andere" - geröstete Kalamares. Wahre Begeisterungsstürme löste Roman2 bei Roman und mir aus: "Ihr habt doch bestimmt Hunger - ich habe noch Fisch in Dosen!" Angesichts dieser Aussichten verzichteten wir auf das Abendmahl und widmeten uns dem Vodka.
Als wir Roman2 dann von unserer Begegnung mit dem MC The Hooligans und unserer Fahrt durch die Stadt berichteten, meinte er: "Prima, dann habt ihr ja schon alles gesehen und könnt am Sonntag direkt von hier aus die Straße nach Finnland benutzen."
Die Zeiger der Uhr bewegten sich bereits in Richtung früher Morgen, als wir uns zur Ruhe begaben - Roman in der einen, ich in der anderen Ecke jeweils in einem großen Bett und Roman2 auf einer Couch. Gott sei Dank war zumindest die Schlafstätte sauber!
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Do. 24.05.2012
Trotz alledem gut ausgeschlafen wachte ich in der Hütte auf. Es war vom Ofen her immer noch recht warm - mir persönlich entschieden zu warm - und es roch nach Fisch! - bestialisch nach Fisch! Ich flüchtete ins Freie. Für mich stand nicht erst ab diesem Moment fest, dass ich hier nicht noch einen Tag oder gar mehrere Tage verbringen wollte. Nachdem Roman aufstand und ebenfalls nicht gewillt war, dort länger zu bleiben, suchten wir mittels der Navi-Software ein Hotel im Zentrum von Piter, wie St. Petersburg liebevoll von seinen Einwohnern bezeichnet wird.
Das M-Hotel liegt in unmittelbarer Nähe zum Nevskij-Prospekt, der ca. 4,5 km langen Prachtstraße im historischen Zentrum von St. Petersburg. Sogar eine Telefonnummer war angegeben und Roman erfuhr im telefonischen Gespräch mit der netten Katarina, dass dort sowohl freie Zimmer zu einem annehmbaren Preis (ca. 50 EUR pro Pers und Nacht inkl. Frühstücksbuffet) verfügbar, als auch ein sicherer, bewachter und im Preis enthaltener Parkplatz für unsere Motorräder vorhanden sei.
Wir packten unsere Sachen, weckten Roman2, der noch immer auf der Couch schlief und verabschiedeten uns.
Sogar der Feldweg, der in die Einöde zur Hütte - und auch wieder heraus - führte, war in der Navi-Karte enthalten und so wurden wir sicher ins Zentrum von St. Petersburg zum M-Hotel geführt. Die Verkehrsverhältnisse waren an diesem Tag auch nicht annähernd so gewaltig wie am Vortag.
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Das M-Hotel präsentierte sich sehr freundlich und sauber! Auch Katarina, Maria und Olga an der Rezeption waren äußerst zuvorkommend und nett. An dieser Stelle kann ich das M-Hotel für einen Aufenthalt in St. Petersburg uneingeschränkt und wärmstens empfehlen - falls es mich irgendwann einmal wieder nach St. Petersburg verschlagen sollte, werde ich mit Sicherheit wieder hier logieren!
Nachdem wir das Zimmer bezogen und uns frisch gemacht hatten, erkundeten wir per Pedes die Stadt.
Do. 24.05. - Fr. 25.05. - Sa. 26.05.2012
Als erstes zog es uns zum Nevskij-Prospekt, der wohl bekanntesten Straße St. Petersburgs und eine der berühmtesten Straßen Russlands. An der ca. 4,5 km langen Straße sind eine ganze Reihe von historischen, prachtvollen und beeindruckenden Bauten zu bewundern. Ebenso sind hier zahlreiche Geschäfte, Boutiquen und Cafes zu finden. Zunächst ließen wir bei einem "Baltika"-Bier die Atmosphäre der Stadt und insbesondere des Nevskij-Prospektes auf uns wirken. Der Kiosk mit Terrasse sollte zu unserer "Stammkneipe" werden. Unmittelbar daneben unterhielten einige Straßenmusiker mit guter Musik ein buntes Publikum.
Wäre nicht überall die russische Schrift auf den Reklamen zu sehen, hätte man vom Gefühl her genauso gut in einer europäischen Metropole sein können. Als "Venedig des Nordens" erinnerten mich die Kanäle eher an die Grachten in Amsterdam - zumindest bis wir zur Newa kamen. Dort war dann alles im wahrsten Sinne des Wortes etwas weitläufiger. Unser Besichtigungsprogramm spulten wir übrigens komplett per Pedes ab und sind in den wenigen Tagen in "Piter" bestimmt an die 30 km - 40 km gelaufen.
Überhaupt scheint hier alles ein wenig größer zu sein - breite Prospekte, riesige Plätze und auch viele langbeinige Schönheiten auf Stöckelschuhen mit beängstigend hohen Absätzen. Zahlreiche Schulabgänger feierten "herausgeputzt" ihren Abschluss.
Soviele Stretch-Limos hatte ich innerhalb so kurzer Zeit noch nie gesehen, ebenso wie unzählige Luxus-Autos. Rolls-Royce, 500er AMG-Mercedes, Ferrari, BMW X6, Audi Q7, Porsche Chayenne etc. waren hier massenhaft vertreten. Aber auch alte Wolgas und Dacias waren zu sehen. Beim Überqueren des Nevskij-Prospekts hielten 2 Motorräder an und Vladimir, der uns am Vortag auf Schleichwegen durch die Stadt lotste, begrüßte uns freudig. Nach einem kurzen Plausch mitten auf der Straße verabschiedeten wir uns von ihm und setzten unseren Weg fort.
Obwohl die weißen Nächte Mitte bis Ende Juni beginnen, setzte erst gegen 23.00 h die Dämmerung ein und auch nachts war immer noch ein heller Streifen am Horizont zu sehen. Das nachstehenden Foto wurde abends um 23.12 h bzw. gegen 24.00 h aufgenommen.
Auf dem Schloßplatz, vor dem Winterpalast, kamen zwei junge Russinnen in Uniform auf mich zu. Ihr Angebot, sich gegen einen kleinen Obulus mit mir ablichten zu lassen, konnte ich nicht ausschlagen!
Der Schloßplatz mit der Alexandersäule ist schon riesig und wahnsinnig weitläufig und beeindruckend.
Einen Besuch des Winterpalastes und der Eremitage, eines der größten und bedeutendsten heutigen Kunstmuseen der Welt, ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Neben den Exponaten waren ebenso die prachtvollen Säle wahnsinnig beeindruckend. Ein asiatisches Ehepaar war von den Eindrücken scheinbar so "erschlagen" und müde, dass sie ein kleines Nickerchen in der Eremitage einlegten.
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Weiter ging es von hier aus zur Peter-und-Paul-Festung auf der Haseninsel. Die Festungsanlage bildet den Ursprung und das historische Zentrum St. Petersburgs.
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Später standen dann u. a. noch die Moschee und die Aurora, ein Kriegsschiff der kaiserlich russischen Marine und Symbol der Oktoberrevolution von 1917 auf dem Programm, bevor wir wieder auf die andere Seite der Neva wechselten. Die Aurora war nicht nur bei den vielen Schulabgängern ein beliebtes Fotomotiv!
An der Auferstehungskirche vorbei gelangten wir wieder zum Nevskij-Prospekt. Auch die Isaakskathedrale durfte bei unserem Sightseeing-Programm natürlich nicht fehlen.
kleine Diashow von der Aurora:
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Die ganze Zeit fragten wir uns, wo die St. Petersburger, die sich die Preise in den überwiegend noblen Geschäften des Nevskij-Prospektes nicht leisten können, eigentlich einkaufen. Ursprünglich auf dem Weg zur Post entdeckten wir gar nicht so weit von der Prachtstrasse entfernt in einigen Hinterhöfen einen großen Markt - den Apraksin Dvor. Natürlich wurden wir angesprochen und gefragt, was wir suchen und ob man uns helfen könnte. Roman wollte als Souvenir für seine Söhne Fußball-Trikots kaufen. Ein "Schleuser" übermittelte uns an einen Kollegen, der uns durch ein Wirrwar von Gassen in einen Kellerladen führte. Dort wurde Roman fündig und musste den Kaufpreis nicht etwa an die Verkäufer, sondern an den "Schleuser" zahlen. Auch einen Laden mit Motorrad-Teilen fanden wir in dem Wirrwar.
An dem Wochenende war Stadtfest in Piter. Jedes Jahr zum 27. Mai wird die Gründung von St. Petersburg gefeiert - wir erlebten den 308. Geburtstag live mit. Den Nevskij-Prospekt hatten sie komplett für Fahrzeuge gesperrt und Menschenmassen flanierten über die Prachtstraße. Überall wurden die Menschen mit Musik und sonstigen Darbietungen unterhalten. Für die Sicherheit sorgte neben der Polizei auch das Militär. Scheinbar hatten diese aber nichts zu tun. So eine friedliche Stimmung bei solchen Menschenmassen hatte ich bisher selten erlebt. Die ganzen Tage in St. Petersburg hatte ich keinen Augenblick das Gefühl von Unsicherheit oder gar Bedrohung! Wir ließen uns von der ausgelassenen Stimmung anstecken und fanden erst spät in der Nacht den Weg ins Hotel.
So. 27.05.2012
Leider hieß es schon wieder Abschied nehmen von St. Petersburg. Scheinbar waren die meisten St. Petersburger noch etwas müde von der Geburtstagsfeier der Stadt. Zumindest präsentierten sich die Prospekte an diesem Morgen mit relativ wenig Verkehr. Je weiter wir aus Piter rauskamen, umso schlechter wurden die Straßen.
Wir folgten der parallel zur M10 verlaufenden A125 in nordwestlicher Richtung. Bei Vyborg wechselten wir dann auf die M10 bis zur finnischen Grenze. Auch an diesem Tage blieben wir von russischen Verkehrskontrollen weitestgehend verschont. Lediglich 2 Kontrollen bekamen wir zu Gesicht. Bei der Ersten wurden wir sogleich durchgewunken. Bei der Zweiten mussten wir anhalten und wurden nach unseren Reisepässen gefragt. Doch bevor wir diese aus unseren Taschen gezogen hatten, durften wir schon wieder weiterfahren. Die teilweise in diversen Foren beschriebenen schikanösen Kontrollen mit Abzocke können wir nach unserer Erfahrung in keinster Weise bestätigen.
An der Grenze angekommen waren die Grenzformalitäten auf der russischen Seite ruck-zuck erledigt. Irgendeine "Kalinka" versah jeden der zahlreichen Stempel unserer Zollerklärung mit einem Kontrollstempel und nach nicht einmal 10 Minuten fuhren wir durchs Niemandland zu der finnischen Grenzabfertigung. Die Finnen ließen sich wesentlich mehr Zeit mit der Abfertigung. Aus der Warteschlange wurden per Ampelschaltung immer 5 Fahrzeuge bis zur Schranke vorgelassen. Dort angekommen, mussten die Fahrzeuge verlassen werden und eine Polonaise begab sich ins Zollgebäude. In einem erhöhten "Kiosk" saßen dann die Grenzbeamten und verglichen gaaanz streng die Fotos der Reisepässe mit der Wirklichkeit. Scheinbar bestand hier bei uns kein allzu großer Unterschied - mit einem kurzen Nicken des Grenzbeamten konnten wir unseren Weg fortsetzen. Durch den Hinterausgang ging es wieder zu den Fahrzeugen, die Schranke öffnete sich und wir waren drin - in Finnland.
Finnland präsentierte sich mit viel Wald, geraden Straßen, wenig Verkehr und unverschämten Preisen - nicht nur für alkoholische Getränke!. Eine 0,33l Dose Cola an der Tankstelle schlug beispielsweise mit sagenhaften 3,50 EUR - in Worten: Drei Euro und fünfig Cent - zu Buche. Gut, dass wir uns in St. Petersburg noch mit dem leckeren und preiswerten "Baltika-Bier" eingedeckt hatten!
Vor Helsinki - in Porvoo - suchten wir uns ein Quartier und ließen den Tag ausklingen.
Mo. 28.05.2012
Bis nach Helsinki waren es nur noch wenige km. Dort angekommen fuhren wir zunächst zum Fährhafen. Die Zeit bis zum Einchecken verbrachten wir im Hafenviertel. An einem Marktstand entdeckte Roman ein witziges T-Shirt. Vom Baltikum und von St. Petersburg waren wir gewohnt, um den Preis zu feilschen. Das T-Shirt war mit 12 EUR ausgezeichnet und wir starteten einen Versuchsballon mit "I give you eight Euro for this Shirt!". Von dem etwas kleineren, etwas fülligeren, etwas stark blondierten Standbetreiber alá D.J. Bobo bekamen wir die äußerst unfreundliche Antwort: "Why you give me eight ??? - My Price is twelve!!!!" Sprach er und drehte uns seine ebenfalls etwas fülligere Rückseite zu.
Bis zum Einchecken auf der Silja Serenade hatten wir noch etwas Zeit und so schauten wir uns noch ein paar Sehenswürdigkeiten der finnischen Hauptstadt an - darunter natürlich den unmittelbar beim Hafen am Senatsplatz befindlichen Dom sowie die Uspenski-Kathedrale, die größte orthodoxe Kirche in Westeuropa.
Nachdem die "Silja Serenade" freigegeben wurde und ihr Bauch sich öffnete ging das Einchecken schnell und problemlos vonstatten. Ebenso schnell hatten wir unsere Kabine bezogen und machten uns zu einem Erkundungsgang auf. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Helsinki wurden wir noch einige Zeit von gut motorisierten Schlauchbooten des finnischen Zolls begleitet, die unsere Fähre zum Üben von Anlegemanövern in Fahrt benutzten.
Glücklicherweise hatten wir bereits im Vorfeld die Verpflegung auf der Silja Serenade mitgebucht. Was dort zum Abendbuffet aufgetischt wurde, war schon äußerst beeindruckend und alleine das Probieren einiger Delikatessen geriet bereits zur Völlerei.
Nach einem ausgedehnten Verdauungsspaziergang über die ganze Fähre begaben wir uns schließlich zur Ruhe.
Di. 29.05.2012
Nach dem leckeren und reichhaltigen Frühstück bestaunten wir von Deck aus, wie die Fähre sich zwischen den vielen kleinen Inseln vor Stockholm durchschob. Es dauerte eine ganze Weile bis wir anlegten und der Bauch der Silja Serenade sich schließlich öffnete. Da wir in Helsinki zuerst in das unterste Deck einfahren durften, mussten wir bei der Ausfahrt leider bis zum Schluß warten.
In Schweden fanden wir die Strecke wieder ansprechender - die teils kleinen und kurvigen Straßen waren schon eher nach unserem Geschmack. Viele Straßen schlängeln sich um die zahlreichen Gewässer. Nach Skanssundet gelangten wir über die gleichnamige Straße. Hier mussten wir 20 Minuten auf die Abfahrt der Fähre warten - dafür war die Benutzung dieser zur Abwechslung aber kostenfrei! Nach ca. 400 Meter Überfahrt konnten wir die Fähre wieder verlassen. Weiter schlängelte sich die Straße in Richtung Südwesten.
Auf der weiteren Strecke bekamen wir sogar Elche zu Gesicht! Schließlich erreichten wir Kisa und hielten hier Ausschau nach einer Herberge für die Nacht.
Mi. 30.05.2012
Nach einem guten und reichhaltigen Frühstück zog es uns weiter in den Südwesten von Schweden. Die Landschaft wurde flacher und riesige Felder säumten die Straßen.
Schon vor Malmö erblickten wir die riesige Öresundbrücke. Es dauerte dann aber doch noch eine ganze Weile, bis wir die östliche Rampe erreichten. Die weltweit längste Schrägseilbrücke für Straßen- und Eisenbahnverkehr kann durchaus als weiteres Weltwunder angesehen werden. Die östliche Rampe führt über ca. 4 km auf die eigentliche Öresundbrücke, die nach etwa 1 km in die ca. 3 km lange westliche Rampe übergeht. Diese endet auf der künstlich aufgeschütteten Insel "Peberholm". Von hier aus geht es durch einen ca. 4 km langen Unterwassertunnel nach Kopenhagen. Um die Anflugschneise des Kopenhagener Flughafens nicht zu beeinträchtigen, war der Tunnel erforderlich. Leider gab es keinen "Aussichtspunkt" um in Ruhe Fotos von der beeindruckenden Brücke machen zu können. Also musste der Standstreifen hierzu herhalten.
Kaum waren wir in Dänemark wurde das Wetter schlechter und bei der Fahrt durch Kopenhagen begann es zu tröpfeln. Vom Erscheinungsbild her erinnerte Kopenhagen mich sehr an niederländische Städte - nicht nur durch den Baustil der Häuser und die vielen Fietsen (Fahrräder).
Einige km außerhalb von Kopenhagen in Greve-Strand buchten wir uns wieder in einem Hotel ein. Dem Hotel angeschlossen war ein Steakhouse mit Bistro. So kurz vor Abschluss der Reise wollten wir uns was Gutes tun und dachten dabei zunächst mal an ein großes saftiges Steak. Allerdings verschlug der auf der Speisekarte dafür vorgesehene Preis uns glatt die Sprache. Umgerechnet sollten wir dafür happige 37 Euro bezahlen - pro Steak natürlich! Das überstieg dann doch unser Budget und so gönnten wir uns einen "preiswerten" Burger, der "nur" mit 15 Euro zu Buche schlug. Wir fragten uns, ob die Menschen in Skandinavien wirklich so viel mehr Lohn kassieren, dass sie sich diese Preise leisten können.
Auf diesen Schreck hin, machten wir uns über die letzen beiden Flaschen des leckeren russischen Baltika-Bieres her. Ein kleiner Spaziergang an den nur wenige Meter entfernten Strand rundete diesen Abend ab.
{besps}2012_ostsee/13_kopenhagen{/besps}
Do. 31.05.2012 u. Fr. 01.06.2012
Dunkle Regenwolken und auch ein paar Tropfen begrüßten uns am Morgen. Zunächst fuhren wir auf der Landstraße weiter Richtung Süden. Doch schon bald regten uns die vielen Ampeln und die schnurgerade Streckenführung auf. "Dann können wir auch die Autobahn nehmen!" waren Roman und ich uns schnell einig. Die E47 führte uns dann ohne nervige Ampeln zügig nach Rodby zur Fähre nach Puttgarden. Ein letztes Mal auf dieser Tour die Motorräder im Bauch einer Fähre verzurren und schon verließen wir Dänemark.
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Auf Fehmarn in Deutschland angekommen, wurden die Wolken immer dunkler. So schauten wir, dass wir schnell nach Hamburg zu unserer letzten Station der Tour kamen. Unmittelbar am Rande der Altstadt bezogen wir Quartier. Kaum hatten wir die Motorräder in der Tiefgarage geparkt, öffneten sich die Wolken und es regnete was das Zeug hielt. Das hielt uns natürlich nicht davon ab, nach der Stärkung durch ein saftiges Steak (wesentlich preiswerter als in Dänemark!), einen Reeperbahnbummel zu unternehmen. In der kurzen Zeit hier in Hamburg sahen wir mehr Obdachlose wie auf der ganzen übrigen Tour.
Nach einem letzten ausgiebigen Frühstück machten wir uns dann auf den Heimweg. Der Regen hatte zwar aufgehört aber dunkle Wolken zogen immer noch am Himmel vorbei. Also erst mal auf die Regenkombi verzichtet und los. Kurz vor Hannover auf dem Rastplatz Allertal verabschiedete ich mich von Roman. Die ein und andere Schauer begleitete mich die restlichen Kilometer. Erst im Rheintal angekommen wurde es etwas besser. Von der Autobahn hatte ich genug und so fuhr ich die letzte Strecke durch das Ahrtal und am Nürburgring vorbei auf Landstraßen nach Hause.
2012 - 05 - Ostsee-Umrundung
Roman | Suzuki Bandit 600 | |
Gerd | BMW R 1200 GSA |
Für 2012 hatte ich mir die Umrundung der Ostsee vorgenommen.
Das Baltikum (Litauen, Lettland, Estland), Russland mit St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark sollten auf alle Fälle auf dem Programm stehen.
Meine rumänischen Freunde Adi und Martin wollten unbedingt mit von der Partie sein, wurden aber leider durch berufliche und familiäre Dinge ausgebremst.
Auch aus dem Kreise meines Internetforums "Moselbikers.de" bestand anfangs Interesse. Allerdings konnte oder wollte hier keiner die ca. 3 Wochen mit in Angriff nehmen.
Über das Motorradreiseforum "Motorradkarawane" bekam ich Kontakt zu Roman aus Kefenrod bei Frankfurt / Main. Er beabsichtigt in 2013 oder 2014 mit dem Motorrad in sein Geburtsland Kasachstan zu fahren und suchte noch Mitfahrer. Für 2012 hatte er noch nichts festes geplant und so entschied er sich recht schnell "Ich habe Verwandschaft in St. Petersburg, die wollte ich schon immer mal besuchen! Mit Motorrad ist das noch besser! Ich fahre mit!".
Da Roman perfekt russisch spricht, brauchte ich mir auch keine allzu großen Gedanken mehr um meine diesbezüglichen sprachlichen Defizite zu machen.
Letztendlich einigten wir uns auf 17 Tage im Mai. Von Kiel aus mit der Fähre nach Klaipeda in Litauen, über Riga und Tallinn nach St. Petersburg, weiter nach Helsinki, von dort mit der Fähre nach Stockholm, durch Schweden über die Öresundbrücke nach Dänemark, mit der Fähre nach Fehmarn und wieder zurück sollte die Tour gehen.
Die Strecken plante ich wie gewohnt mittels meiner Navi-Software MapSource. Die hervorragenden Karten für Russland bezog ich kostenlos von HIER klicken
Das für Russland nötige Visum besorgte Roman über eine Nachbarin, die am Frankfurter Flughafen in einem Reisebüro arbeitet.
Mi. 16.05.2012
Am 16. Mai morgens um 06.00 Uhr ging es endlich los. Bei grauem Himmel und dunklen Regenwolken machte ich mich auf den Weg nach Kiel. Angesichts der Wetterlage zog ich schon bei der Abfahrt meine Regenkombi an. Von größeren und heftigen Regenschauern blieb ich aber glücklicherweise verschont. Für die Anfahrt musste ich schon in "den sauren Apfel beißen" und die Autobahn benutzen.
Kurz hinter Hannover auf der A7 traf ich mich auf dem Rastplatz Allertal mit Roman. Die restliche Strecke bis Kiel legten wir gemeinsam zurück. Bereits um 15.00 Uhr trafen wir im Fährhafen ein, nahmen am Schalter der Fähre unsere Tickets in Empfang und hatten noch etwas Zeit. Hier lernten wir Ton aus den Niederlanden kennen. Er war alleine mit seiner BMW R1100 S unterwegs und wollte von Klaipeda aus über die kurische Nehrung nach Kaliningrad. Ansonsten waren wir drei die einzigsten mit Motorrad an Bord.
Es dauerte noch eine Weile, bis sich der Bauch der Fähre öffnete und wir 2 Etagen nach unten gelotst wurden. Die Motorräder mussten wir selbst verzurren, wobei die von mir mitgenommenen Bandschlingen gute Dienste leisteten.
Unser Handgepäck schleppten wir über mehrere Etagen zu unserer Kabine. Nassgeschwitzt kamen wir dort an. Ton musste für die Überfahrt mit einem Liegesessel vorlieb nehmen, da keine Kabinen mehr frei waren. Unser Angebot, seine Sachen in unserer Kabine zu deponieren, nahm er dankbar an.
Nachdem wir uns frisch gemacht und umgezogen hatten, inspizierten wir die Fähre und beobachteten die Ausfahrt aus dem Hafen. Direkt bei der Buchung der Fähre hatten wir im Vorfeld bereits die Verpflegung an Bord mitgebucht - eine gute Entscheidung!. Abends gab es leckeres vom Buffet - sehr schmackhaft und reichhaltig! In der Bar trafen wir auch wieder auf Ton, der sich angeregt mit einer Litauerin unterhielt. Im Verlaufe des Abends lernten wir Günther aus Leipzig kennen. Mit seinem "Kriegsveteranen-Club" wollte er historische Plätze im Baltikum besuchen. Den Abend ließen wir gemeinsam mit ein paar Bier in der Bar ausklingen.
Do. 17.05.2012
Fast den ganzen Tag sollten wir an Bord verbringen. Das reichhaltige Frühstück glich eher einem Brunch-Buffet und so starteten wir gut gestärkt in den Tag. An Deck wurden wir von schönstem Wetter mit strahlend blauem Himmel begrüßt. Obwohl wir an der polnischen Küste entlang fuhren, war kein Land in Sicht.
Ton hatte eine etwas unruhige Nacht hinter sich. Seine litauische weibliche Bekanntschaft vom Vorabend hatte sich den Liegesessel gleich neben ihm ausgesucht und ihm scheinbar den größten Teil der Nacht keine Ruhe gegönnt. Ob er seinem am Vorabend geäußertem Vorsatz "Ich bin alleine unterwegs, suche auch keine Frau, die wartet zuhause!" treu geblieben ist, wissen wir nicht.
Pünktlich um 16.30 Uhr Ortszeit haben wir in Klaipeda angelegt. Bis wir die Fähre verlassen konnten, dauerte allerdings noch eine geschlagene Stunde.
Das Wetter war trotz bewölktem Himmel immer noch gut. Mittels den POI´s vom Navi suchten wir uns eine Unterkunft und fanden diese im Hotel "Park Inn".
Abends gingen Roman und ich zum Akropolis, einem riesigen Einkaufszentrum mit zahlreichen Geschäften, Restaurants und Café´s. In einer Pizzeria ließen wir uns nieder und Roman wollte sogleich seine russischen Sprachkenntnisse an die Frau bringen. "Sprechen Sie russisch?" fragte er die nette Bedienung. Die Antwort war nicht so ganz klar: "Ja! ....ein wenig! ...aber eher doch nicht so richtig!" Scheinbar sind die Schatten der Vergangenheit noch nicht so ganz bewältigt. In Litauen und Lettland sollte es in den nächsten Tagen häufiger vorkommen, dass die Bevölkerung sehr wohl der russischen Sprache mächtig, aber nicht gewillt ist, diese Sprache auch zu sprechen. Mit Englisch kommt man übrigens im Baltikum, aber auch in St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark bestens zurecht! Wie dem auch sei - die Pizza schmeckte hervorragend! Zurück im Hotel nahmen wir noch ein "Gute-Nacht-Bier" zu uns und begaben uns dann zur Ruhe.
Fr. 18.05.2012
Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Ton.
Und schon wieder ging es auf die Fähre - diesmal allerdings nur ein kurzes Stück von Klaipeda bis zur kurischen Nehrung. Durch den litauischen National Park "kurische Nehrung" fuhren wir nach Nida und weiter bis unmittelbar zur russischen Grenze. Bis nach Kaliningrad sind es von hier aus nur noch 86 km. Hohe Sanddünen prägen bei Nida das Landschaftsbild.
Zurück über Klaipeda machten wir uns dann auf den Weg zum Zemaitijos Nacionalinis Parkas.
Mal abgesehen von dem Nationalpark war die Strecke gezeichnet von flachem Land mit riesigen Feldern und geraden, wie von einer Schnur gezogenen Straßen. Auch die erste Schotterpiste war in hervorragend gutem Zustand und schnurgerade. Unsere weitere Tour führte uns nach Siauliai und angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit suchten wir uns eine Unterkunft. Die Fußgängerzone von Siauliai ist sehr hübsch und in einem netten Lokal haben wir sehr gut gegessen - Steak mit Kartoffeln und Gemüse für umgerechnet ca. 12 EUR. Mit ein paar Bier ließen wir den Abend ausklingen.
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Sa. 19.05.2012
Nur einige wenige Kilometer von Siauliai entfernt besichtigten wir den Berg der Kreuze - einen beeindruckenden Wallfahrtsort in Litauen. Nach der dritten polnischen Teilung wurde Litauen Teil des russischen Reiches. Im Novemberaufstand 1830/31 sowie im Januaraufstand 1863/64 rebellierten Polen und Litauer gegen die russische Obrigkeit. Beide Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Zu dieser Zeit sollen die Bewohner der Umgebung begonnen haben auf dem Hügel Kreuze für ihre bei den Aufständen getöteten Angehörigen aufzustellen, von denen sie nicht wussten, wo diese begraben sind.
Bei sommerlichen Temperaturen und immer noch strahlend blauem Himmel fuhren wir weiter Richtung Lettland. Auch hier war die Landschaft flach und weit. Riesige Felder, einzelne Gehöfte, teils neue moderne Häuser aber auch uralte Holzhäuser säumten die Straßen. An den meisten Häusern waren Satellitenschüsseln sichtbar.
Auch hier fanden wir einige Schotterstrecken in sehr gutem Zustand. Unterwegs kauften wir Brot, Käse und örtliches Mineralwasser ein. Ein Glück, dass wir das Wasser sogleich probierten - es schmeckte äußerst salzig. Zurück im kleinen Laden griffen wir dann doch zum Wasser aus der Fuldaquelle.
Pünktlich um 12 Uhr mittags passierten wir die Grenze zu Lettland, die wir lediglich an der Beschilderung erkannten.
Zur Mittagsrast ließen wir uns an einer Bushaltestelle am Straßenrand nieder, kochten Kaffee und Tee und ließen uns das Brot mit Käse, Wurst und Tomaten schmecken.
Gegen 15.30 Uhr kamen wir in Riga an und bezogen ein Hotel direkt am Rande der Fußgängerzone.
In Riga war an diesem Samstag Tag der offenen Museen und die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Überall befanden sich lange Schlangen vor den einzelnen Museen. Direkt vor unserem Hotel spielte in der Fußgängerzone eine Musikgruppe - Schlagzeug, 2 Trompeten, 1 Tuba, 1 Zugposaune. Die Musik war sehr gut und mitreißend.
Auffallend viele hübsche lettische Frauen und Mädchen hatten sich ebenso wie die Stadt "herausgeputzt" und flanierten durch die Fußgängerzone. Nach einer stärkenden leckeren Mahlzeit schlenderten auch wir durch die Stadt. Vor dem Hotel hörten wir noch etwas der Musikgruppe zu. Als ich mich umdrehte stand plötzlich Günther, den wir auf der Fähre nach Klaipeda kennengelernt hatten, vor uns. Unser Wiedersehen mussten wir natürlich mit ein paar Bierchen feiern.
Günther ist ein unheimlich geselliger Typ, der bisher schon ganz schön in der Welt herumgekommen ist - vor allem im Osten - und von daher einige Geschichten zu erzählen hatte. Wie manche Matrosen in jedem Hafen ein Mädel haben, hatte er scheinbar in einigen Städten seine weiblichen Bekanntschaften, natürlich auch in St. Petersburg. "Oouuuuh, wenn ihr da hin fahrt, lasst ja die Finger von meiner Natuschka!". Es wurde ein kurzweiliger Abend mit viel Spaß und Gelächter!
{besps}2012_ostsee/04_riga{/besps}
So. 20.05.2012
Die Abfahrt aus Riga gestaltete sich etwas schwierig. Direkt vor unserem Hotel war die Straße wegen einem Stadtlauf gesperrt. Unsere Motorräder hatten wir in einem Parkhaus einige hundert Meter vom Hotel entfernt untergestellt und es dauerte einige Zeit bis wir zum Hotel vorfahren konnten. Etliche Teilnehmer des Stadtlaufes mussten wir bei der Ausfahrt aus dem Parkhaus passieren lassen, bevor der wirklich nette und freundliche Polizist die Strecke für uns frei gab.
Vor dem Hotel sprach uns ein deutsches Ehepaar an. Als wir erläuterten wo wir herkamen und was wir auf unserer Tour noch vor uns hatten waren sie ganz begeistert. Sie seien auch Motorradfahrer, aber derzeit ohne Moppeds auf Ostsee-Kreuzfahrt. Eine ganze Weile plauderten wir mit ihnen bis wir bemerkten, dass wir doch so langsam weiter müssten.
Aus der Stadt rauszukommen erwies sich wegen der durch den Stadtlauf teilweise gesperrten Straßen als etwas schwierig. Nach einer "Sonderrunde" schafften wir es aber. Zunächst führte uns die Strecke nach Sigulda. Am Rande eines Naturparks gibt es hier eine mittelalterliche Burg zu besichtigen.
Weiter ging es auf kleinen Sträßchen Richtung Estland. Auch hier fanden wir meist flaches Land und riesige Felder vor. Kurz vor Limbazi legten wir an einem idyllischen Platz an dem gleichnamigen (Limbazi-) See unsere Mittagspause ein. Der Bootssteg wurde von mehreren Anglern benutzt, die einige Fische in ihren Köchern hatten. Wir zogen als Mahlzeit aber Brote mit leckerem Käse und Wurst den Fischen vor.
Ursprünglich wollten wir bis Kloostri im Matsalu-Nationalpark fahren und dort eine Unterkunft suchen. Über Schotter und Lehm erreichten wir den Ort. Allerdings fanden wir dort lediglich ca. 5 Häuser und keine Unterkunft - zumindest keine adäquate. Zu sehen waren auch weitaus mehr Tiere - Kühe, Schweine, Hühner, Katzen und Hunde - als Menschen. Wahrscheinlich wäre es hier einfacher gewesen, einen Platz im Stall als ein Bett zu bekommen. Kurzerhand beschlossen wir, bis nach Tallinn weiterzufahren.
In Tallinn mieteten wir uns im Sokos-Hotel ein. Die sehr hübsche und äußerst nette Lagle gab uns ein Zimmer im 20. Stock mit einer herrlichen Aussicht über die Stadt. Das Sokos-Hotel war bei der Eröffnung 1972 das erste Hochhaus der Stadt. Das Hotel diente seinerzeit als Interhotel, in dem hauptsächlich Gäste aus dem nicht-sozialistischen Ausland untergebracht wurden. Im 23. Stock des Hotels hatte sich der KGB eingerichtet und Abhöranlagen installiert. Durch die hier installierte Überwachungszentrale des sowjetischen Geheimdienstes konnten zahlreiche Hotelzimmer akustisch und visuell überwacht werden.
Nach dem Einchecken im Hotel unternahmen wir einen ersten Erkundungs-Spaziergang durch Tallinn. Tallinn verfügt über eine sehr schöne mittelalterliche Altstadt. Das Mittelalter wird hier regelrecht vermarktet. Überall finden sich alte oder auf alt getrimmte Lokale wie beispielsweise die "Olde Hansa". Von Personal in alten Trachten wird man hier bedient.
Auffallend und aus unserer Sicht recht negativ waren die vielen betrunkenen Passanten in der Stadt - dem Anschein nach meist finnischer Herkunft. Scheinbar führt die Nähe zu Finnland (mit der Fähre sind es nur wenige km) sowie die im Vergleich zu Finnland erheblich günstigeren Preise für Alkohol zu diesen unschönen Auswüchsen.
{besps}2012_ostsee/05_tallinn{/besps}
Mo. 21.05.2012
Der Umstand, dass wir bereits am Vortag bis nach Tallinn fuhren, bescherte uns einen motorradfreien Besichtigungstag in Tallinn. Unser Frühstücksraum war von vielen lautstarken Finnen bevölkert. Nach dem Frühstück begaben wir uns auf Erkundung durch den historischen Teil der mittelalterlichen Stadt. Durch die Unterstadt begaben wir uns zum Domberg. Hier konnte uns ein Este, der sehr gut Deutsch sprach, einige Informationen über die Geschichte der Stadt geben.
Nachmittags ließen wir uns in einem Cafe am Marktplatz nieder und schauten dem Treiben in der Stadt zu. Punkerinnen zeigten ihre Tanzkünste und nahmen sich gegenseitig per Video auf. Auch 3 Break-Dancer zeigten ihre eindrucksvollen akrobatischen Kunststücke, bis die Ordnungspolizei einschritt. Für mich unverständlich - ich fand die Break-Dancer wesentlich angenehmer wie die vielen Betrunkenen Passanten, um die sich niemand kümmerte.
Direkt zwei Tische neben uns ließ sich ein russisch sprechendes, betrunkenes Paar mittleren Alters nieder. Bald darauf kam ein junger Bettler vorbei, der auf einem Schild kein Blatt vor den Mund nahm "I need help! Give me money for vodka and cigarettes!". Der betrunkenen, russisch sprechenden Frau hat das überhaupt nicht gefallen, sie beschimpfte den jungen Bettler aufs übelste: "Verpiss dich! - Hau ab! - Geh arbeiten!" Etwas unkoordiniert stand sie auf, trat nach dem Bettler und wollte ihm den Sammel-Becher aus der Hand schlagen. Wegen ihrer durch die Trunkenheit doch etwas sehr beeinträchtigten Standfestigkeit konnte sie sich dabei nur mühsam auf den Beinen halten und verfehlte natürlich ihr Ziel. Kein schöner Anblick und nicht lustig!
Di. 22.05.2012
Wir verließen Tallinn in Richtung Osten und schon bald bogen wir links ab zum Lahemaa-Nationalpark. Ein schönes kleines Sträßchen führte uns nach Käsmu. Der Ort wird auch als "Dorf der Kapitäne" bezeichnet, da sich früher hier eine Marineakademie befand. Diese Zeit brachte es mit sich, dass Käsmu als Anlaufstelle von Schmugglern (Alkohol, Salz, Fische) eine gewisse Berühmtheit erlangte. Heute ist das Dorf von schönen Holzvillen mit Gärten geprägt.
Eine wunderschöne, vereinzelt geschotterte Strecke führte uns in weiten Teilen unmittelbar entlang der Ostseeküste weiter nach Narva. Unterwegs rasteten wir unmittelbar an der baltischen See.
In Narva angekommen suchten wir uns ein Hotel und machten uns anschließend per Pedes zu einer Besichtigungstour auf. Als östlichste Stadt Estlands liegt Narva direkt an dem gleichnamigen Grenzfluß zu Russland. Unmittelbar an der Brücke über die Narva befindet sich auf estischer Seite die Hermannsfeste - eine gewaltige Festung, die von den Dänen gegründet und im späteren Verlauf der Zeit an den Deutschen Orden verkauft wurde. Ihr gegenüber liegt auf der russischen Seite die Festung Iwangorod. Eine Besichtigung der Hermannsfeste ließen wir uns natürlich nicht entgehen.
Die Brücke über die Narva ist von Zäunen und weitläufigen Grenzanlagen gesäumt. Dem Grenzübertritt am nächsten Tag sahen wir mit einiger Spannung entgegen.
Zurück im Hotel widmeten wir uns einem vorzüglichen Abendmahl und ließen ein paar Bier unsere durstigen Kehlen entlang laufen.
Mi. 23.05.2012
Früh am Morgen machten wir uns auf, um den Grenzübertritt nach Russland in Angriff zu nehmen.
Naiv wie wir waren, fuhren wir direkt zur Grenze vor und wurden dort von einem estischen Zollbeamten wieder zurück zu einer 2 Kilometer vor Narva befindlichen "Waiting Area" geschickt.
Bei der Fahrt dorthin trafen wir auf ein illustres Motorradfahrer-Trio. Ein Deutscher aus Bamberg war mit seinem amerikanischen Kumpel und dessen koreanischem Freund auf dem Weg zum Nordkap.
Die "Waiting-Area" bestand aus einem größeren Gelände, an deren Einfahrt sich die Zufahrt sogleich auf mehrere Fahrspuren verteilte. Direkt an der Einfahrt befand sich Station 1. Hier mussten wir den Reisepass sowie den Fahrzeugschein vorzeigen. Für 1,10 EUR erhielten wir dort eine Nummer.
Anschließend ging es auf der Fahrspur 3 ca. 200 Meter weiter zur Station 2, an der die Fahrzeugregistrierung stattfand - Kosten: 1,00 EUR.
Nachdem wir diese Hürde gemeistert hatten, durften wir wieder bis zur Grenze vorfahren. Die Abfertigung auf estischer Seite ging dann auch sehr schnell vonstatten.
Wir durften über die Brücke fahren und mussten auf der russischen Seite an einem "Kiosk" anhalten. Eine sehr hübsche russische Zollbeamtin händigte uns ein Formular zur Zollerklärung aus - leider hatte sie nur Vordrucke in russischer Sprache.
Dann ging es zur nächsten Station ein paar hundert Meter weiter. Wir hielten vorher an und widmeten uns dem Ausfüllen der Zollerklärung. Wegen meiner fehlenden russischen Sprach- und Schriftkenntnisse dauerte das natürlich eine Weile. Ein junger Zollbeamter kam auf uns zu und fragte, was wir denn da so lange machen würden. Nachdem er mitbekam, dass wir die Zollerklärung nur auf Russisch vorliegen hatten, verschwand er und kam bald darauf mit einem ganzen Packen Formulare in Deutsch an. Das erleichterte mir natürlich das Ausfüllen erheblich und schon bald konnten wir dann vorfahren.
Zunächst wurden die Personenpapiere, also der Reisepass, mit dem Visum bearbeitet. Dies ging auch recht zügig vonstatten. Anschließend dann eine nachfolgende Station, nur wenige Meter weiter. Hier wurde die Zollerklärung bearbeitet. Eine strenge "Kalinka" sah sich durch ihre dicke Hornbrille die ausgefüllte Zollerklärung ganz genau an. In der Zollerklärung ist in erster Linie das Fahrzeug aufgeführt und weiterhin enthält sie Angaben zu werthaltigen Gegenständen und Devisen. Nachdem "Kalinka" die Erklärung als ordnungsgemäß angesehen hatte, dokumentierte sie dies durch eine wahre Stempelorgie auf der Zollerklärung. Eine Ausfertigung behielt sie ein und die andere erhielt ich und behütete sie bis zur Ausreise wie meinen Augapfel.
Der junge Zollbeamte widmete sich anschließend unseren Motorrädern. Seitenkoffer und Topcase musste ich eigentlich nur per forma öffnen. Kaum waren die Deckel geöffnet, winkte der Zöllner auch schon wieder ab. Er interessierte sich mehr für mein Motorrad: "Was kostet die bei euch? - mhm, neu?" "nein, gebraucht" "mhm, was wiegt die? - mhm; wie schnell fährt die? - mhm; wie schnell seid ihr bisher gefahren? - mhm usw."
Insgesamt dauerten die Formalitäten ca. 2,5 Stunden und waren aus meiner Sicht gar nicht so gewaltig, wie sie von verschiedenen Seiten immer dargestellt werden.
Nun waren wir also drin - in Russland - und waren gespannt, wie die Straßenverhältnisse sich hier in der Realität zeigen würden. Die M11 von Narva nach St. Petersburg war anfangs schon recht heftig. Schlaglöcher und aufgebrochener Teer mit Aufwölbungen erinnerten mich an die rumänische Strecke über den Prislop-Pass. Nur 115 km bis nach St. Petersburg hatten wir zu bewältigen.
Die als berüchtigt beschriebenen Polizeikontrollen haben wir zwar gesehen, aber in weitaus geringerer Anzahl wie allgemein geschildert. Lediglich 2 Kontrollen auf dem Weg nach St. Petersburg - von beiden Kontrollen blieben wir unbehelligt.
Mi. 23.05.2012
Roman hat in St. Petersburg Verwandschaft und mit diesen unseren Besuch abgestimmt. Wir sollten dort auch übernachten können - entweder in ihrer Wohnung in St. Petersburg oder in deren außerhalb gelegenen Datscha (Hütte). Unterwegs bekamen wir Zweifel, ob dies so klappen würde. Roman hatte mehrfach telefoniert und immer wieder den Wunsch geäußert, dass wir uns die Sehenswürdigkeiten St. Petersburgs ansehen wollten. Allerdings wurde von seinem Namensvetter aus St. Petersburg kaum darauf eingegangen.
Entgegen unserem ursprünglichen Plan, beschlossen wir, in St. Peter in einem Hostel oder Hotel unterzukommen und der Verwandschaft lediglich einen Besuch abzustatten.
Durch einen wahnsinnigen Verkehr kämpften wir uns durch St. Peter. Die Fahrweise fand ich dabei in keinster Weise chaotisch - aber der Betrieb auf den Straßen war schon gewaltig! Das hervorragend funktionierende Navi mit den kostenlosen, routingfähigen OSM-Karten erleichterte uns diese Angelegenheit enorm. Leider fanden wir keine passende freie Unterkunft. Hier waren keine Zimmer mehr frei, dort war es zu teuer und an anderer Stelle fehlte ein passender sicherer Platz für unsere Motorräder.
Scheinbar war es doch so bestimmt, dass wir direkt zur Verwandschaft von Roman sollten. Auf dem Weg dorthin fuhr auf einmal eine laut knatternde Harley neben uns. "Habt ihr euch verfahren - wo wollt ihr denn hin?" fragte Ilja, Secretary bei dem Motorradclub "The Hooligans - St. Petersburg" auf russisch. Nachdem wir unser Ziel, den Prospekt Prosveshcheniâ genannt hatten, meinte Ilja "zu dieser Zeit wird das schwierig, da steht ihr stundenlang im Stau!"
Zunächst schleuste er uns auf eine kleine Verkehrsinsel und dort hielten wir einen kleinen Plausch. Sie hätten von ihrem Club aus auch ein Hostel - aber er müsste erst nachfragen, ob dort noch Platz wäre meinte er und griff zum Handy. Es würde geklärt werden und wir sollten zunächst mal eine kleine Pause einlegen und auf einen Kaffee oder Tee mit in ihr Clubheim kommen.
Diese Einladung nahmen wir gerne an. Ilja fuhr voraus und wir schlängelten uns zwischen den Autos durch. Wegen unserer Gepäckkoffer brauchten wir etwas mehr Platz und wenn es einmal eng wurde, ließ Ilja den Auspuff seiner Harley mit einem kurzen Gasstoß brüllen - und schon war eine Gasse frei. Die Jungs von den Hooligans in St. Petersburg scheinen in der Stadt bekannt zu sein und auch einen gewissen Einfluß zu haben.
Recht schnell erreichten wir das in irgendeinem Hinterhof in einer Halle an den Bahngleisen befindliche Clubhaus - garnicht weit vom Newski-Prospekt entfernt. Dort wurden wir von weiteren Hooligans wie alte Kumpels begrüßt. Alexej, der Präsi des Clubs meinte, dass sie leider keinen Platz mehr in ihrem Hostel frei hätten. Das Clubhaus der Hooligans wurde in Eigenleistung hergestellt und präsentierte sich in absolut sauberem Zustand. Auch herrschte Disziplin - im Gebäude bestand beispielsweise Rauchverbot - der große Aschenbecher draußen war aber gut gefüllt!
Bei Kaffee und Tee unterhielten wir uns etwas mit den Hooligans. Auf meine Frage, wie viele Mitglieder der Club hätte, antwortete Alexej ganz lapidar und kapp: "Genug!"
Nach einer Weile war es an der Zeit, Abschied zu nehmen und uns auf den Weg zu Romans Verwandschaft zu machen. Vladimir wurde abkommandiert, setzte sich auf seine Harley und führte uns auf Schleichwegen recht schnell auf den richtigen Weg.
Mi. 23.05.2012
Die größeren Straßen in St. Petersburg werden Prospekt genannt. Den Prospekt Prosveshcheniâ hatten wir dann auch schnell erreicht und wurden dort von dem St. Petersburger Roman und seiner Schwester Marina begrüßt. Dann ging es in deren Wohnung. Mit hiesigen Verhältnissen ist das kaum zu messen. Ein mehrstöckiger Betonbunker in ziemlich heruntergekommenem Zustand. Mit einem Fahrstuhl, der seine besten Zeiten schon eine Ewigkeit hinter sich hatte, ging es nach oben. Ein Flur führte zur Wohnung. Diese bestand aus einem weiteren schmalen und kurzen Flur, 2 Zimmern, einer kleinen Küche, Toilette und einem kleinen Dusch-Bad. Hier lebten Roman, seine Mutter, seine Schwester Marina mit ihrem Mann und ihrem 3 jährigen Sohn. Als Luxus besaßen sie außerhalb von St. Peter eine Datscha und dort sollten wir auch übernachten. Folglich machten wir uns auch recht schnell auf den Weg zu der Hütte.
Während Roman und ich unsere Motorräder betankten, kauften Roman2 (wegen der Namensgleichheit nenne ich den St. Petersburger Roman jetzt so), seine Schwester und sein Schwager noch in einem Supermarkt ein und dann ging es ca. 30 km in nördlicher Richtung zur Hütte. Marina und ihr Mann verabschiedeten sich recht schnell.
Als erstes mussten wir Holz hacken und ein Feuer entfachen. Der Ofen war aus Klinkersteinen selbst gebaut mit einer Stahlplatte oben drauf. Zur Luftregulierung war im Kamin ein Schieber angebracht. So richtig dicht war diese ganze Vorrichtung natürlich nicht. Dichter Qualm zog zunächst durch die Hütte, bis das Feuer im Ofen richtig brannte. "Sch...., da gehen wir die Nacht mit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung drauf!" entfuhr es mir. Fließendes Wasser gab es nicht in der Hütte und da Roman und ich nicht auf unsere Dusche verzichten wollten, mussten wir zunächst aus großen Wasser-Korbflaschen einen Topf füllen und das Wasser auf dem Ofen erhitzen. Die Dusche fand dann draußen mit Hilfe eines Kruges statt.
Ganze 6 Flaschen Bier hatte Roman2 eingekauft, wovon er 4 Stück selber trank. Aber es fand sich noch eine Flasche Vodka und Orangensaft, über die Roman und ich uns hermachten. Als Snack gab es getrockneten Fisch - nicht so ganz mein Fall. Scheinbar hatte Roman2 das gemerkt: "Wenn du keinen Fisch magst - ich habe noch was anderes!" Er öffnete eine Verpackung und öffnete das "Andere" - geröstete Kalamares. Wahre Begeisterungsstürme löste Roman2 bei Roman und mir aus: "Ihr habt doch bestimmt Hunger - ich habe noch Fisch in Dosen!" Angesichts dieser Aussichten verzichteten wir auf das Abendmahl und widmeten uns dem Vodka.
Als wir Roman2 dann von unserer Begegnung mit dem MC The Hooligans und unserer Fahrt durch die Stadt berichteten, meinte er: "Prima, dann habt ihr ja schon alles gesehen und könnt am Sonntag direkt von hier aus die Straße nach Finnland benutzen."
Die Zeiger der Uhr bewegten sich bereits in Richtung früher Morgen, als wir uns zur Ruhe begaben - Roman in der einen, ich in der anderen Ecke jeweils in einem großen Bett und Roman2 auf einer Couch. Gott sei Dank war zumindest die Schlafstätte sauber!
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Do. 24.05.2012
Trotz alledem gut ausgeschlafen wachte ich in der Hütte auf. Es war vom Ofen her immer noch recht warm - mir persönlich entschieden zu warm - und es roch nach Fisch! - bestialisch nach Fisch! Ich flüchtete ins Freie. Für mich stand nicht erst ab diesem Moment fest, dass ich hier nicht noch einen Tag oder gar mehrere Tage verbringen wollte. Nachdem Roman aufstand und ebenfalls nicht gewillt war, dort länger zu bleiben, suchten wir mittels der Navi-Software ein Hotel im Zentrum von Piter, wie St. Petersburg liebevoll von seinen Einwohnern bezeichnet wird.
Das M-Hotel liegt in unmittelbarer Nähe zum Nevskij-Prospekt, der ca. 4,5 km langen Prachtstraße im historischen Zentrum von St. Petersburg. Sogar eine Telefonnummer war angegeben und Roman erfuhr im telefonischen Gespräch mit der netten Katarina, dass dort sowohl freie Zimmer zu einem annehmbaren Preis (ca. 50 EUR pro Pers und Nacht inkl. Frühstücksbuffet) verfügbar, als auch ein sicherer, bewachter und im Preis enthaltener Parkplatz für unsere Motorräder vorhanden sei.
Wir packten unsere Sachen, weckten Roman2, der noch immer auf der Couch schlief und verabschiedeten uns.
Sogar der Feldweg, der in die Einöde zur Hütte - und auch wieder heraus - führte, war in der Navi-Karte enthalten und so wurden wir sicher ins Zentrum von St. Petersburg zum M-Hotel geführt. Die Verkehrsverhältnisse waren an diesem Tag auch nicht annähernd so gewaltig wie am Vortag.
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Das M-Hotel präsentierte sich sehr freundlich und sauber! Auch Katarina, Maria und Olga an der Rezeption waren äußerst zuvorkommend und nett. An dieser Stelle kann ich das M-Hotel für einen Aufenthalt in St. Petersburg uneingeschränkt und wärmstens empfehlen - falls es mich irgendwann einmal wieder nach St. Petersburg verschlagen sollte, werde ich mit Sicherheit wieder hier logieren!
Nachdem wir das Zimmer bezogen und uns frisch gemacht hatten, erkundeten wir per Pedes die Stadt.
Do. 24.05. - Fr. 25.05. - Sa. 26.05.2012
Als erstes zog es uns zum Nevskij-Prospekt, der wohl bekanntesten Straße St. Petersburgs und eine der berühmtesten Straßen Russlands. An der ca. 4,5 km langen Straße sind eine ganze Reihe von historischen, prachtvollen und beeindruckenden Bauten zu bewundern. Ebenso sind hier zahlreiche Geschäfte, Boutiquen und Cafes zu finden. Zunächst ließen wir bei einem "Baltika"-Bier die Atmosphäre der Stadt und insbesondere des Nevskij-Prospektes auf uns wirken. Der Kiosk mit Terrasse sollte zu unserer "Stammkneipe" werden. Unmittelbar daneben unterhielten einige Straßenmusiker mit guter Musik ein buntes Publikum.
Wäre nicht überall die russische Schrift auf den Reklamen zu sehen, hätte man vom Gefühl her genauso gut in einer europäischen Metropole sein können. Als "Venedig des Nordens" erinnerten mich die Kanäle eher an die Grachten in Amsterdam - zumindest bis wir zur Newa kamen. Dort war dann alles im wahrsten Sinne des Wortes etwas weitläufiger. Unser Besichtigungsprogramm spulten wir übrigens komplett per Pedes ab und sind in den wenigen Tagen in "Piter" bestimmt an die 30 km - 40 km gelaufen.
Überhaupt scheint hier alles ein wenig größer zu sein - breite Prospekte, riesige Plätze und auch viele langbeinige Schönheiten auf Stöckelschuhen mit beängstigend hohen Absätzen. Zahlreiche Schulabgänger feierten "herausgeputzt" ihren Abschluss.
Soviele Stretch-Limos hatte ich innerhalb so kurzer Zeit noch nie gesehen, ebenso wie unzählige Luxus-Autos. Rolls-Royce, 500er AMG-Mercedes, Ferrari, BMW X6, Audi Q7, Porsche Chayenne etc. waren hier massenhaft vertreten. Aber auch alte Wolgas und Dacias waren zu sehen. Beim Überqueren des Nevskij-Prospekts hielten 2 Motorräder an und Vladimir, der uns am Vortag auf Schleichwegen durch die Stadt lotste, begrüßte uns freudig. Nach einem kurzen Plausch mitten auf der Straße verabschiedeten wir uns von ihm und setzten unseren Weg fort.
Obwohl die weißen Nächte Mitte bis Ende Juni beginnen, setzte erst gegen 23.00 h die Dämmerung ein und auch nachts war immer noch ein heller Streifen am Horizont zu sehen. Das nachstehenden Foto wurde abends um 23.12 h bzw. gegen 24.00 h aufgenommen.
Auf dem Schloßplatz, vor dem Winterpalast, kamen zwei junge Russinnen in Uniform auf mich zu. Ihr Angebot, sich gegen einen kleinen Obulus mit mir ablichten zu lassen, konnte ich nicht ausschlagen!
Der Schloßplatz mit der Alexandersäule ist schon riesig und wahnsinnig weitläufig und beeindruckend.
Einen Besuch des Winterpalastes und der Eremitage, eines der größten und bedeutendsten heutigen Kunstmuseen der Welt, ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Neben den Exponaten waren ebenso die prachtvollen Säle wahnsinnig beeindruckend. Ein asiatisches Ehepaar war von den Eindrücken scheinbar so "erschlagen" und müde, dass sie ein kleines Nickerchen in der Eremitage einlegten.
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Weiter ging es von hier aus zur Peter-und-Paul-Festung auf der Haseninsel. Die Festungsanlage bildet den Ursprung und das historische Zentrum St. Petersburgs.
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Später standen dann u. a. noch die Moschee und die Aurora, ein Kriegsschiff der kaiserlich russischen Marine und Symbol der Oktoberrevolution von 1917 auf dem Programm, bevor wir wieder auf die andere Seite der Neva wechselten. Die Aurora war nicht nur bei den vielen Schulabgängern ein beliebtes Fotomotiv!
An der Auferstehungskirche vorbei gelangten wir wieder zum Nevskij-Prospekt. Auch die Isaakskathedrale durfte bei unserem Sightseeing-Programm natürlich nicht fehlen.
kleine Diashow von der Aurora:
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Die ganze Zeit fragten wir uns, wo die St. Petersburger, die sich die Preise in den überwiegend noblen Geschäften des Nevskij-Prospektes nicht leisten können, eigentlich einkaufen. Ursprünglich auf dem Weg zur Post entdeckten wir gar nicht so weit von der Prachtstrasse entfernt in einigen Hinterhöfen einen großen Markt - den Apraksin Dvor. Natürlich wurden wir angesprochen und gefragt, was wir suchen und ob man uns helfen könnte. Roman wollte als Souvenir für seine Söhne Fußball-Trikots kaufen. Ein "Schleuser" übermittelte uns an einen Kollegen, der uns durch ein Wirrwar von Gassen in einen Kellerladen führte. Dort wurde Roman fündig und musste den Kaufpreis nicht etwa an die Verkäufer, sondern an den "Schleuser" zahlen. Auch einen Laden mit Motorrad-Teilen fanden wir in dem Wirrwar.
An dem Wochenende war Stadtfest in Piter. Jedes Jahr zum 27. Mai wird die Gründung von St. Petersburg gefeiert - wir erlebten den 308. Geburtstag live mit. Den Nevskij-Prospekt hatten sie komplett für Fahrzeuge gesperrt und Menschenmassen flanierten über die Prachtstraße. Überall wurden die Menschen mit Musik und sonstigen Darbietungen unterhalten. Für die Sicherheit sorgte neben der Polizei auch das Militär. Scheinbar hatten diese aber nichts zu tun. So eine friedliche Stimmung bei solchen Menschenmassen hatte ich bisher selten erlebt. Die ganzen Tage in St. Petersburg hatte ich keinen Augenblick das Gefühl von Unsicherheit oder gar Bedrohung! Wir ließen uns von der ausgelassenen Stimmung anstecken und fanden erst spät in der Nacht den Weg ins Hotel.
So. 27.05.2012
Leider hieß es schon wieder Abschied nehmen von St. Petersburg. Scheinbar waren die meisten St. Petersburger noch etwas müde von der Geburtstagsfeier der Stadt. Zumindest präsentierten sich die Prospekte an diesem Morgen mit relativ wenig Verkehr. Je weiter wir aus Piter rauskamen, umso schlechter wurden die Straßen.
Wir folgten der parallel zur M10 verlaufenden A125 in nordwestlicher Richtung. Bei Vyborg wechselten wir dann auf die M10 bis zur finnischen Grenze. Auch an diesem Tage blieben wir von russischen Verkehrskontrollen weitestgehend verschont. Lediglich 2 Kontrollen bekamen wir zu Gesicht. Bei der Ersten wurden wir sogleich durchgewunken. Bei der Zweiten mussten wir anhalten und wurden nach unseren Reisepässen gefragt. Doch bevor wir diese aus unseren Taschen gezogen hatten, durften wir schon wieder weiterfahren. Die teilweise in diversen Foren beschriebenen schikanösen Kontrollen mit Abzocke können wir nach unserer Erfahrung in keinster Weise bestätigen.
An der Grenze angekommen waren die Grenzformalitäten auf der russischen Seite ruck-zuck erledigt. Irgendeine "Kalinka" versah jeden der zahlreichen Stempel unserer Zollerklärung mit einem Kontrollstempel und nach nicht einmal 10 Minuten fuhren wir durchs Niemandland zu der finnischen Grenzabfertigung. Die Finnen ließen sich wesentlich mehr Zeit mit der Abfertigung. Aus der Warteschlange wurden per Ampelschaltung immer 5 Fahrzeuge bis zur Schranke vorgelassen. Dort angekommen, mussten die Fahrzeuge verlassen werden und eine Polonaise begab sich ins Zollgebäude. In einem erhöhten "Kiosk" saßen dann die Grenzbeamten und verglichen gaaanz streng die Fotos der Reisepässe mit der Wirklichkeit. Scheinbar bestand hier bei uns kein allzu großer Unterschied - mit einem kurzen Nicken des Grenzbeamten konnten wir unseren Weg fortsetzen. Durch den Hinterausgang ging es wieder zu den Fahrzeugen, die Schranke öffnete sich und wir waren drin - in Finnland.
Finnland präsentierte sich mit viel Wald, geraden Straßen, wenig Verkehr und unverschämten Preisen - nicht nur für alkoholische Getränke!. Eine 0,33l Dose Cola an der Tankstelle schlug beispielsweise mit sagenhaften 3,50 EUR - in Worten: Drei Euro und fünfig Cent - zu Buche. Gut, dass wir uns in St. Petersburg noch mit dem leckeren und preiswerten "Baltika-Bier" eingedeckt hatten!
Vor Helsinki - in Porvoo - suchten wir uns ein Quartier und ließen den Tag ausklingen.
Mo. 28.05.2012
Bis nach Helsinki waren es nur noch wenige km. Dort angekommen fuhren wir zunächst zum Fährhafen. Die Zeit bis zum Einchecken verbrachten wir im Hafenviertel. An einem Marktstand entdeckte Roman ein witziges T-Shirt. Vom Baltikum und von St. Petersburg waren wir gewohnt, um den Preis zu feilschen. Das T-Shirt war mit 12 EUR ausgezeichnet und wir starteten einen Versuchsballon mit "I give you eight Euro for this Shirt!". Von dem etwas kleineren, etwas fülligeren, etwas stark blondierten Standbetreiber alá D.J. Bobo bekamen wir die äußerst unfreundliche Antwort: "Why you give me eight ??? - My Price is twelve!!!!" Sprach er und drehte uns seine ebenfalls etwas fülligere Rückseite zu.
Bis zum Einchecken auf der Silja Serenade hatten wir noch etwas Zeit und so schauten wir uns noch ein paar Sehenswürdigkeiten der finnischen Hauptstadt an - darunter natürlich den unmittelbar beim Hafen am Senatsplatz befindlichen Dom sowie die Uspenski-Kathedrale, die größte orthodoxe Kirche in Westeuropa.
Nachdem die "Silja Serenade" freigegeben wurde und ihr Bauch sich öffnete ging das Einchecken schnell und problemlos vonstatten. Ebenso schnell hatten wir unsere Kabine bezogen und machten uns zu einem Erkundungsgang auf. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Helsinki wurden wir noch einige Zeit von gut motorisierten Schlauchbooten des finnischen Zolls begleitet, die unsere Fähre zum Üben von Anlegemanövern in Fahrt benutzten.
Glücklicherweise hatten wir bereits im Vorfeld die Verpflegung auf der Silja Serenade mitgebucht. Was dort zum Abendbuffet aufgetischt wurde, war schon äußerst beeindruckend und alleine das Probieren einiger Delikatessen geriet bereits zur Völlerei.
Nach einem ausgedehnten Verdauungsspaziergang über die ganze Fähre begaben wir uns schließlich zur Ruhe.
Di. 29.05.2012
Nach dem leckeren und reichhaltigen Frühstück bestaunten wir von Deck aus, wie die Fähre sich zwischen den vielen kleinen Inseln vor Stockholm durchschob. Es dauerte eine ganze Weile bis wir anlegten und der Bauch der Silja Serenade sich schließlich öffnete. Da wir in Helsinki zuerst in das unterste Deck einfahren durften, mussten wir bei der Ausfahrt leider bis zum Schluß warten.
In Schweden fanden wir die Strecke wieder ansprechender - die teils kleinen und kurvigen Straßen waren schon eher nach unserem Geschmack. Viele Straßen schlängeln sich um die zahlreichen Gewässer. Nach Skanssundet gelangten wir über die gleichnamige Straße. Hier mussten wir 20 Minuten auf die Abfahrt der Fähre warten - dafür war die Benutzung dieser zur Abwechslung aber kostenfrei! Nach ca. 400 Meter Überfahrt konnten wir die Fähre wieder verlassen. Weiter schlängelte sich die Straße in Richtung Südwesten.
Auf der weiteren Strecke bekamen wir sogar Elche zu Gesicht! Schließlich erreichten wir Kisa und hielten hier Ausschau nach einer Herberge für die Nacht.
Mi. 30.05.2012
Nach einem guten und reichhaltigen Frühstück zog es uns weiter in den Südwesten von Schweden. Die Landschaft wurde flacher und riesige Felder säumten die Straßen.
Schon vor Malmö erblickten wir die riesige Öresundbrücke. Es dauerte dann aber doch noch eine ganze Weile, bis wir die östliche Rampe erreichten. Die weltweit längste Schrägseilbrücke für Straßen- und Eisenbahnverkehr kann durchaus als weiteres Weltwunder angesehen werden. Die östliche Rampe führt über ca. 4 km auf die eigentliche Öresundbrücke, die nach etwa 1 km in die ca. 3 km lange westliche Rampe übergeht. Diese endet auf der künstlich aufgeschütteten Insel "Peberholm". Von hier aus geht es durch einen ca. 4 km langen Unterwassertunnel nach Kopenhagen. Um die Anflugschneise des Kopenhagener Flughafens nicht zu beeinträchtigen, war der Tunnel erforderlich. Leider gab es keinen "Aussichtspunkt" um in Ruhe Fotos von der beeindruckenden Brücke machen zu können. Also musste der Standstreifen hierzu herhalten.
Kaum waren wir in Dänemark wurde das Wetter schlechter und bei der Fahrt durch Kopenhagen begann es zu tröpfeln. Vom Erscheinungsbild her erinnerte Kopenhagen mich sehr an niederländische Städte - nicht nur durch den Baustil der Häuser und die vielen Fietsen (Fahrräder).
Einige km außerhalb von Kopenhagen in Greve-Strand buchten wir uns wieder in einem Hotel ein. Dem Hotel angeschlossen war ein Steakhouse mit Bistro. So kurz vor Abschluss der Reise wollten wir uns was Gutes tun und dachten dabei zunächst mal an ein großes saftiges Steak. Allerdings verschlug der auf der Speisekarte dafür vorgesehene Preis uns glatt die Sprache. Umgerechnet sollten wir dafür happige 37 Euro bezahlen - pro Steak natürlich! Das überstieg dann doch unser Budget und so gönnten wir uns einen "preiswerten" Burger, der "nur" mit 15 Euro zu Buche schlug. Wir fragten uns, ob die Menschen in Skandinavien wirklich so viel mehr Lohn kassieren, dass sie sich diese Preise leisten können.
Auf diesen Schreck hin, machten wir uns über die letzen beiden Flaschen des leckeren russischen Baltika-Bieres her. Ein kleiner Spaziergang an den nur wenige Meter entfernten Strand rundete diesen Abend ab.
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Do. 31.05.2012 u. Fr. 01.06.2012
Dunkle Regenwolken und auch ein paar Tropfen begrüßten uns am Morgen. Zunächst fuhren wir auf der Landstraße weiter Richtung Süden. Doch schon bald regten uns die vielen Ampeln und die schnurgerade Streckenführung auf. "Dann können wir auch die Autobahn nehmen!" waren Roman und ich uns schnell einig. Die E47 führte uns dann ohne nervige Ampeln zügig nach Rodby zur Fähre nach Puttgarden. Ein letztes Mal auf dieser Tour die Motorräder im Bauch einer Fähre verzurren und schon verließen wir Dänemark.
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Auf Fehmarn in Deutschland angekommen, wurden die Wolken immer dunkler. So schauten wir, dass wir schnell nach Hamburg zu unserer letzten Station der Tour kamen. Unmittelbar am Rande der Altstadt bezogen wir Quartier. Kaum hatten wir die Motorräder in der Tiefgarage geparkt, öffneten sich die Wolken und es regnete was das Zeug hielt. Das hielt uns natürlich nicht davon ab, nach der Stärkung durch ein saftiges Steak (wesentlich preiswerter als in Dänemark!), einen Reeperbahnbummel zu unternehmen. In der kurzen Zeit hier in Hamburg sahen wir mehr Obdachlose wie auf der ganzen übrigen Tour.
Nach einem letzten ausgiebigen Frühstück machten wir uns dann auf den Heimweg. Der Regen hatte zwar aufgehört aber dunkle Wolken zogen immer noch am Himmel vorbei. Also erst mal auf die Regenkombi verzichtet und los. Kurz vor Hannover auf dem Rastplatz Allertal verabschiedete ich mich von Roman. Die ein und andere Schauer begleitete mich die restlichen Kilometer. Erst im Rheintal angekommen wurde es etwas besser. Von der Autobahn hatte ich genug und so fuhr ich die letzte Strecke durch das Ahrtal und am Nürburgring vorbei auf Landstraßen nach Hause.
2012 - 05 - Ostsee-Umrundung
Roman | Suzuki Bandit 600 | |
Gerd | BMW R 1200 GSA |
Für 2012 hatte ich mir die Umrundung der Ostsee vorgenommen.
Das Baltikum (Litauen, Lettland, Estland), Russland mit St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark sollten auf alle Fälle auf dem Programm stehen.
Meine rumänischen Freunde Adi und Martin wollten unbedingt mit von der Partie sein, wurden aber leider durch berufliche und familiäre Dinge ausgebremst.
Auch aus dem Kreise meines Internetforums "Moselbikers.de" bestand anfangs Interesse. Allerdings konnte oder wollte hier keiner die ca. 3 Wochen mit in Angriff nehmen.
Über das Motorradreiseforum "Motorradkarawane" bekam ich Kontakt zu Roman aus Kefenrod bei Frankfurt / Main. Er beabsichtigt in 2013 oder 2014 mit dem Motorrad in sein Geburtsland Kasachstan zu fahren und suchte noch Mitfahrer. Für 2012 hatte er noch nichts festes geplant und so entschied er sich recht schnell "Ich habe Verwandschaft in St. Petersburg, die wollte ich schon immer mal besuchen! Mit Motorrad ist das noch besser! Ich fahre mit!".
Da Roman perfekt russisch spricht, brauchte ich mir auch keine allzu großen Gedanken mehr um meine diesbezüglichen sprachlichen Defizite zu machen.
Letztendlich einigten wir uns auf 17 Tage im Mai. Von Kiel aus mit der Fähre nach Klaipeda in Litauen, über Riga und Tallinn nach St. Petersburg, weiter nach Helsinki, von dort mit der Fähre nach Stockholm, durch Schweden über die Öresundbrücke nach Dänemark, mit der Fähre nach Fehmarn und wieder zurück sollte die Tour gehen.
Die Strecken plante ich wie gewohnt mittels meiner Navi-Software MapSource. Die hervorragenden Karten für Russland bezog ich kostenlos von HIER klicken
Das für Russland nötige Visum besorgte Roman über eine Nachbarin, die am Frankfurter Flughafen in einem Reisebüro arbeitet.
Mi. 16.05.2012
Am 16. Mai morgens um 06.00 Uhr ging es endlich los. Bei grauem Himmel und dunklen Regenwolken machte ich mich auf den Weg nach Kiel. Angesichts der Wetterlage zog ich schon bei der Abfahrt meine Regenkombi an. Von größeren und heftigen Regenschauern blieb ich aber glücklicherweise verschont. Für die Anfahrt musste ich schon in "den sauren Apfel beißen" und die Autobahn benutzen.
Kurz hinter Hannover auf der A7 traf ich mich auf dem Rastplatz Allertal mit Roman. Die restliche Strecke bis Kiel legten wir gemeinsam zurück. Bereits um 15.00 Uhr trafen wir im Fährhafen ein, nahmen am Schalter der Fähre unsere Tickets in Empfang und hatten noch etwas Zeit. Hier lernten wir Ton aus den Niederlanden kennen. Er war alleine mit seiner BMW R1100 S unterwegs und wollte von Klaipeda aus über die kurische Nehrung nach Kaliningrad. Ansonsten waren wir drei die einzigsten mit Motorrad an Bord.
Es dauerte noch eine Weile, bis sich der Bauch der Fähre öffnete und wir 2 Etagen nach unten gelotst wurden. Die Motorräder mussten wir selbst verzurren, wobei die von mir mitgenommenen Bandschlingen gute Dienste leisteten.
Unser Handgepäck schleppten wir über mehrere Etagen zu unserer Kabine. Nassgeschwitzt kamen wir dort an. Ton musste für die Überfahrt mit einem Liegesessel vorlieb nehmen, da keine Kabinen mehr frei waren. Unser Angebot, seine Sachen in unserer Kabine zu deponieren, nahm er dankbar an.
Nachdem wir uns frisch gemacht und umgezogen hatten, inspizierten wir die Fähre und beobachteten die Ausfahrt aus dem Hafen. Direkt bei der Buchung der Fähre hatten wir im Vorfeld bereits die Verpflegung an Bord mitgebucht - eine gute Entscheidung!. Abends gab es leckeres vom Buffet - sehr schmackhaft und reichhaltig! In der Bar trafen wir auch wieder auf Ton, der sich angeregt mit einer Litauerin unterhielt. Im Verlaufe des Abends lernten wir Günther aus Leipzig kennen. Mit seinem "Kriegsveteranen-Club" wollte er historische Plätze im Baltikum besuchen. Den Abend ließen wir gemeinsam mit ein paar Bier in der Bar ausklingen.
Do. 17.05.2012
Fast den ganzen Tag sollten wir an Bord verbringen. Das reichhaltige Frühstück glich eher einem Brunch-Buffet und so starteten wir gut gestärkt in den Tag. An Deck wurden wir von schönstem Wetter mit strahlend blauem Himmel begrüßt. Obwohl wir an der polnischen Küste entlang fuhren, war kein Land in Sicht.
Ton hatte eine etwas unruhige Nacht hinter sich. Seine litauische weibliche Bekanntschaft vom Vorabend hatte sich den Liegesessel gleich neben ihm ausgesucht und ihm scheinbar den größten Teil der Nacht keine Ruhe gegönnt. Ob er seinem am Vorabend geäußertem Vorsatz "Ich bin alleine unterwegs, suche auch keine Frau, die wartet zuhause!" treu geblieben ist, wissen wir nicht.
Pünktlich um 16.30 Uhr Ortszeit haben wir in Klaipeda angelegt. Bis wir die Fähre verlassen konnten, dauerte allerdings noch eine geschlagene Stunde.
Das Wetter war trotz bewölktem Himmel immer noch gut. Mittels den POI´s vom Navi suchten wir uns eine Unterkunft und fanden diese im Hotel "Park Inn".
Abends gingen Roman und ich zum Akropolis, einem riesigen Einkaufszentrum mit zahlreichen Geschäften, Restaurants und Café´s. In einer Pizzeria ließen wir uns nieder und Roman wollte sogleich seine russischen Sprachkenntnisse an die Frau bringen. "Sprechen Sie russisch?" fragte er die nette Bedienung. Die Antwort war nicht so ganz klar: "Ja! ....ein wenig! ...aber eher doch nicht so richtig!" Scheinbar sind die Schatten der Vergangenheit noch nicht so ganz bewältigt. In Litauen und Lettland sollte es in den nächsten Tagen häufiger vorkommen, dass die Bevölkerung sehr wohl der russischen Sprache mächtig, aber nicht gewillt ist, diese Sprache auch zu sprechen. Mit Englisch kommt man übrigens im Baltikum, aber auch in St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark bestens zurecht! Wie dem auch sei - die Pizza schmeckte hervorragend! Zurück im Hotel nahmen wir noch ein "Gute-Nacht-Bier" zu uns und begaben uns dann zur Ruhe.
Fr. 18.05.2012
Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Ton.
Und schon wieder ging es auf die Fähre - diesmal allerdings nur ein kurzes Stück von Klaipeda bis zur kurischen Nehrung. Durch den litauischen National Park "kurische Nehrung" fuhren wir nach Nida und weiter bis unmittelbar zur russischen Grenze. Bis nach Kaliningrad sind es von hier aus nur noch 86 km. Hohe Sanddünen prägen bei Nida das Landschaftsbild.
Zurück über Klaipeda machten wir uns dann auf den Weg zum Zemaitijos Nacionalinis Parkas.
Mal abgesehen von dem Nationalpark war die Strecke gezeichnet von flachem Land mit riesigen Feldern und geraden, wie von einer Schnur gezogenen Straßen. Auch die erste Schotterpiste war in hervorragend gutem Zustand und schnurgerade. Unsere weitere Tour führte uns nach Siauliai und angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit suchten wir uns eine Unterkunft. Die Fußgängerzone von Siauliai ist sehr hübsch und in einem netten Lokal haben wir sehr gut gegessen - Steak mit Kartoffeln und Gemüse für umgerechnet ca. 12 EUR. Mit ein paar Bier ließen wir den Abend ausklingen.
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Sa. 19.05.2012
Nur einige wenige Kilometer von Siauliai entfernt besichtigten wir den Berg der Kreuze - einen beeindruckenden Wallfahrtsort in Litauen. Nach der dritten polnischen Teilung wurde Litauen Teil des russischen Reiches. Im Novemberaufstand 1830/31 sowie im Januaraufstand 1863/64 rebellierten Polen und Litauer gegen die russische Obrigkeit. Beide Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Zu dieser Zeit sollen die Bewohner der Umgebung begonnen haben auf dem Hügel Kreuze für ihre bei den Aufständen getöteten Angehörigen aufzustellen, von denen sie nicht wussten, wo diese begraben sind.
Bei sommerlichen Temperaturen und immer noch strahlend blauem Himmel fuhren wir weiter Richtung Lettland. Auch hier war die Landschaft flach und weit. Riesige Felder, einzelne Gehöfte, teils neue moderne Häuser aber auch uralte Holzhäuser säumten die Straßen. An den meisten Häusern waren Satellitenschüsseln sichtbar.
Auch hier fanden wir einige Schotterstrecken in sehr gutem Zustand. Unterwegs kauften wir Brot, Käse und örtliches Mineralwasser ein. Ein Glück, dass wir das Wasser sogleich probierten - es schmeckte äußerst salzig. Zurück im kleinen Laden griffen wir dann doch zum Wasser aus der Fuldaquelle.
Pünktlich um 12 Uhr mittags passierten wir die Grenze zu Lettland, die wir lediglich an der Beschilderung erkannten.
Zur Mittagsrast ließen wir uns an einer Bushaltestelle am Straßenrand nieder, kochten Kaffee und Tee und ließen uns das Brot mit Käse, Wurst und Tomaten schmecken.
Gegen 15.30 Uhr kamen wir in Riga an und bezogen ein Hotel direkt am Rande der Fußgängerzone.
In Riga war an diesem Samstag Tag der offenen Museen und die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Überall befanden sich lange Schlangen vor den einzelnen Museen. Direkt vor unserem Hotel spielte in der Fußgängerzone eine Musikgruppe - Schlagzeug, 2 Trompeten, 1 Tuba, 1 Zugposaune. Die Musik war sehr gut und mitreißend.
Auffallend viele hübsche lettische Frauen und Mädchen hatten sich ebenso wie die Stadt "herausgeputzt" und flanierten durch die Fußgängerzone. Nach einer stärkenden leckeren Mahlzeit schlenderten auch wir durch die Stadt. Vor dem Hotel hörten wir noch etwas der Musikgruppe zu. Als ich mich umdrehte stand plötzlich Günther, den wir auf der Fähre nach Klaipeda kennengelernt hatten, vor uns. Unser Wiedersehen mussten wir natürlich mit ein paar Bierchen feiern.
Günther ist ein unheimlich geselliger Typ, der bisher schon ganz schön in der Welt herumgekommen ist - vor allem im Osten - und von daher einige Geschichten zu erzählen hatte. Wie manche Matrosen in jedem Hafen ein Mädel haben, hatte er scheinbar in einigen Städten seine weiblichen Bekanntschaften, natürlich auch in St. Petersburg. "Oouuuuh, wenn ihr da hin fahrt, lasst ja die Finger von meiner Natuschka!". Es wurde ein kurzweiliger Abend mit viel Spaß und Gelächter!
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So. 20.05.2012
Die Abfahrt aus Riga gestaltete sich etwas schwierig. Direkt vor unserem Hotel war die Straße wegen einem Stadtlauf gesperrt. Unsere Motorräder hatten wir in einem Parkhaus einige hundert Meter vom Hotel entfernt untergestellt und es dauerte einige Zeit bis wir zum Hotel vorfahren konnten. Etliche Teilnehmer des Stadtlaufes mussten wir bei der Ausfahrt aus dem Parkhaus passieren lassen, bevor der wirklich nette und freundliche Polizist die Strecke für uns frei gab.
Vor dem Hotel sprach uns ein deutsches Ehepaar an. Als wir erläuterten wo wir herkamen und was wir auf unserer Tour noch vor uns hatten waren sie ganz begeistert. Sie seien auch Motorradfahrer, aber derzeit ohne Moppeds auf Ostsee-Kreuzfahrt. Eine ganze Weile plauderten wir mit ihnen bis wir bemerkten, dass wir doch so langsam weiter müssten.
Aus der Stadt rauszukommen erwies sich wegen der durch den Stadtlauf teilweise gesperrten Straßen als etwas schwierig. Nach einer "Sonderrunde" schafften wir es aber. Zunächst führte uns die Strecke nach Sigulda. Am Rande eines Naturparks gibt es hier eine mittelalterliche Burg zu besichtigen.
Weiter ging es auf kleinen Sträßchen Richtung Estland. Auch hier fanden wir meist flaches Land und riesige Felder vor. Kurz vor Limbazi legten wir an einem idyllischen Platz an dem gleichnamigen (Limbazi-) See unsere Mittagspause ein. Der Bootssteg wurde von mehreren Anglern benutzt, die einige Fische in ihren Köchern hatten. Wir zogen als Mahlzeit aber Brote mit leckerem Käse und Wurst den Fischen vor.
Ursprünglich wollten wir bis Kloostri im Matsalu-Nationalpark fahren und dort eine Unterkunft suchen. Über Schotter und Lehm erreichten wir den Ort. Allerdings fanden wir dort lediglich ca. 5 Häuser und keine Unterkunft - zumindest keine adäquate. Zu sehen waren auch weitaus mehr Tiere - Kühe, Schweine, Hühner, Katzen und Hunde - als Menschen. Wahrscheinlich wäre es hier einfacher gewesen, einen Platz im Stall als ein Bett zu bekommen. Kurzerhand beschlossen wir, bis nach Tallinn weiterzufahren.
In Tallinn mieteten wir uns im Sokos-Hotel ein. Die sehr hübsche und äußerst nette Lagle gab uns ein Zimmer im 20. Stock mit einer herrlichen Aussicht über die Stadt. Das Sokos-Hotel war bei der Eröffnung 1972 das erste Hochhaus der Stadt. Das Hotel diente seinerzeit als Interhotel, in dem hauptsächlich Gäste aus dem nicht-sozialistischen Ausland untergebracht wurden. Im 23. Stock des Hotels hatte sich der KGB eingerichtet und Abhöranlagen installiert. Durch die hier installierte Überwachungszentrale des sowjetischen Geheimdienstes konnten zahlreiche Hotelzimmer akustisch und visuell überwacht werden.
Nach dem Einchecken im Hotel unternahmen wir einen ersten Erkundungs-Spaziergang durch Tallinn. Tallinn verfügt über eine sehr schöne mittelalterliche Altstadt. Das Mittelalter wird hier regelrecht vermarktet. Überall finden sich alte oder auf alt getrimmte Lokale wie beispielsweise die "Olde Hansa". Von Personal in alten Trachten wird man hier bedient.
Auffallend und aus unserer Sicht recht negativ waren die vielen betrunkenen Passanten in der Stadt - dem Anschein nach meist finnischer Herkunft. Scheinbar führt die Nähe zu Finnland (mit der Fähre sind es nur wenige km) sowie die im Vergleich zu Finnland erheblich günstigeren Preise für Alkohol zu diesen unschönen Auswüchsen.
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Mo. 21.05.2012
Der Umstand, dass wir bereits am Vortag bis nach Tallinn fuhren, bescherte uns einen motorradfreien Besichtigungstag in Tallinn. Unser Frühstücksraum war von vielen lautstarken Finnen bevölkert. Nach dem Frühstück begaben wir uns auf Erkundung durch den historischen Teil der mittelalterlichen Stadt. Durch die Unterstadt begaben wir uns zum Domberg. Hier konnte uns ein Este, der sehr gut Deutsch sprach, einige Informationen über die Geschichte der Stadt geben.
Nachmittags ließen wir uns in einem Cafe am Marktplatz nieder und schauten dem Treiben in der Stadt zu. Punkerinnen zeigten ihre Tanzkünste und nahmen sich gegenseitig per Video auf. Auch 3 Break-Dancer zeigten ihre eindrucksvollen akrobatischen Kunststücke, bis die Ordnungspolizei einschritt. Für mich unverständlich - ich fand die Break-Dancer wesentlich angenehmer wie die vielen Betrunkenen Passanten, um die sich niemand kümmerte.
Direkt zwei Tische neben uns ließ sich ein russisch sprechendes, betrunkenes Paar mittleren Alters nieder. Bald darauf kam ein junger Bettler vorbei, der auf einem Schild kein Blatt vor den Mund nahm "I need help! Give me money for vodka and cigarettes!". Der betrunkenen, russisch sprechenden Frau hat das überhaupt nicht gefallen, sie beschimpfte den jungen Bettler aufs übelste: "Verpiss dich! - Hau ab! - Geh arbeiten!" Etwas unkoordiniert stand sie auf, trat nach dem Bettler und wollte ihm den Sammel-Becher aus der Hand schlagen. Wegen ihrer durch die Trunkenheit doch etwas sehr beeinträchtigten Standfestigkeit konnte sie sich dabei nur mühsam auf den Beinen halten und verfehlte natürlich ihr Ziel. Kein schöner Anblick und nicht lustig!
Di. 22.05.2012
Wir verließen Tallinn in Richtung Osten und schon bald bogen wir links ab zum Lahemaa-Nationalpark. Ein schönes kleines Sträßchen führte uns nach Käsmu. Der Ort wird auch als "Dorf der Kapitäne" bezeichnet, da sich früher hier eine Marineakademie befand. Diese Zeit brachte es mit sich, dass Käsmu als Anlaufstelle von Schmugglern (Alkohol, Salz, Fische) eine gewisse Berühmtheit erlangte. Heute ist das Dorf von schönen Holzvillen mit Gärten geprägt.
Eine wunderschöne, vereinzelt geschotterte Strecke führte uns in weiten Teilen unmittelbar entlang der Ostseeküste weiter nach Narva. Unterwegs rasteten wir unmittelbar an der baltischen See.
In Narva angekommen suchten wir uns ein Hotel und machten uns anschließend per Pedes zu einer Besichtigungstour auf. Als östlichste Stadt Estlands liegt Narva direkt an dem gleichnamigen Grenzfluß zu Russland. Unmittelbar an der Brücke über die Narva befindet sich auf estischer Seite die Hermannsfeste - eine gewaltige Festung, die von den Dänen gegründet und im späteren Verlauf der Zeit an den Deutschen Orden verkauft wurde. Ihr gegenüber liegt auf der russischen Seite die Festung Iwangorod. Eine Besichtigung der Hermannsfeste ließen wir uns natürlich nicht entgehen.
Die Brücke über die Narva ist von Zäunen und weitläufigen Grenzanlagen gesäumt. Dem Grenzübertritt am nächsten Tag sahen wir mit einiger Spannung entgegen.
Zurück im Hotel widmeten wir uns einem vorzüglichen Abendmahl und ließen ein paar Bier unsere durstigen Kehlen entlang laufen.
Mi. 23.05.2012
Früh am Morgen machten wir uns auf, um den Grenzübertritt nach Russland in Angriff zu nehmen.
Naiv wie wir waren, fuhren wir direkt zur Grenze vor und wurden dort von einem estischen Zollbeamten wieder zurück zu einer 2 Kilometer vor Narva befindlichen "Waiting Area" geschickt.
Bei der Fahrt dorthin trafen wir auf ein illustres Motorradfahrer-Trio. Ein Deutscher aus Bamberg war mit seinem amerikanischen Kumpel und dessen koreanischem Freund auf dem Weg zum Nordkap.
Die "Waiting-Area" bestand aus einem größeren Gelände, an deren Einfahrt sich die Zufahrt sogleich auf mehrere Fahrspuren verteilte. Direkt an der Einfahrt befand sich Station 1. Hier mussten wir den Reisepass sowie den Fahrzeugschein vorzeigen. Für 1,10 EUR erhielten wir dort eine Nummer.
Anschließend ging es auf der Fahrspur 3 ca. 200 Meter weiter zur Station 2, an der die Fahrzeugregistrierung stattfand - Kosten: 1,00 EUR.
Nachdem wir diese Hürde gemeistert hatten, durften wir wieder bis zur Grenze vorfahren. Die Abfertigung auf estischer Seite ging dann auch sehr schnell vonstatten.
Wir durften über die Brücke fahren und mussten auf der russischen Seite an einem "Kiosk" anhalten. Eine sehr hübsche russische Zollbeamtin händigte uns ein Formular zur Zollerklärung aus - leider hatte sie nur Vordrucke in russischer Sprache.
Dann ging es zur nächsten Station ein paar hundert Meter weiter. Wir hielten vorher an und widmeten uns dem Ausfüllen der Zollerklärung. Wegen meiner fehlenden russischen Sprach- und Schriftkenntnisse dauerte das natürlich eine Weile. Ein junger Zollbeamter kam auf uns zu und fragte, was wir denn da so lange machen würden. Nachdem er mitbekam, dass wir die Zollerklärung nur auf Russisch vorliegen hatten, verschwand er und kam bald darauf mit einem ganzen Packen Formulare in Deutsch an. Das erleichterte mir natürlich das Ausfüllen erheblich und schon bald konnten wir dann vorfahren.
Zunächst wurden die Personenpapiere, also der Reisepass, mit dem Visum bearbeitet. Dies ging auch recht zügig vonstatten. Anschließend dann eine nachfolgende Station, nur wenige Meter weiter. Hier wurde die Zollerklärung bearbeitet. Eine strenge "Kalinka" sah sich durch ihre dicke Hornbrille die ausgefüllte Zollerklärung ganz genau an. In der Zollerklärung ist in erster Linie das Fahrzeug aufgeführt und weiterhin enthält sie Angaben zu werthaltigen Gegenständen und Devisen. Nachdem "Kalinka" die Erklärung als ordnungsgemäß angesehen hatte, dokumentierte sie dies durch eine wahre Stempelorgie auf der Zollerklärung. Eine Ausfertigung behielt sie ein und die andere erhielt ich und behütete sie bis zur Ausreise wie meinen Augapfel.
Der junge Zollbeamte widmete sich anschließend unseren Motorrädern. Seitenkoffer und Topcase musste ich eigentlich nur per forma öffnen. Kaum waren die Deckel geöffnet, winkte der Zöllner auch schon wieder ab. Er interessierte sich mehr für mein Motorrad: "Was kostet die bei euch? - mhm, neu?" "nein, gebraucht" "mhm, was wiegt die? - mhm; wie schnell fährt die? - mhm; wie schnell seid ihr bisher gefahren? - mhm usw."
Insgesamt dauerten die Formalitäten ca. 2,5 Stunden und waren aus meiner Sicht gar nicht so gewaltig, wie sie von verschiedenen Seiten immer dargestellt werden.
Nun waren wir also drin - in Russland - und waren gespannt, wie die Straßenverhältnisse sich hier in der Realität zeigen würden. Die M11 von Narva nach St. Petersburg war anfangs schon recht heftig. Schlaglöcher und aufgebrochener Teer mit Aufwölbungen erinnerten mich an die rumänische Strecke über den Prislop-Pass. Nur 115 km bis nach St. Petersburg hatten wir zu bewältigen.
Die als berüchtigt beschriebenen Polizeikontrollen haben wir zwar gesehen, aber in weitaus geringerer Anzahl wie allgemein geschildert. Lediglich 2 Kontrollen auf dem Weg nach St. Petersburg - von beiden Kontrollen blieben wir unbehelligt.
Mi. 23.05.2012
Roman hat in St. Petersburg Verwandschaft und mit diesen unseren Besuch abgestimmt. Wir sollten dort auch übernachten können - entweder in ihrer Wohnung in St. Petersburg oder in deren außerhalb gelegenen Datscha (Hütte). Unterwegs bekamen wir Zweifel, ob dies so klappen würde. Roman hatte mehrfach telefoniert und immer wieder den Wunsch geäußert, dass wir uns die Sehenswürdigkeiten St. Petersburgs ansehen wollten. Allerdings wurde von seinem Namensvetter aus St. Petersburg kaum darauf eingegangen.
Entgegen unserem ursprünglichen Plan, beschlossen wir, in St. Peter in einem Hostel oder Hotel unterzukommen und der Verwandschaft lediglich einen Besuch abzustatten.
Durch einen wahnsinnigen Verkehr kämpften wir uns durch St. Peter. Die Fahrweise fand ich dabei in keinster Weise chaotisch - aber der Betrieb auf den Straßen war schon gewaltig! Das hervorragend funktionierende Navi mit den kostenlosen, routingfähigen OSM-Karten erleichterte uns diese Angelegenheit enorm. Leider fanden wir keine passende freie Unterkunft. Hier waren keine Zimmer mehr frei, dort war es zu teuer und an anderer Stelle fehlte ein passender sicherer Platz für unsere Motorräder.
Scheinbar war es doch so bestimmt, dass wir direkt zur Verwandschaft von Roman sollten. Auf dem Weg dorthin fuhr auf einmal eine laut knatternde Harley neben uns. "Habt ihr euch verfahren - wo wollt ihr denn hin?" fragte Ilja, Secretary bei dem Motorradclub "The Hooligans - St. Petersburg" auf russisch. Nachdem wir unser Ziel, den Prospekt Prosveshcheniâ genannt hatten, meinte Ilja "zu dieser Zeit wird das schwierig, da steht ihr stundenlang im Stau!"
Zunächst schleuste er uns auf eine kleine Verkehrsinsel und dort hielten wir einen kleinen Plausch. Sie hätten von ihrem Club aus auch ein Hostel - aber er müsste erst nachfragen, ob dort noch Platz wäre meinte er und griff zum Handy. Es würde geklärt werden und wir sollten zunächst mal eine kleine Pause einlegen und auf einen Kaffee oder Tee mit in ihr Clubheim kommen.
Diese Einladung nahmen wir gerne an. Ilja fuhr voraus und wir schlängelten uns zwischen den Autos durch. Wegen unserer Gepäckkoffer brauchten wir etwas mehr Platz und wenn es einmal eng wurde, ließ Ilja den Auspuff seiner Harley mit einem kurzen Gasstoß brüllen - und schon war eine Gasse frei. Die Jungs von den Hooligans in St. Petersburg scheinen in der Stadt bekannt zu sein und auch einen gewissen Einfluß zu haben.
Recht schnell erreichten wir das in irgendeinem Hinterhof in einer Halle an den Bahngleisen befindliche Clubhaus - garnicht weit vom Newski-Prospekt entfernt. Dort wurden wir von weiteren Hooligans wie alte Kumpels begrüßt. Alexej, der Präsi des Clubs meinte, dass sie leider keinen Platz mehr in ihrem Hostel frei hätten. Das Clubhaus der Hooligans wurde in Eigenleistung hergestellt und präsentierte sich in absolut sauberem Zustand. Auch herrschte Disziplin - im Gebäude bestand beispielsweise Rauchverbot - der große Aschenbecher draußen war aber gut gefüllt!
Bei Kaffee und Tee unterhielten wir uns etwas mit den Hooligans. Auf meine Frage, wie viele Mitglieder der Club hätte, antwortete Alexej ganz lapidar und kapp: "Genug!"
Nach einer Weile war es an der Zeit, Abschied zu nehmen und uns auf den Weg zu Romans Verwandschaft zu machen. Vladimir wurde abkommandiert, setzte sich auf seine Harley und führte uns auf Schleichwegen recht schnell auf den richtigen Weg.
Mi. 23.05.2012
Die größeren Straßen in St. Petersburg werden Prospekt genannt. Den Prospekt Prosveshcheniâ hatten wir dann auch schnell erreicht und wurden dort von dem St. Petersburger Roman und seiner Schwester Marina begrüßt. Dann ging es in deren Wohnung. Mit hiesigen Verhältnissen ist das kaum zu messen. Ein mehrstöckiger Betonbunker in ziemlich heruntergekommenem Zustand. Mit einem Fahrstuhl, der seine besten Zeiten schon eine Ewigkeit hinter sich hatte, ging es nach oben. Ein Flur führte zur Wohnung. Diese bestand aus einem weiteren schmalen und kurzen Flur, 2 Zimmern, einer kleinen Küche, Toilette und einem kleinen Dusch-Bad. Hier lebten Roman, seine Mutter, seine Schwester Marina mit ihrem Mann und ihrem 3 jährigen Sohn. Als Luxus besaßen sie außerhalb von St. Peter eine Datscha und dort sollten wir auch übernachten. Folglich machten wir uns auch recht schnell auf den Weg zu der Hütte.
Während Roman und ich unsere Motorräder betankten, kauften Roman2 (wegen der Namensgleichheit nenne ich den St. Petersburger Roman jetzt so), seine Schwester und sein Schwager noch in einem Supermarkt ein und dann ging es ca. 30 km in nördlicher Richtung zur Hütte. Marina und ihr Mann verabschiedeten sich recht schnell.
Als erstes mussten wir Holz hacken und ein Feuer entfachen. Der Ofen war aus Klinkersteinen selbst gebaut mit einer Stahlplatte oben drauf. Zur Luftregulierung war im Kamin ein Schieber angebracht. So richtig dicht war diese ganze Vorrichtung natürlich nicht. Dichter Qualm zog zunächst durch die Hütte, bis das Feuer im Ofen richtig brannte. "Sch...., da gehen wir die Nacht mit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung drauf!" entfuhr es mir. Fließendes Wasser gab es nicht in der Hütte und da Roman und ich nicht auf unsere Dusche verzichten wollten, mussten wir zunächst aus großen Wasser-Korbflaschen einen Topf füllen und das Wasser auf dem Ofen erhitzen. Die Dusche fand dann draußen mit Hilfe eines Kruges statt.
Ganze 6 Flaschen Bier hatte Roman2 eingekauft, wovon er 4 Stück selber trank. Aber es fand sich noch eine Flasche Vodka und Orangensaft, über die Roman und ich uns hermachten. Als Snack gab es getrockneten Fisch - nicht so ganz mein Fall. Scheinbar hatte Roman2 das gemerkt: "Wenn du keinen Fisch magst - ich habe noch was anderes!" Er öffnete eine Verpackung und öffnete das "Andere" - geröstete Kalamares. Wahre Begeisterungsstürme löste Roman2 bei Roman und mir aus: "Ihr habt doch bestimmt Hunger - ich habe noch Fisch in Dosen!" Angesichts dieser Aussichten verzichteten wir auf das Abendmahl und widmeten uns dem Vodka.
Als wir Roman2 dann von unserer Begegnung mit dem MC The Hooligans und unserer Fahrt durch die Stadt berichteten, meinte er: "Prima, dann habt ihr ja schon alles gesehen und könnt am Sonntag direkt von hier aus die Straße nach Finnland benutzen."
Die Zeiger der Uhr bewegten sich bereits in Richtung früher Morgen, als wir uns zur Ruhe begaben - Roman in der einen, ich in der anderen Ecke jeweils in einem großen Bett und Roman2 auf einer Couch. Gott sei Dank war zumindest die Schlafstätte sauber!
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Do. 24.05.2012
Trotz alledem gut ausgeschlafen wachte ich in der Hütte auf. Es war vom Ofen her immer noch recht warm - mir persönlich entschieden zu warm - und es roch nach Fisch! - bestialisch nach Fisch! Ich flüchtete ins Freie. Für mich stand nicht erst ab diesem Moment fest, dass ich hier nicht noch einen Tag oder gar mehrere Tage verbringen wollte. Nachdem Roman aufstand und ebenfalls nicht gewillt war, dort länger zu bleiben, suchten wir mittels der Navi-Software ein Hotel im Zentrum von Piter, wie St. Petersburg liebevoll von seinen Einwohnern bezeichnet wird.
Das M-Hotel liegt in unmittelbarer Nähe zum Nevskij-Prospekt, der ca. 4,5 km langen Prachtstraße im historischen Zentrum von St. Petersburg. Sogar eine Telefonnummer war angegeben und Roman erfuhr im telefonischen Gespräch mit der netten Katarina, dass dort sowohl freie Zimmer zu einem annehmbaren Preis (ca. 50 EUR pro Pers und Nacht inkl. Frühstücksbuffet) verfügbar, als auch ein sicherer, bewachter und im Preis enthaltener Parkplatz für unsere Motorräder vorhanden sei.
Wir packten unsere Sachen, weckten Roman2, der noch immer auf der Couch schlief und verabschiedeten uns.
Sogar der Feldweg, der in die Einöde zur Hütte - und auch wieder heraus - führte, war in der Navi-Karte enthalten und so wurden wir sicher ins Zentrum von St. Petersburg zum M-Hotel geführt. Die Verkehrsverhältnisse waren an diesem Tag auch nicht annähernd so gewaltig wie am Vortag.
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Das M-Hotel präsentierte sich sehr freundlich und sauber! Auch Katarina, Maria und Olga an der Rezeption waren äußerst zuvorkommend und nett. An dieser Stelle kann ich das M-Hotel für einen Aufenthalt in St. Petersburg uneingeschränkt und wärmstens empfehlen - falls es mich irgendwann einmal wieder nach St. Petersburg verschlagen sollte, werde ich mit Sicherheit wieder hier logieren!
Nachdem wir das Zimmer bezogen und uns frisch gemacht hatten, erkundeten wir per Pedes die Stadt.
Do. 24.05. - Fr. 25.05. - Sa. 26.05.2012
Als erstes zog es uns zum Nevskij-Prospekt, der wohl bekanntesten Straße St. Petersburgs und eine der berühmtesten Straßen Russlands. An der ca. 4,5 km langen Straße sind eine ganze Reihe von historischen, prachtvollen und beeindruckenden Bauten zu bewundern. Ebenso sind hier zahlreiche Geschäfte, Boutiquen und Cafes zu finden. Zunächst ließen wir bei einem "Baltika"-Bier die Atmosphäre der Stadt und insbesondere des Nevskij-Prospektes auf uns wirken. Der Kiosk mit Terrasse sollte zu unserer "Stammkneipe" werden. Unmittelbar daneben unterhielten einige Straßenmusiker mit guter Musik ein buntes Publikum.
Wäre nicht überall die russische Schrift auf den Reklamen zu sehen, hätte man vom Gefühl her genauso gut in einer europäischen Metropole sein können. Als "Venedig des Nordens" erinnerten mich die Kanäle eher an die Grachten in Amsterdam - zumindest bis wir zur Newa kamen. Dort war dann alles im wahrsten Sinne des Wortes etwas weitläufiger. Unser Besichtigungsprogramm spulten wir übrigens komplett per Pedes ab und sind in den wenigen Tagen in "Piter" bestimmt an die 30 km - 40 km gelaufen.
Überhaupt scheint hier alles ein wenig größer zu sein - breite Prospekte, riesige Plätze und auch viele langbeinige Schönheiten auf Stöckelschuhen mit beängstigend hohen Absätzen. Zahlreiche Schulabgänger feierten "herausgeputzt" ihren Abschluss.
Soviele Stretch-Limos hatte ich innerhalb so kurzer Zeit noch nie gesehen, ebenso wie unzählige Luxus-Autos. Rolls-Royce, 500er AMG-Mercedes, Ferrari, BMW X6, Audi Q7, Porsche Chayenne etc. waren hier massenhaft vertreten. Aber auch alte Wolgas und Dacias waren zu sehen. Beim Überqueren des Nevskij-Prospekts hielten 2 Motorräder an und Vladimir, der uns am Vortag auf Schleichwegen durch die Stadt lotste, begrüßte uns freudig. Nach einem kurzen Plausch mitten auf der Straße verabschiedeten wir uns von ihm und setzten unseren Weg fort.
Obwohl die weißen Nächte Mitte bis Ende Juni beginnen, setzte erst gegen 23.00 h die Dämmerung ein und auch nachts war immer noch ein heller Streifen am Horizont zu sehen. Das nachstehenden Foto wurde abends um 23.12 h bzw. gegen 24.00 h aufgenommen.
Auf dem Schloßplatz, vor dem Winterpalast, kamen zwei junge Russinnen in Uniform auf mich zu. Ihr Angebot, sich gegen einen kleinen Obulus mit mir ablichten zu lassen, konnte ich nicht ausschlagen!
Der Schloßplatz mit der Alexandersäule ist schon riesig und wahnsinnig weitläufig und beeindruckend.
Einen Besuch des Winterpalastes und der Eremitage, eines der größten und bedeutendsten heutigen Kunstmuseen der Welt, ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Neben den Exponaten waren ebenso die prachtvollen Säle wahnsinnig beeindruckend. Ein asiatisches Ehepaar war von den Eindrücken scheinbar so "erschlagen" und müde, dass sie ein kleines Nickerchen in der Eremitage einlegten.
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Weiter ging es von hier aus zur Peter-und-Paul-Festung auf der Haseninsel. Die Festungsanlage bildet den Ursprung und das historische Zentrum St. Petersburgs.
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Später standen dann u. a. noch die Moschee und die Aurora, ein Kriegsschiff der kaiserlich russischen Marine und Symbol der Oktoberrevolution von 1917 auf dem Programm, bevor wir wieder auf die andere Seite der Neva wechselten. Die Aurora war nicht nur bei den vielen Schulabgängern ein beliebtes Fotomotiv!
An der Auferstehungskirche vorbei gelangten wir wieder zum Nevskij-Prospekt. Auch die Isaakskathedrale durfte bei unserem Sightseeing-Programm natürlich nicht fehlen.
kleine Diashow von der Aurora:
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Die ganze Zeit fragten wir uns, wo die St. Petersburger, die sich die Preise in den überwiegend noblen Geschäften des Nevskij-Prospektes nicht leisten können, eigentlich einkaufen. Ursprünglich auf dem Weg zur Post entdeckten wir gar nicht so weit von der Prachtstrasse entfernt in einigen Hinterhöfen einen großen Markt - den Apraksin Dvor. Natürlich wurden wir angesprochen und gefragt, was wir suchen und ob man uns helfen könnte. Roman wollte als Souvenir für seine Söhne Fußball-Trikots kaufen. Ein "Schleuser" übermittelte uns an einen Kollegen, der uns durch ein Wirrwar von Gassen in einen Kellerladen führte. Dort wurde Roman fündig und musste den Kaufpreis nicht etwa an die Verkäufer, sondern an den "Schleuser" zahlen. Auch einen Laden mit Motorrad-Teilen fanden wir in dem Wirrwar.
An dem Wochenende war Stadtfest in Piter. Jedes Jahr zum 27. Mai wird die Gründung von St. Petersburg gefeiert - wir erlebten den 308. Geburtstag live mit. Den Nevskij-Prospekt hatten sie komplett für Fahrzeuge gesperrt und Menschenmassen flanierten über die Prachtstraße. Überall wurden die Menschen mit Musik und sonstigen Darbietungen unterhalten. Für die Sicherheit sorgte neben der Polizei auch das Militär. Scheinbar hatten diese aber nichts zu tun. So eine friedliche Stimmung bei solchen Menschenmassen hatte ich bisher selten erlebt. Die ganzen Tage in St. Petersburg hatte ich keinen Augenblick das Gefühl von Unsicherheit oder gar Bedrohung! Wir ließen uns von der ausgelassenen Stimmung anstecken und fanden erst spät in der Nacht den Weg ins Hotel.
So. 27.05.2012
Leider hieß es schon wieder Abschied nehmen von St. Petersburg. Scheinbar waren die meisten St. Petersburger noch etwas müde von der Geburtstagsfeier der Stadt. Zumindest präsentierten sich die Prospekte an diesem Morgen mit relativ wenig Verkehr. Je weiter wir aus Piter rauskamen, umso schlechter wurden die Straßen.
Wir folgten der parallel zur M10 verlaufenden A125 in nordwestlicher Richtung. Bei Vyborg wechselten wir dann auf die M10 bis zur finnischen Grenze. Auch an diesem Tage blieben wir von russischen Verkehrskontrollen weitestgehend verschont. Lediglich 2 Kontrollen bekamen wir zu Gesicht. Bei der Ersten wurden wir sogleich durchgewunken. Bei der Zweiten mussten wir anhalten und wurden nach unseren Reisepässen gefragt. Doch bevor wir diese aus unseren Taschen gezogen hatten, durften wir schon wieder weiterfahren. Die teilweise in diversen Foren beschriebenen schikanösen Kontrollen mit Abzocke können wir nach unserer Erfahrung in keinster Weise bestätigen.
An der Grenze angekommen waren die Grenzformalitäten auf der russischen Seite ruck-zuck erledigt. Irgendeine "Kalinka" versah jeden der zahlreichen Stempel unserer Zollerklärung mit einem Kontrollstempel und nach nicht einmal 10 Minuten fuhren wir durchs Niemandland zu der finnischen Grenzabfertigung. Die Finnen ließen sich wesentlich mehr Zeit mit der Abfertigung. Aus der Warteschlange wurden per Ampelschaltung immer 5 Fahrzeuge bis zur Schranke vorgelassen. Dort angekommen, mussten die Fahrzeuge verlassen werden und eine Polonaise begab sich ins Zollgebäude. In einem erhöhten "Kiosk" saßen dann die Grenzbeamten und verglichen gaaanz streng die Fotos der Reisepässe mit der Wirklichkeit. Scheinbar bestand hier bei uns kein allzu großer Unterschied - mit einem kurzen Nicken des Grenzbeamten konnten wir unseren Weg fortsetzen. Durch den Hinterausgang ging es wieder zu den Fahrzeugen, die Schranke öffnete sich und wir waren drin - in Finnland.
Finnland präsentierte sich mit viel Wald, geraden Straßen, wenig Verkehr und unverschämten Preisen - nicht nur für alkoholische Getränke!. Eine 0,33l Dose Cola an der Tankstelle schlug beispielsweise mit sagenhaften 3,50 EUR - in Worten: Drei Euro und fünfig Cent - zu Buche. Gut, dass wir uns in St. Petersburg noch mit dem leckeren und preiswerten "Baltika-Bier" eingedeckt hatten!
Vor Helsinki - in Porvoo - suchten wir uns ein Quartier und ließen den Tag ausklingen.
Mo. 28.05.2012
Bis nach Helsinki waren es nur noch wenige km. Dort angekommen fuhren wir zunächst zum Fährhafen. Die Zeit bis zum Einchecken verbrachten wir im Hafenviertel. An einem Marktstand entdeckte Roman ein witziges T-Shirt. Vom Baltikum und von St. Petersburg waren wir gewohnt, um den Preis zu feilschen. Das T-Shirt war mit 12 EUR ausgezeichnet und wir starteten einen Versuchsballon mit "I give you eight Euro for this Shirt!". Von dem etwas kleineren, etwas fülligeren, etwas stark blondierten Standbetreiber alá D.J. Bobo bekamen wir die äußerst unfreundliche Antwort: "Why you give me eight ??? - My Price is twelve!!!!" Sprach er und drehte uns seine ebenfalls etwas fülligere Rückseite zu.
Bis zum Einchecken auf der Silja Serenade hatten wir noch etwas Zeit und so schauten wir uns noch ein paar Sehenswürdigkeiten der finnischen Hauptstadt an - darunter natürlich den unmittelbar beim Hafen am Senatsplatz befindlichen Dom sowie die Uspenski-Kathedrale, die größte orthodoxe Kirche in Westeuropa.
Nachdem die "Silja Serenade" freigegeben wurde und ihr Bauch sich öffnete ging das Einchecken schnell und problemlos vonstatten. Ebenso schnell hatten wir unsere Kabine bezogen und machten uns zu einem Erkundungsgang auf. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Helsinki wurden wir noch einige Zeit von gut motorisierten Schlauchbooten des finnischen Zolls begleitet, die unsere Fähre zum Üben von Anlegemanövern in Fahrt benutzten.
Glücklicherweise hatten wir bereits im Vorfeld die Verpflegung auf der Silja Serenade mitgebucht. Was dort zum Abendbuffet aufgetischt wurde, war schon äußerst beeindruckend und alleine das Probieren einiger Delikatessen geriet bereits zur Völlerei.
Nach einem ausgedehnten Verdauungsspaziergang über die ganze Fähre begaben wir uns schließlich zur Ruhe.
Di. 29.05.2012
Nach dem leckeren und reichhaltigen Frühstück bestaunten wir von Deck aus, wie die Fähre sich zwischen den vielen kleinen Inseln vor Stockholm durchschob. Es dauerte eine ganze Weile bis wir anlegten und der Bauch der Silja Serenade sich schließlich öffnete. Da wir in Helsinki zuerst in das unterste Deck einfahren durften, mussten wir bei der Ausfahrt leider bis zum Schluß warten.
In Schweden fanden wir die Strecke wieder ansprechender - die teils kleinen und kurvigen Straßen waren schon eher nach unserem Geschmack. Viele Straßen schlängeln sich um die zahlreichen Gewässer. Nach Skanssundet gelangten wir über die gleichnamige Straße. Hier mussten wir 20 Minuten auf die Abfahrt der Fähre warten - dafür war die Benutzung dieser zur Abwechslung aber kostenfrei! Nach ca. 400 Meter Überfahrt konnten wir die Fähre wieder verlassen. Weiter schlängelte sich die Straße in Richtung Südwesten.
Auf der weiteren Strecke bekamen wir sogar Elche zu Gesicht! Schließlich erreichten wir Kisa und hielten hier Ausschau nach einer Herberge für die Nacht.
Mi. 30.05.2012
Nach einem guten und reichhaltigen Frühstück zog es uns weiter in den Südwesten von Schweden. Die Landschaft wurde flacher und riesige Felder säumten die Straßen.
Schon vor Malmö erblickten wir die riesige Öresundbrücke. Es dauerte dann aber doch noch eine ganze Weile, bis wir die östliche Rampe erreichten. Die weltweit längste Schrägseilbrücke für Straßen- und Eisenbahnverkehr kann durchaus als weiteres Weltwunder angesehen werden. Die östliche Rampe führt über ca. 4 km auf die eigentliche Öresundbrücke, die nach etwa 1 km in die ca. 3 km lange westliche Rampe übergeht. Diese endet auf der künstlich aufgeschütteten Insel "Peberholm". Von hier aus geht es durch einen ca. 4 km langen Unterwassertunnel nach Kopenhagen. Um die Anflugschneise des Kopenhagener Flughafens nicht zu beeinträchtigen, war der Tunnel erforderlich. Leider gab es keinen "Aussichtspunkt" um in Ruhe Fotos von der beeindruckenden Brücke machen zu können. Also musste der Standstreifen hierzu herhalten.
Kaum waren wir in Dänemark wurde das Wetter schlechter und bei der Fahrt durch Kopenhagen begann es zu tröpfeln. Vom Erscheinungsbild her erinnerte Kopenhagen mich sehr an niederländische Städte - nicht nur durch den Baustil der Häuser und die vielen Fietsen (Fahrräder).
Einige km außerhalb von Kopenhagen in Greve-Strand buchten wir uns wieder in einem Hotel ein. Dem Hotel angeschlossen war ein Steakhouse mit Bistro. So kurz vor Abschluss der Reise wollten wir uns was Gutes tun und dachten dabei zunächst mal an ein großes saftiges Steak. Allerdings verschlug der auf der Speisekarte dafür vorgesehene Preis uns glatt die Sprache. Umgerechnet sollten wir dafür happige 37 Euro bezahlen - pro Steak natürlich! Das überstieg dann doch unser Budget und so gönnten wir uns einen "preiswerten" Burger, der "nur" mit 15 Euro zu Buche schlug. Wir fragten uns, ob die Menschen in Skandinavien wirklich so viel mehr Lohn kassieren, dass sie sich diese Preise leisten können.
Auf diesen Schreck hin, machten wir uns über die letzen beiden Flaschen des leckeren russischen Baltika-Bieres her. Ein kleiner Spaziergang an den nur wenige Meter entfernten Strand rundete diesen Abend ab.
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Do. 31.05.2012 u. Fr. 01.06.2012
Dunkle Regenwolken und auch ein paar Tropfen begrüßten uns am Morgen. Zunächst fuhren wir auf der Landstraße weiter Richtung Süden. Doch schon bald regten uns die vielen Ampeln und die schnurgerade Streckenführung auf. "Dann können wir auch die Autobahn nehmen!" waren Roman und ich uns schnell einig. Die E47 führte uns dann ohne nervige Ampeln zügig nach Rodby zur Fähre nach Puttgarden. Ein letztes Mal auf dieser Tour die Motorräder im Bauch einer Fähre verzurren und schon verließen wir Dänemark.
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Auf Fehmarn in Deutschland angekommen, wurden die Wolken immer dunkler. So schauten wir, dass wir schnell nach Hamburg zu unserer letzten Station der Tour kamen. Unmittelbar am Rande der Altstadt bezogen wir Quartier. Kaum hatten wir die Motorräder in der Tiefgarage geparkt, öffneten sich die Wolken und es regnete was das Zeug hielt. Das hielt uns natürlich nicht davon ab, nach der Stärkung durch ein saftiges Steak (wesentlich preiswerter als in Dänemark!), einen Reeperbahnbummel zu unternehmen. In der kurzen Zeit hier in Hamburg sahen wir mehr Obdachlose wie auf der ganzen übrigen Tour.
Nach einem letzten ausgiebigen Frühstück machten wir uns dann auf den Heimweg. Der Regen hatte zwar aufgehört aber dunkle Wolken zogen immer noch am Himmel vorbei. Also erst mal auf die Regenkombi verzichtet und los. Kurz vor Hannover auf dem Rastplatz Allertal verabschiedete ich mich von Roman. Die ein und andere Schauer begleitete mich die restlichen Kilometer. Erst im Rheintal angekommen wurde es etwas besser. Von der Autobahn hatte ich genug und so fuhr ich die letzte Strecke durch das Ahrtal und am Nürburgring vorbei auf Landstraßen nach Hause.
2012 - 05 - Ostsee-Umrundung
Roman | Suzuki Bandit 600 | |
Gerd | BMW R 1200 GSA |
Für 2012 hatte ich mir die Umrundung der Ostsee vorgenommen.
Das Baltikum (Litauen, Lettland, Estland), Russland mit St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark sollten auf alle Fälle auf dem Programm stehen.
Meine rumänischen Freunde Adi und Martin wollten unbedingt mit von der Partie sein, wurden aber leider durch berufliche und familiäre Dinge ausgebremst.
Auch aus dem Kreise meines Internetforums "Moselbikers.de" bestand anfangs Interesse. Allerdings konnte oder wollte hier keiner die ca. 3 Wochen mit in Angriff nehmen.
Über das Motorradreiseforum "Motorradkarawane" bekam ich Kontakt zu Roman aus Kefenrod bei Frankfurt / Main. Er beabsichtigt in 2013 oder 2014 mit dem Motorrad in sein Geburtsland Kasachstan zu fahren und suchte noch Mitfahrer. Für 2012 hatte er noch nichts festes geplant und so entschied er sich recht schnell "Ich habe Verwandschaft in St. Petersburg, die wollte ich schon immer mal besuchen! Mit Motorrad ist das noch besser! Ich fahre mit!".
Da Roman perfekt russisch spricht, brauchte ich mir auch keine allzu großen Gedanken mehr um meine diesbezüglichen sprachlichen Defizite zu machen.
Letztendlich einigten wir uns auf 17 Tage im Mai. Von Kiel aus mit der Fähre nach Klaipeda in Litauen, über Riga und Tallinn nach St. Petersburg, weiter nach Helsinki, von dort mit der Fähre nach Stockholm, durch Schweden über die Öresundbrücke nach Dänemark, mit der Fähre nach Fehmarn und wieder zurück sollte die Tour gehen.
Die Strecken plante ich wie gewohnt mittels meiner Navi-Software MapSource. Die hervorragenden Karten für Russland bezog ich kostenlos von HIER klicken
Das für Russland nötige Visum besorgte Roman über eine Nachbarin, die am Frankfurter Flughafen in einem Reisebüro arbeitet.
Mi. 16.05.2012
Am 16. Mai morgens um 06.00 Uhr ging es endlich los. Bei grauem Himmel und dunklen Regenwolken machte ich mich auf den Weg nach Kiel. Angesichts der Wetterlage zog ich schon bei der Abfahrt meine Regenkombi an. Von größeren und heftigen Regenschauern blieb ich aber glücklicherweise verschont. Für die Anfahrt musste ich schon in "den sauren Apfel beißen" und die Autobahn benutzen.
Kurz hinter Hannover auf der A7 traf ich mich auf dem Rastplatz Allertal mit Roman. Die restliche Strecke bis Kiel legten wir gemeinsam zurück. Bereits um 15.00 Uhr trafen wir im Fährhafen ein, nahmen am Schalter der Fähre unsere Tickets in Empfang und hatten noch etwas Zeit. Hier lernten wir Ton aus den Niederlanden kennen. Er war alleine mit seiner BMW R1100 S unterwegs und wollte von Klaipeda aus über die kurische Nehrung nach Kaliningrad. Ansonsten waren wir drei die einzigsten mit Motorrad an Bord.
Es dauerte noch eine Weile, bis sich der Bauch der Fähre öffnete und wir 2 Etagen nach unten gelotst wurden. Die Motorräder mussten wir selbst verzurren, wobei die von mir mitgenommenen Bandschlingen gute Dienste leisteten.
Unser Handgepäck schleppten wir über mehrere Etagen zu unserer Kabine. Nassgeschwitzt kamen wir dort an. Ton musste für die Überfahrt mit einem Liegesessel vorlieb nehmen, da keine Kabinen mehr frei waren. Unser Angebot, seine Sachen in unserer Kabine zu deponieren, nahm er dankbar an.
Nachdem wir uns frisch gemacht und umgezogen hatten, inspizierten wir die Fähre und beobachteten die Ausfahrt aus dem Hafen. Direkt bei der Buchung der Fähre hatten wir im Vorfeld bereits die Verpflegung an Bord mitgebucht - eine gute Entscheidung!. Abends gab es leckeres vom Buffet - sehr schmackhaft und reichhaltig! In der Bar trafen wir auch wieder auf Ton, der sich angeregt mit einer Litauerin unterhielt. Im Verlaufe des Abends lernten wir Günther aus Leipzig kennen. Mit seinem "Kriegsveteranen-Club" wollte er historische Plätze im Baltikum besuchen. Den Abend ließen wir gemeinsam mit ein paar Bier in der Bar ausklingen.
Do. 17.05.2012
Fast den ganzen Tag sollten wir an Bord verbringen. Das reichhaltige Frühstück glich eher einem Brunch-Buffet und so starteten wir gut gestärkt in den Tag. An Deck wurden wir von schönstem Wetter mit strahlend blauem Himmel begrüßt. Obwohl wir an der polnischen Küste entlang fuhren, war kein Land in Sicht.
Ton hatte eine etwas unruhige Nacht hinter sich. Seine litauische weibliche Bekanntschaft vom Vorabend hatte sich den Liegesessel gleich neben ihm ausgesucht und ihm scheinbar den größten Teil der Nacht keine Ruhe gegönnt. Ob er seinem am Vorabend geäußertem Vorsatz "Ich bin alleine unterwegs, suche auch keine Frau, die wartet zuhause!" treu geblieben ist, wissen wir nicht.
Pünktlich um 16.30 Uhr Ortszeit haben wir in Klaipeda angelegt. Bis wir die Fähre verlassen konnten, dauerte allerdings noch eine geschlagene Stunde.
Das Wetter war trotz bewölktem Himmel immer noch gut. Mittels den POI´s vom Navi suchten wir uns eine Unterkunft und fanden diese im Hotel "Park Inn".
Abends gingen Roman und ich zum Akropolis, einem riesigen Einkaufszentrum mit zahlreichen Geschäften, Restaurants und Café´s. In einer Pizzeria ließen wir uns nieder und Roman wollte sogleich seine russischen Sprachkenntnisse an die Frau bringen. "Sprechen Sie russisch?" fragte er die nette Bedienung. Die Antwort war nicht so ganz klar: "Ja! ....ein wenig! ...aber eher doch nicht so richtig!" Scheinbar sind die Schatten der Vergangenheit noch nicht so ganz bewältigt. In Litauen und Lettland sollte es in den nächsten Tagen häufiger vorkommen, dass die Bevölkerung sehr wohl der russischen Sprache mächtig, aber nicht gewillt ist, diese Sprache auch zu sprechen. Mit Englisch kommt man übrigens im Baltikum, aber auch in St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark bestens zurecht! Wie dem auch sei - die Pizza schmeckte hervorragend! Zurück im Hotel nahmen wir noch ein "Gute-Nacht-Bier" zu uns und begaben uns dann zur Ruhe.
Fr. 18.05.2012
Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Ton.
Und schon wieder ging es auf die Fähre - diesmal allerdings nur ein kurzes Stück von Klaipeda bis zur kurischen Nehrung. Durch den litauischen National Park "kurische Nehrung" fuhren wir nach Nida und weiter bis unmittelbar zur russischen Grenze. Bis nach Kaliningrad sind es von hier aus nur noch 86 km. Hohe Sanddünen prägen bei Nida das Landschaftsbild.
Zurück über Klaipeda machten wir uns dann auf den Weg zum Zemaitijos Nacionalinis Parkas.
Mal abgesehen von dem Nationalpark war die Strecke gezeichnet von flachem Land mit riesigen Feldern und geraden, wie von einer Schnur gezogenen Straßen. Auch die erste Schotterpiste war in hervorragend gutem Zustand und schnurgerade. Unsere weitere Tour führte uns nach Siauliai und angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit suchten wir uns eine Unterkunft. Die Fußgängerzone von Siauliai ist sehr hübsch und in einem netten Lokal haben wir sehr gut gegessen - Steak mit Kartoffeln und Gemüse für umgerechnet ca. 12 EUR. Mit ein paar Bier ließen wir den Abend ausklingen.
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Sa. 19.05.2012
Nur einige wenige Kilometer von Siauliai entfernt besichtigten wir den Berg der Kreuze - einen beeindruckenden Wallfahrtsort in Litauen. Nach der dritten polnischen Teilung wurde Litauen Teil des russischen Reiches. Im Novemberaufstand 1830/31 sowie im Januaraufstand 1863/64 rebellierten Polen und Litauer gegen die russische Obrigkeit. Beide Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Zu dieser Zeit sollen die Bewohner der Umgebung begonnen haben auf dem Hügel Kreuze für ihre bei den Aufständen getöteten Angehörigen aufzustellen, von denen sie nicht wussten, wo diese begraben sind.
Bei sommerlichen Temperaturen und immer noch strahlend blauem Himmel fuhren wir weiter Richtung Lettland. Auch hier war die Landschaft flach und weit. Riesige Felder, einzelne Gehöfte, teils neue moderne Häuser aber auch uralte Holzhäuser säumten die Straßen. An den meisten Häusern waren Satellitenschüsseln sichtbar.
Auch hier fanden wir einige Schotterstrecken in sehr gutem Zustand. Unterwegs kauften wir Brot, Käse und örtliches Mineralwasser ein. Ein Glück, dass wir das Wasser sogleich probierten - es schmeckte äußerst salzig. Zurück im kleinen Laden griffen wir dann doch zum Wasser aus der Fuldaquelle.
Pünktlich um 12 Uhr mittags passierten wir die Grenze zu Lettland, die wir lediglich an der Beschilderung erkannten.
Zur Mittagsrast ließen wir uns an einer Bushaltestelle am Straßenrand nieder, kochten Kaffee und Tee und ließen uns das Brot mit Käse, Wurst und Tomaten schmecken.
Gegen 15.30 Uhr kamen wir in Riga an und bezogen ein Hotel direkt am Rande der Fußgängerzone.
In Riga war an diesem Samstag Tag der offenen Museen und die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Überall befanden sich lange Schlangen vor den einzelnen Museen. Direkt vor unserem Hotel spielte in der Fußgängerzone eine Musikgruppe - Schlagzeug, 2 Trompeten, 1 Tuba, 1 Zugposaune. Die Musik war sehr gut und mitreißend.
Auffallend viele hübsche lettische Frauen und Mädchen hatten sich ebenso wie die Stadt "herausgeputzt" und flanierten durch die Fußgängerzone. Nach einer stärkenden leckeren Mahlzeit schlenderten auch wir durch die Stadt. Vor dem Hotel hörten wir noch etwas der Musikgruppe zu. Als ich mich umdrehte stand plötzlich Günther, den wir auf der Fähre nach Klaipeda kennengelernt hatten, vor uns. Unser Wiedersehen mussten wir natürlich mit ein paar Bierchen feiern.
Günther ist ein unheimlich geselliger Typ, der bisher schon ganz schön in der Welt herumgekommen ist - vor allem im Osten - und von daher einige Geschichten zu erzählen hatte. Wie manche Matrosen in jedem Hafen ein Mädel haben, hatte er scheinbar in einigen Städten seine weiblichen Bekanntschaften, natürlich auch in St. Petersburg. "Oouuuuh, wenn ihr da hin fahrt, lasst ja die Finger von meiner Natuschka!". Es wurde ein kurzweiliger Abend mit viel Spaß und Gelächter!
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So. 20.05.2012
Die Abfahrt aus Riga gestaltete sich etwas schwierig. Direkt vor unserem Hotel war die Straße wegen einem Stadtlauf gesperrt. Unsere Motorräder hatten wir in einem Parkhaus einige hundert Meter vom Hotel entfernt untergestellt und es dauerte einige Zeit bis wir zum Hotel vorfahren konnten. Etliche Teilnehmer des Stadtlaufes mussten wir bei der Ausfahrt aus dem Parkhaus passieren lassen, bevor der wirklich nette und freundliche Polizist die Strecke für uns frei gab.
Vor dem Hotel sprach uns ein deutsches Ehepaar an. Als wir erläuterten wo wir herkamen und was wir auf unserer Tour noch vor uns hatten waren sie ganz begeistert. Sie seien auch Motorradfahrer, aber derzeit ohne Moppeds auf Ostsee-Kreuzfahrt. Eine ganze Weile plauderten wir mit ihnen bis wir bemerkten, dass wir doch so langsam weiter müssten.
Aus der Stadt rauszukommen erwies sich wegen der durch den Stadtlauf teilweise gesperrten Straßen als etwas schwierig. Nach einer "Sonderrunde" schafften wir es aber. Zunächst führte uns die Strecke nach Sigulda. Am Rande eines Naturparks gibt es hier eine mittelalterliche Burg zu besichtigen.
Weiter ging es auf kleinen Sträßchen Richtung Estland. Auch hier fanden wir meist flaches Land und riesige Felder vor. Kurz vor Limbazi legten wir an einem idyllischen Platz an dem gleichnamigen (Limbazi-) See unsere Mittagspause ein. Der Bootssteg wurde von mehreren Anglern benutzt, die einige Fische in ihren Köchern hatten. Wir zogen als Mahlzeit aber Brote mit leckerem Käse und Wurst den Fischen vor.
Ursprünglich wollten wir bis Kloostri im Matsalu-Nationalpark fahren und dort eine Unterkunft suchen. Über Schotter und Lehm erreichten wir den Ort. Allerdings fanden wir dort lediglich ca. 5 Häuser und keine Unterkunft - zumindest keine adäquate. Zu sehen waren auch weitaus mehr Tiere - Kühe, Schweine, Hühner, Katzen und Hunde - als Menschen. Wahrscheinlich wäre es hier einfacher gewesen, einen Platz im Stall als ein Bett zu bekommen. Kurzerhand beschlossen wir, bis nach Tallinn weiterzufahren.
In Tallinn mieteten wir uns im Sokos-Hotel ein. Die sehr hübsche und äußerst nette Lagle gab uns ein Zimmer im 20. Stock mit einer herrlichen Aussicht über die Stadt. Das Sokos-Hotel war bei der Eröffnung 1972 das erste Hochhaus der Stadt. Das Hotel diente seinerzeit als Interhotel, in dem hauptsächlich Gäste aus dem nicht-sozialistischen Ausland untergebracht wurden. Im 23. Stock des Hotels hatte sich der KGB eingerichtet und Abhöranlagen installiert. Durch die hier installierte Überwachungszentrale des sowjetischen Geheimdienstes konnten zahlreiche Hotelzimmer akustisch und visuell überwacht werden.
Nach dem Einchecken im Hotel unternahmen wir einen ersten Erkundungs-Spaziergang durch Tallinn. Tallinn verfügt über eine sehr schöne mittelalterliche Altstadt. Das Mittelalter wird hier regelrecht vermarktet. Überall finden sich alte oder auf alt getrimmte Lokale wie beispielsweise die "Olde Hansa". Von Personal in alten Trachten wird man hier bedient.
Auffallend und aus unserer Sicht recht negativ waren die vielen betrunkenen Passanten in der Stadt - dem Anschein nach meist finnischer Herkunft. Scheinbar führt die Nähe zu Finnland (mit der Fähre sind es nur wenige km) sowie die im Vergleich zu Finnland erheblich günstigeren Preise für Alkohol zu diesen unschönen Auswüchsen.
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Mo. 21.05.2012
Der Umstand, dass wir bereits am Vortag bis nach Tallinn fuhren, bescherte uns einen motorradfreien Besichtigungstag in Tallinn. Unser Frühstücksraum war von vielen lautstarken Finnen bevölkert. Nach dem Frühstück begaben wir uns auf Erkundung durch den historischen Teil der mittelalterlichen Stadt. Durch die Unterstadt begaben wir uns zum Domberg. Hier konnte uns ein Este, der sehr gut Deutsch sprach, einige Informationen über die Geschichte der Stadt geben.
Nachmittags ließen wir uns in einem Cafe am Marktplatz nieder und schauten dem Treiben in der Stadt zu. Punkerinnen zeigten ihre Tanzkünste und nahmen sich gegenseitig per Video auf. Auch 3 Break-Dancer zeigten ihre eindrucksvollen akrobatischen Kunststücke, bis die Ordnungspolizei einschritt. Für mich unverständlich - ich fand die Break-Dancer wesentlich angenehmer wie die vielen Betrunkenen Passanten, um die sich niemand kümmerte.
Direkt zwei Tische neben uns ließ sich ein russisch sprechendes, betrunkenes Paar mittleren Alters nieder. Bald darauf kam ein junger Bettler vorbei, der auf einem Schild kein Blatt vor den Mund nahm "I need help! Give me money for vodka and cigarettes!". Der betrunkenen, russisch sprechenden Frau hat das überhaupt nicht gefallen, sie beschimpfte den jungen Bettler aufs übelste: "Verpiss dich! - Hau ab! - Geh arbeiten!" Etwas unkoordiniert stand sie auf, trat nach dem Bettler und wollte ihm den Sammel-Becher aus der Hand schlagen. Wegen ihrer durch die Trunkenheit doch etwas sehr beeinträchtigten Standfestigkeit konnte sie sich dabei nur mühsam auf den Beinen halten und verfehlte natürlich ihr Ziel. Kein schöner Anblick und nicht lustig!
Di. 22.05.2012
Wir verließen Tallinn in Richtung Osten und schon bald bogen wir links ab zum Lahemaa-Nationalpark. Ein schönes kleines Sträßchen führte uns nach Käsmu. Der Ort wird auch als "Dorf der Kapitäne" bezeichnet, da sich früher hier eine Marineakademie befand. Diese Zeit brachte es mit sich, dass Käsmu als Anlaufstelle von Schmugglern (Alkohol, Salz, Fische) eine gewisse Berühmtheit erlangte. Heute ist das Dorf von schönen Holzvillen mit Gärten geprägt.
Eine wunderschöne, vereinzelt geschotterte Strecke führte uns in weiten Teilen unmittelbar entlang der Ostseeküste weiter nach Narva. Unterwegs rasteten wir unmittelbar an der baltischen See.
In Narva angekommen suchten wir uns ein Hotel und machten uns anschließend per Pedes zu einer Besichtigungstour auf. Als östlichste Stadt Estlands liegt Narva direkt an dem gleichnamigen Grenzfluß zu Russland. Unmittelbar an der Brücke über die Narva befindet sich auf estischer Seite die Hermannsfeste - eine gewaltige Festung, die von den Dänen gegründet und im späteren Verlauf der Zeit an den Deutschen Orden verkauft wurde. Ihr gegenüber liegt auf der russischen Seite die Festung Iwangorod. Eine Besichtigung der Hermannsfeste ließen wir uns natürlich nicht entgehen.
Die Brücke über die Narva ist von Zäunen und weitläufigen Grenzanlagen gesäumt. Dem Grenzübertritt am nächsten Tag sahen wir mit einiger Spannung entgegen.
Zurück im Hotel widmeten wir uns einem vorzüglichen Abendmahl und ließen ein paar Bier unsere durstigen Kehlen entlang laufen.
Mi. 23.05.2012
Früh am Morgen machten wir uns auf, um den Grenzübertritt nach Russland in Angriff zu nehmen.
Naiv wie wir waren, fuhren wir direkt zur Grenze vor und wurden dort von einem estischen Zollbeamten wieder zurück zu einer 2 Kilometer vor Narva befindlichen "Waiting Area" geschickt.
Bei der Fahrt dorthin trafen wir auf ein illustres Motorradfahrer-Trio. Ein Deutscher aus Bamberg war mit seinem amerikanischen Kumpel und dessen koreanischem Freund auf dem Weg zum Nordkap.
Die "Waiting-Area" bestand aus einem größeren Gelände, an deren Einfahrt sich die Zufahrt sogleich auf mehrere Fahrspuren verteilte. Direkt an der Einfahrt befand sich Station 1. Hier mussten wir den Reisepass sowie den Fahrzeugschein vorzeigen. Für 1,10 EUR erhielten wir dort eine Nummer.
Anschließend ging es auf der Fahrspur 3 ca. 200 Meter weiter zur Station 2, an der die Fahrzeugregistrierung stattfand - Kosten: 1,00 EUR.
Nachdem wir diese Hürde gemeistert hatten, durften wir wieder bis zur Grenze vorfahren. Die Abfertigung auf estischer Seite ging dann auch sehr schnell vonstatten.
Wir durften über die Brücke fahren und mussten auf der russischen Seite an einem "Kiosk" anhalten. Eine sehr hübsche russische Zollbeamtin händigte uns ein Formular zur Zollerklärung aus - leider hatte sie nur Vordrucke in russischer Sprache.
Dann ging es zur nächsten Station ein paar hundert Meter weiter. Wir hielten vorher an und widmeten uns dem Ausfüllen der Zollerklärung. Wegen meiner fehlenden russischen Sprach- und Schriftkenntnisse dauerte das natürlich eine Weile. Ein junger Zollbeamter kam auf uns zu und fragte, was wir denn da so lange machen würden. Nachdem er mitbekam, dass wir die Zollerklärung nur auf Russisch vorliegen hatten, verschwand er und kam bald darauf mit einem ganzen Packen Formulare in Deutsch an. Das erleichterte mir natürlich das Ausfüllen erheblich und schon bald konnten wir dann vorfahren.
Zunächst wurden die Personenpapiere, also der Reisepass, mit dem Visum bearbeitet. Dies ging auch recht zügig vonstatten. Anschließend dann eine nachfolgende Station, nur wenige Meter weiter. Hier wurde die Zollerklärung bearbeitet. Eine strenge "Kalinka" sah sich durch ihre dicke Hornbrille die ausgefüllte Zollerklärung ganz genau an. In der Zollerklärung ist in erster Linie das Fahrzeug aufgeführt und weiterhin enthält sie Angaben zu werthaltigen Gegenständen und Devisen. Nachdem "Kalinka" die Erklärung als ordnungsgemäß angesehen hatte, dokumentierte sie dies durch eine wahre Stempelorgie auf der Zollerklärung. Eine Ausfertigung behielt sie ein und die andere erhielt ich und behütete sie bis zur Ausreise wie meinen Augapfel.
Der junge Zollbeamte widmete sich anschließend unseren Motorrädern. Seitenkoffer und Topcase musste ich eigentlich nur per forma öffnen. Kaum waren die Deckel geöffnet, winkte der Zöllner auch schon wieder ab. Er interessierte sich mehr für mein Motorrad: "Was kostet die bei euch? - mhm, neu?" "nein, gebraucht" "mhm, was wiegt die? - mhm; wie schnell fährt die? - mhm; wie schnell seid ihr bisher gefahren? - mhm usw."
Insgesamt dauerten die Formalitäten ca. 2,5 Stunden und waren aus meiner Sicht gar nicht so gewaltig, wie sie von verschiedenen Seiten immer dargestellt werden.
Nun waren wir also drin - in Russland - und waren gespannt, wie die Straßenverhältnisse sich hier in der Realität zeigen würden. Die M11 von Narva nach St. Petersburg war anfangs schon recht heftig. Schlaglöcher und aufgebrochener Teer mit Aufwölbungen erinnerten mich an die rumänische Strecke über den Prislop-Pass. Nur 115 km bis nach St. Petersburg hatten wir zu bewältigen.
Die als berüchtigt beschriebenen Polizeikontrollen haben wir zwar gesehen, aber in weitaus geringerer Anzahl wie allgemein geschildert. Lediglich 2 Kontrollen auf dem Weg nach St. Petersburg - von beiden Kontrollen blieben wir unbehelligt.
Mi. 23.05.2012
Roman hat in St. Petersburg Verwandschaft und mit diesen unseren Besuch abgestimmt. Wir sollten dort auch übernachten können - entweder in ihrer Wohnung in St. Petersburg oder in deren außerhalb gelegenen Datscha (Hütte). Unterwegs bekamen wir Zweifel, ob dies so klappen würde. Roman hatte mehrfach telefoniert und immer wieder den Wunsch geäußert, dass wir uns die Sehenswürdigkeiten St. Petersburgs ansehen wollten. Allerdings wurde von seinem Namensvetter aus St. Petersburg kaum darauf eingegangen.
Entgegen unserem ursprünglichen Plan, beschlossen wir, in St. Peter in einem Hostel oder Hotel unterzukommen und der Verwandschaft lediglich einen Besuch abzustatten.
Durch einen wahnsinnigen Verkehr kämpften wir uns durch St. Peter. Die Fahrweise fand ich dabei in keinster Weise chaotisch - aber der Betrieb auf den Straßen war schon gewaltig! Das hervorragend funktionierende Navi mit den kostenlosen, routingfähigen OSM-Karten erleichterte uns diese Angelegenheit enorm. Leider fanden wir keine passende freie Unterkunft. Hier waren keine Zimmer mehr frei, dort war es zu teuer und an anderer Stelle fehlte ein passender sicherer Platz für unsere Motorräder.
Scheinbar war es doch so bestimmt, dass wir direkt zur Verwandschaft von Roman sollten. Auf dem Weg dorthin fuhr auf einmal eine laut knatternde Harley neben uns. "Habt ihr euch verfahren - wo wollt ihr denn hin?" fragte Ilja, Secretary bei dem Motorradclub "The Hooligans - St. Petersburg" auf russisch. Nachdem wir unser Ziel, den Prospekt Prosveshcheniâ genannt hatten, meinte Ilja "zu dieser Zeit wird das schwierig, da steht ihr stundenlang im Stau!"
Zunächst schleuste er uns auf eine kleine Verkehrsinsel und dort hielten wir einen kleinen Plausch. Sie hätten von ihrem Club aus auch ein Hostel - aber er müsste erst nachfragen, ob dort noch Platz wäre meinte er und griff zum Handy. Es würde geklärt werden und wir sollten zunächst mal eine kleine Pause einlegen und auf einen Kaffee oder Tee mit in ihr Clubheim kommen.
Diese Einladung nahmen wir gerne an. Ilja fuhr voraus und wir schlängelten uns zwischen den Autos durch. Wegen unserer Gepäckkoffer brauchten wir etwas mehr Platz und wenn es einmal eng wurde, ließ Ilja den Auspuff seiner Harley mit einem kurzen Gasstoß brüllen - und schon war eine Gasse frei. Die Jungs von den Hooligans in St. Petersburg scheinen in der Stadt bekannt zu sein und auch einen gewissen Einfluß zu haben.
Recht schnell erreichten wir das in irgendeinem Hinterhof in einer Halle an den Bahngleisen befindliche Clubhaus - garnicht weit vom Newski-Prospekt entfernt. Dort wurden wir von weiteren Hooligans wie alte Kumpels begrüßt. Alexej, der Präsi des Clubs meinte, dass sie leider keinen Platz mehr in ihrem Hostel frei hätten. Das Clubhaus der Hooligans wurde in Eigenleistung hergestellt und präsentierte sich in absolut sauberem Zustand. Auch herrschte Disziplin - im Gebäude bestand beispielsweise Rauchverbot - der große Aschenbecher draußen war aber gut gefüllt!
Bei Kaffee und Tee unterhielten wir uns etwas mit den Hooligans. Auf meine Frage, wie viele Mitglieder der Club hätte, antwortete Alexej ganz lapidar und kapp: "Genug!"
Nach einer Weile war es an der Zeit, Abschied zu nehmen und uns auf den Weg zu Romans Verwandschaft zu machen. Vladimir wurde abkommandiert, setzte sich auf seine Harley und führte uns auf Schleichwegen recht schnell auf den richtigen Weg.
Mi. 23.05.2012
Die größeren Straßen in St. Petersburg werden Prospekt genannt. Den Prospekt Prosveshcheniâ hatten wir dann auch schnell erreicht und wurden dort von dem St. Petersburger Roman und seiner Schwester Marina begrüßt. Dann ging es in deren Wohnung. Mit hiesigen Verhältnissen ist das kaum zu messen. Ein mehrstöckiger Betonbunker in ziemlich heruntergekommenem Zustand. Mit einem Fahrstuhl, der seine besten Zeiten schon eine Ewigkeit hinter sich hatte, ging es nach oben. Ein Flur führte zur Wohnung. Diese bestand aus einem weiteren schmalen und kurzen Flur, 2 Zimmern, einer kleinen Küche, Toilette und einem kleinen Dusch-Bad. Hier lebten Roman, seine Mutter, seine Schwester Marina mit ihrem Mann und ihrem 3 jährigen Sohn. Als Luxus besaßen sie außerhalb von St. Peter eine Datscha und dort sollten wir auch übernachten. Folglich machten wir uns auch recht schnell auf den Weg zu der Hütte.
Während Roman und ich unsere Motorräder betankten, kauften Roman2 (wegen der Namensgleichheit nenne ich den St. Petersburger Roman jetzt so), seine Schwester und sein Schwager noch in einem Supermarkt ein und dann ging es ca. 30 km in nördlicher Richtung zur Hütte. Marina und ihr Mann verabschiedeten sich recht schnell.
Als erstes mussten wir Holz hacken und ein Feuer entfachen. Der Ofen war aus Klinkersteinen selbst gebaut mit einer Stahlplatte oben drauf. Zur Luftregulierung war im Kamin ein Schieber angebracht. So richtig dicht war diese ganze Vorrichtung natürlich nicht. Dichter Qualm zog zunächst durch die Hütte, bis das Feuer im Ofen richtig brannte. "Sch...., da gehen wir die Nacht mit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung drauf!" entfuhr es mir. Fließendes Wasser gab es nicht in der Hütte und da Roman und ich nicht auf unsere Dusche verzichten wollten, mussten wir zunächst aus großen Wasser-Korbflaschen einen Topf füllen und das Wasser auf dem Ofen erhitzen. Die Dusche fand dann draußen mit Hilfe eines Kruges statt.
Ganze 6 Flaschen Bier hatte Roman2 eingekauft, wovon er 4 Stück selber trank. Aber es fand sich noch eine Flasche Vodka und Orangensaft, über die Roman und ich uns hermachten. Als Snack gab es getrockneten Fisch - nicht so ganz mein Fall. Scheinbar hatte Roman2 das gemerkt: "Wenn du keinen Fisch magst - ich habe noch was anderes!" Er öffnete eine Verpackung und öffnete das "Andere" - geröstete Kalamares. Wahre Begeisterungsstürme löste Roman2 bei Roman und mir aus: "Ihr habt doch bestimmt Hunger - ich habe noch Fisch in Dosen!" Angesichts dieser Aussichten verzichteten wir auf das Abendmahl und widmeten uns dem Vodka.
Als wir Roman2 dann von unserer Begegnung mit dem MC The Hooligans und unserer Fahrt durch die Stadt berichteten, meinte er: "Prima, dann habt ihr ja schon alles gesehen und könnt am Sonntag direkt von hier aus die Straße nach Finnland benutzen."
Die Zeiger der Uhr bewegten sich bereits in Richtung früher Morgen, als wir uns zur Ruhe begaben - Roman in der einen, ich in der anderen Ecke jeweils in einem großen Bett und Roman2 auf einer Couch. Gott sei Dank war zumindest die Schlafstätte sauber!
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Do. 24.05.2012
Trotz alledem gut ausgeschlafen wachte ich in der Hütte auf. Es war vom Ofen her immer noch recht warm - mir persönlich entschieden zu warm - und es roch nach Fisch! - bestialisch nach Fisch! Ich flüchtete ins Freie. Für mich stand nicht erst ab diesem Moment fest, dass ich hier nicht noch einen Tag oder gar mehrere Tage verbringen wollte. Nachdem Roman aufstand und ebenfalls nicht gewillt war, dort länger zu bleiben, suchten wir mittels der Navi-Software ein Hotel im Zentrum von Piter, wie St. Petersburg liebevoll von seinen Einwohnern bezeichnet wird.
Das M-Hotel liegt in unmittelbarer Nähe zum Nevskij-Prospekt, der ca. 4,5 km langen Prachtstraße im historischen Zentrum von St. Petersburg. Sogar eine Telefonnummer war angegeben und Roman erfuhr im telefonischen Gespräch mit der netten Katarina, dass dort sowohl freie Zimmer zu einem annehmbaren Preis (ca. 50 EUR pro Pers und Nacht inkl. Frühstücksbuffet) verfügbar, als auch ein sicherer, bewachter und im Preis enthaltener Parkplatz für unsere Motorräder vorhanden sei.
Wir packten unsere Sachen, weckten Roman2, der noch immer auf der Couch schlief und verabschiedeten uns.
Sogar der Feldweg, der in die Einöde zur Hütte - und auch wieder heraus - führte, war in der Navi-Karte enthalten und so wurden wir sicher ins Zentrum von St. Petersburg zum M-Hotel geführt. Die Verkehrsverhältnisse waren an diesem Tag auch nicht annähernd so gewaltig wie am Vortag.
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Das M-Hotel präsentierte sich sehr freundlich und sauber! Auch Katarina, Maria und Olga an der Rezeption waren äußerst zuvorkommend und nett. An dieser Stelle kann ich das M-Hotel für einen Aufenthalt in St. Petersburg uneingeschränkt und wärmstens empfehlen - falls es mich irgendwann einmal wieder nach St. Petersburg verschlagen sollte, werde ich mit Sicherheit wieder hier logieren!
Nachdem wir das Zimmer bezogen und uns frisch gemacht hatten, erkundeten wir per Pedes die Stadt.
Do. 24.05. - Fr. 25.05. - Sa. 26.05.2012
Als erstes zog es uns zum Nevskij-Prospekt, der wohl bekanntesten Straße St. Petersburgs und eine der berühmtesten Straßen Russlands. An der ca. 4,5 km langen Straße sind eine ganze Reihe von historischen, prachtvollen und beeindruckenden Bauten zu bewundern. Ebenso sind hier zahlreiche Geschäfte, Boutiquen und Cafes zu finden. Zunächst ließen wir bei einem "Baltika"-Bier die Atmosphäre der Stadt und insbesondere des Nevskij-Prospektes auf uns wirken. Der Kiosk mit Terrasse sollte zu unserer "Stammkneipe" werden. Unmittelbar daneben unterhielten einige Straßenmusiker mit guter Musik ein buntes Publikum.
Wäre nicht überall die russische Schrift auf den Reklamen zu sehen, hätte man vom Gefühl her genauso gut in einer europäischen Metropole sein können. Als "Venedig des Nordens" erinnerten mich die Kanäle eher an die Grachten in Amsterdam - zumindest bis wir zur Newa kamen. Dort war dann alles im wahrsten Sinne des Wortes etwas weitläufiger. Unser Besichtigungsprogramm spulten wir übrigens komplett per Pedes ab und sind in den wenigen Tagen in "Piter" bestimmt an die 30 km - 40 km gelaufen.
Überhaupt scheint hier alles ein wenig größer zu sein - breite Prospekte, riesige Plätze und auch viele langbeinige Schönheiten auf Stöckelschuhen mit beängstigend hohen Absätzen. Zahlreiche Schulabgänger feierten "herausgeputzt" ihren Abschluss.
Soviele Stretch-Limos hatte ich innerhalb so kurzer Zeit noch nie gesehen, ebenso wie unzählige Luxus-Autos. Rolls-Royce, 500er AMG-Mercedes, Ferrari, BMW X6, Audi Q7, Porsche Chayenne etc. waren hier massenhaft vertreten. Aber auch alte Wolgas und Dacias waren zu sehen. Beim Überqueren des Nevskij-Prospekts hielten 2 Motorräder an und Vladimir, der uns am Vortag auf Schleichwegen durch die Stadt lotste, begrüßte uns freudig. Nach einem kurzen Plausch mitten auf der Straße verabschiedeten wir uns von ihm und setzten unseren Weg fort.
Obwohl die weißen Nächte Mitte bis Ende Juni beginnen, setzte erst gegen 23.00 h die Dämmerung ein und auch nachts war immer noch ein heller Streifen am Horizont zu sehen. Das nachstehenden Foto wurde abends um 23.12 h bzw. gegen 24.00 h aufgenommen.
Auf dem Schloßplatz, vor dem Winterpalast, kamen zwei junge Russinnen in Uniform auf mich zu. Ihr Angebot, sich gegen einen kleinen Obulus mit mir ablichten zu lassen, konnte ich nicht ausschlagen!
Der Schloßplatz mit der Alexandersäule ist schon riesig und wahnsinnig weitläufig und beeindruckend.
Einen Besuch des Winterpalastes und der Eremitage, eines der größten und bedeutendsten heutigen Kunstmuseen der Welt, ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Neben den Exponaten waren ebenso die prachtvollen Säle wahnsinnig beeindruckend. Ein asiatisches Ehepaar war von den Eindrücken scheinbar so "erschlagen" und müde, dass sie ein kleines Nickerchen in der Eremitage einlegten.
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Weiter ging es von hier aus zur Peter-und-Paul-Festung auf der Haseninsel. Die Festungsanlage bildet den Ursprung und das historische Zentrum St. Petersburgs.
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Später standen dann u. a. noch die Moschee und die Aurora, ein Kriegsschiff der kaiserlich russischen Marine und Symbol der Oktoberrevolution von 1917 auf dem Programm, bevor wir wieder auf die andere Seite der Neva wechselten. Die Aurora war nicht nur bei den vielen Schulabgängern ein beliebtes Fotomotiv!
An der Auferstehungskirche vorbei gelangten wir wieder zum Nevskij-Prospekt. Auch die Isaakskathedrale durfte bei unserem Sightseeing-Programm natürlich nicht fehlen.
kleine Diashow von der Aurora:
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Die ganze Zeit fragten wir uns, wo die St. Petersburger, die sich die Preise in den überwiegend noblen Geschäften des Nevskij-Prospektes nicht leisten können, eigentlich einkaufen. Ursprünglich auf dem Weg zur Post entdeckten wir gar nicht so weit von der Prachtstrasse entfernt in einigen Hinterhöfen einen großen Markt - den Apraksin Dvor. Natürlich wurden wir angesprochen und gefragt, was wir suchen und ob man uns helfen könnte. Roman wollte als Souvenir für seine Söhne Fußball-Trikots kaufen. Ein "Schleuser" übermittelte uns an einen Kollegen, der uns durch ein Wirrwar von Gassen in einen Kellerladen führte. Dort wurde Roman fündig und musste den Kaufpreis nicht etwa an die Verkäufer, sondern an den "Schleuser" zahlen. Auch einen Laden mit Motorrad-Teilen fanden wir in dem Wirrwar.
An dem Wochenende war Stadtfest in Piter. Jedes Jahr zum 27. Mai wird die Gründung von St. Petersburg gefeiert - wir erlebten den 308. Geburtstag live mit. Den Nevskij-Prospekt hatten sie komplett für Fahrzeuge gesperrt und Menschenmassen flanierten über die Prachtstraße. Überall wurden die Menschen mit Musik und sonstigen Darbietungen unterhalten. Für die Sicherheit sorgte neben der Polizei auch das Militär. Scheinbar hatten diese aber nichts zu tun. So eine friedliche Stimmung bei solchen Menschenmassen hatte ich bisher selten erlebt. Die ganzen Tage in St. Petersburg hatte ich keinen Augenblick das Gefühl von Unsicherheit oder gar Bedrohung! Wir ließen uns von der ausgelassenen Stimmung anstecken und fanden erst spät in der Nacht den Weg ins Hotel.
So. 27.05.2012
Leider hieß es schon wieder Abschied nehmen von St. Petersburg. Scheinbar waren die meisten St. Petersburger noch etwas müde von der Geburtstagsfeier der Stadt. Zumindest präsentierten sich die Prospekte an diesem Morgen mit relativ wenig Verkehr. Je weiter wir aus Piter rauskamen, umso schlechter wurden die Straßen.
Wir folgten der parallel zur M10 verlaufenden A125 in nordwestlicher Richtung. Bei Vyborg wechselten wir dann auf die M10 bis zur finnischen Grenze. Auch an diesem Tage blieben wir von russischen Verkehrskontrollen weitestgehend verschont. Lediglich 2 Kontrollen bekamen wir zu Gesicht. Bei der Ersten wurden wir sogleich durchgewunken. Bei der Zweiten mussten wir anhalten und wurden nach unseren Reisepässen gefragt. Doch bevor wir diese aus unseren Taschen gezogen hatten, durften wir schon wieder weiterfahren. Die teilweise in diversen Foren beschriebenen schikanösen Kontrollen mit Abzocke können wir nach unserer Erfahrung in keinster Weise bestätigen.
An der Grenze angekommen waren die Grenzformalitäten auf der russischen Seite ruck-zuck erledigt. Irgendeine "Kalinka" versah jeden der zahlreichen Stempel unserer Zollerklärung mit einem Kontrollstempel und nach nicht einmal 10 Minuten fuhren wir durchs Niemandland zu der finnischen Grenzabfertigung. Die Finnen ließen sich wesentlich mehr Zeit mit der Abfertigung. Aus der Warteschlange wurden per Ampelschaltung immer 5 Fahrzeuge bis zur Schranke vorgelassen. Dort angekommen, mussten die Fahrzeuge verlassen werden und eine Polonaise begab sich ins Zollgebäude. In einem erhöhten "Kiosk" saßen dann die Grenzbeamten und verglichen gaaanz streng die Fotos der Reisepässe mit der Wirklichkeit. Scheinbar bestand hier bei uns kein allzu großer Unterschied - mit einem kurzen Nicken des Grenzbeamten konnten wir unseren Weg fortsetzen. Durch den Hinterausgang ging es wieder zu den Fahrzeugen, die Schranke öffnete sich und wir waren drin - in Finnland.
Finnland präsentierte sich mit viel Wald, geraden Straßen, wenig Verkehr und unverschämten Preisen - nicht nur für alkoholische Getränke!. Eine 0,33l Dose Cola an der Tankstelle schlug beispielsweise mit sagenhaften 3,50 EUR - in Worten: Drei Euro und fünfig Cent - zu Buche. Gut, dass wir uns in St. Petersburg noch mit dem leckeren und preiswerten "Baltika-Bier" eingedeckt hatten!
Vor Helsinki - in Porvoo - suchten wir uns ein Quartier und ließen den Tag ausklingen.
Mo. 28.05.2012
Bis nach Helsinki waren es nur noch wenige km. Dort angekommen fuhren wir zunächst zum Fährhafen. Die Zeit bis zum Einchecken verbrachten wir im Hafenviertel. An einem Marktstand entdeckte Roman ein witziges T-Shirt. Vom Baltikum und von St. Petersburg waren wir gewohnt, um den Preis zu feilschen. Das T-Shirt war mit 12 EUR ausgezeichnet und wir starteten einen Versuchsballon mit "I give you eight Euro for this Shirt!". Von dem etwas kleineren, etwas fülligeren, etwas stark blondierten Standbetreiber alá D.J. Bobo bekamen wir die äußerst unfreundliche Antwort: "Why you give me eight ??? - My Price is twelve!!!!" Sprach er und drehte uns seine ebenfalls etwas fülligere Rückseite zu.
Bis zum Einchecken auf der Silja Serenade hatten wir noch etwas Zeit und so schauten wir uns noch ein paar Sehenswürdigkeiten der finnischen Hauptstadt an - darunter natürlich den unmittelbar beim Hafen am Senatsplatz befindlichen Dom sowie die Uspenski-Kathedrale, die größte orthodoxe Kirche in Westeuropa.
Nachdem die "Silja Serenade" freigegeben wurde und ihr Bauch sich öffnete ging das Einchecken schnell und problemlos vonstatten. Ebenso schnell hatten wir unsere Kabine bezogen und machten uns zu einem Erkundungsgang auf. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Helsinki wurden wir noch einige Zeit von gut motorisierten Schlauchbooten des finnischen Zolls begleitet, die unsere Fähre zum Üben von Anlegemanövern in Fahrt benutzten.
Glücklicherweise hatten wir bereits im Vorfeld die Verpflegung auf der Silja Serenade mitgebucht. Was dort zum Abendbuffet aufgetischt wurde, war schon äußerst beeindruckend und alleine das Probieren einiger Delikatessen geriet bereits zur Völlerei.
Nach einem ausgedehnten Verdauungsspaziergang über die ganze Fähre begaben wir uns schließlich zur Ruhe.
Di. 29.05.2012
Nach dem leckeren und reichhaltigen Frühstück bestaunten wir von Deck aus, wie die Fähre sich zwischen den vielen kleinen Inseln vor Stockholm durchschob. Es dauerte eine ganze Weile bis wir anlegten und der Bauch der Silja Serenade sich schließlich öffnete. Da wir in Helsinki zuerst in das unterste Deck einfahren durften, mussten wir bei der Ausfahrt leider bis zum Schluß warten.
In Schweden fanden wir die Strecke wieder ansprechender - die teils kleinen und kurvigen Straßen waren schon eher nach unserem Geschmack. Viele Straßen schlängeln sich um die zahlreichen Gewässer. Nach Skanssundet gelangten wir über die gleichnamige Straße. Hier mussten wir 20 Minuten auf die Abfahrt der Fähre warten - dafür war die Benutzung dieser zur Abwechslung aber kostenfrei! Nach ca. 400 Meter Überfahrt konnten wir die Fähre wieder verlassen. Weiter schlängelte sich die Straße in Richtung Südwesten.
Auf der weiteren Strecke bekamen wir sogar Elche zu Gesicht! Schließlich erreichten wir Kisa und hielten hier Ausschau nach einer Herberge für die Nacht.
Mi. 30.05.2012
Nach einem guten und reichhaltigen Frühstück zog es uns weiter in den Südwesten von Schweden. Die Landschaft wurde flacher und riesige Felder säumten die Straßen.
Schon vor Malmö erblickten wir die riesige Öresundbrücke. Es dauerte dann aber doch noch eine ganze Weile, bis wir die östliche Rampe erreichten. Die weltweit längste Schrägseilbrücke für Straßen- und Eisenbahnverkehr kann durchaus als weiteres Weltwunder angesehen werden. Die östliche Rampe führt über ca. 4 km auf die eigentliche Öresundbrücke, die nach etwa 1 km in die ca. 3 km lange westliche Rampe übergeht. Diese endet auf der künstlich aufgeschütteten Insel "Peberholm". Von hier aus geht es durch einen ca. 4 km langen Unterwassertunnel nach Kopenhagen. Um die Anflugschneise des Kopenhagener Flughafens nicht zu beeinträchtigen, war der Tunnel erforderlich. Leider gab es keinen "Aussichtspunkt" um in Ruhe Fotos von der beeindruckenden Brücke machen zu können. Also musste der Standstreifen hierzu herhalten.
Kaum waren wir in Dänemark wurde das Wetter schlechter und bei der Fahrt durch Kopenhagen begann es zu tröpfeln. Vom Erscheinungsbild her erinnerte Kopenhagen mich sehr an niederländische Städte - nicht nur durch den Baustil der Häuser und die vielen Fietsen (Fahrräder).
Einige km außerhalb von Kopenhagen in Greve-Strand buchten wir uns wieder in einem Hotel ein. Dem Hotel angeschlossen war ein Steakhouse mit Bistro. So kurz vor Abschluss der Reise wollten wir uns was Gutes tun und dachten dabei zunächst mal an ein großes saftiges Steak. Allerdings verschlug der auf der Speisekarte dafür vorgesehene Preis uns glatt die Sprache. Umgerechnet sollten wir dafür happige 37 Euro bezahlen - pro Steak natürlich! Das überstieg dann doch unser Budget und so gönnten wir uns einen "preiswerten" Burger, der "nur" mit 15 Euro zu Buche schlug. Wir fragten uns, ob die Menschen in Skandinavien wirklich so viel mehr Lohn kassieren, dass sie sich diese Preise leisten können.
Auf diesen Schreck hin, machten wir uns über die letzen beiden Flaschen des leckeren russischen Baltika-Bieres her. Ein kleiner Spaziergang an den nur wenige Meter entfernten Strand rundete diesen Abend ab.
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Do. 31.05.2012 u. Fr. 01.06.2012
Dunkle Regenwolken und auch ein paar Tropfen begrüßten uns am Morgen. Zunächst fuhren wir auf der Landstraße weiter Richtung Süden. Doch schon bald regten uns die vielen Ampeln und die schnurgerade Streckenführung auf. "Dann können wir auch die Autobahn nehmen!" waren Roman und ich uns schnell einig. Die E47 führte uns dann ohne nervige Ampeln zügig nach Rodby zur Fähre nach Puttgarden. Ein letztes Mal auf dieser Tour die Motorräder im Bauch einer Fähre verzurren und schon verließen wir Dänemark.
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Auf Fehmarn in Deutschland angekommen, wurden die Wolken immer dunkler. So schauten wir, dass wir schnell nach Hamburg zu unserer letzten Station der Tour kamen. Unmittelbar am Rande der Altstadt bezogen wir Quartier. Kaum hatten wir die Motorräder in der Tiefgarage geparkt, öffneten sich die Wolken und es regnete was das Zeug hielt. Das hielt uns natürlich nicht davon ab, nach der Stärkung durch ein saftiges Steak (wesentlich preiswerter als in Dänemark!), einen Reeperbahnbummel zu unternehmen. In der kurzen Zeit hier in Hamburg sahen wir mehr Obdachlose wie auf der ganzen übrigen Tour.
Nach einem letzten ausgiebigen Frühstück machten wir uns dann auf den Heimweg. Der Regen hatte zwar aufgehört aber dunkle Wolken zogen immer noch am Himmel vorbei. Also erst mal auf die Regenkombi verzichtet und los. Kurz vor Hannover auf dem Rastplatz Allertal verabschiedete ich mich von Roman. Die ein und andere Schauer begleitete mich die restlichen Kilometer. Erst im Rheintal angekommen wurde es etwas besser. Von der Autobahn hatte ich genug und so fuhr ich die letzte Strecke durch das Ahrtal und am Nürburgring vorbei auf Landstraßen nach Hause.
2012 - 05 - Ostsee-Umrundung
Roman | Suzuki Bandit 600 | |
Gerd | BMW R 1200 GSA |
Für 2012 hatte ich mir die Umrundung der Ostsee vorgenommen.
Das Baltikum (Litauen, Lettland, Estland), Russland mit St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark sollten auf alle Fälle auf dem Programm stehen.
Meine rumänischen Freunde Adi und Martin wollten unbedingt mit von der Partie sein, wurden aber leider durch berufliche und familiäre Dinge ausgebremst.
Auch aus dem Kreise meines Internetforums "Moselbikers.de" bestand anfangs Interesse. Allerdings konnte oder wollte hier keiner die ca. 3 Wochen mit in Angriff nehmen.
Über das Motorradreiseforum "Motorradkarawane" bekam ich Kontakt zu Roman aus Kefenrod bei Frankfurt / Main. Er beabsichtigt in 2013 oder 2014 mit dem Motorrad in sein Geburtsland Kasachstan zu fahren und suchte noch Mitfahrer. Für 2012 hatte er noch nichts festes geplant und so entschied er sich recht schnell "Ich habe Verwandschaft in St. Petersburg, die wollte ich schon immer mal besuchen! Mit Motorrad ist das noch besser! Ich fahre mit!".
Da Roman perfekt russisch spricht, brauchte ich mir auch keine allzu großen Gedanken mehr um meine diesbezüglichen sprachlichen Defizite zu machen.
Letztendlich einigten wir uns auf 17 Tage im Mai. Von Kiel aus mit der Fähre nach Klaipeda in Litauen, über Riga und Tallinn nach St. Petersburg, weiter nach Helsinki, von dort mit der Fähre nach Stockholm, durch Schweden über die Öresundbrücke nach Dänemark, mit der Fähre nach Fehmarn und wieder zurück sollte die Tour gehen.
Die Strecken plante ich wie gewohnt mittels meiner Navi-Software MapSource. Die hervorragenden Karten für Russland bezog ich kostenlos von HIER klicken
Das für Russland nötige Visum besorgte Roman über eine Nachbarin, die am Frankfurter Flughafen in einem Reisebüro arbeitet.
Mi. 16.05.2012
Am 16. Mai morgens um 06.00 Uhr ging es endlich los. Bei grauem Himmel und dunklen Regenwolken machte ich mich auf den Weg nach Kiel. Angesichts der Wetterlage zog ich schon bei der Abfahrt meine Regenkombi an. Von größeren und heftigen Regenschauern blieb ich aber glücklicherweise verschont. Für die Anfahrt musste ich schon in "den sauren Apfel beißen" und die Autobahn benutzen.
Kurz hinter Hannover auf der A7 traf ich mich auf dem Rastplatz Allertal mit Roman. Die restliche Strecke bis Kiel legten wir gemeinsam zurück. Bereits um 15.00 Uhr trafen wir im Fährhafen ein, nahmen am Schalter der Fähre unsere Tickets in Empfang und hatten noch etwas Zeit. Hier lernten wir Ton aus den Niederlanden kennen. Er war alleine mit seiner BMW R1100 S unterwegs und wollte von Klaipeda aus über die kurische Nehrung nach Kaliningrad. Ansonsten waren wir drei die einzigsten mit Motorrad an Bord.
Es dauerte noch eine Weile, bis sich der Bauch der Fähre öffnete und wir 2 Etagen nach unten gelotst wurden. Die Motorräder mussten wir selbst verzurren, wobei die von mir mitgenommenen Bandschlingen gute Dienste leisteten.
Unser Handgepäck schleppten wir über mehrere Etagen zu unserer Kabine. Nassgeschwitzt kamen wir dort an. Ton musste für die Überfahrt mit einem Liegesessel vorlieb nehmen, da keine Kabinen mehr frei waren. Unser Angebot, seine Sachen in unserer Kabine zu deponieren, nahm er dankbar an.
Nachdem wir uns frisch gemacht und umgezogen hatten, inspizierten wir die Fähre und beobachteten die Ausfahrt aus dem Hafen. Direkt bei der Buchung der Fähre hatten wir im Vorfeld bereits die Verpflegung an Bord mitgebucht - eine gute Entscheidung!. Abends gab es leckeres vom Buffet - sehr schmackhaft und reichhaltig! In der Bar trafen wir auch wieder auf Ton, der sich angeregt mit einer Litauerin unterhielt. Im Verlaufe des Abends lernten wir Günther aus Leipzig kennen. Mit seinem "Kriegsveteranen-Club" wollte er historische Plätze im Baltikum besuchen. Den Abend ließen wir gemeinsam mit ein paar Bier in der Bar ausklingen.
Do. 17.05.2012
Fast den ganzen Tag sollten wir an Bord verbringen. Das reichhaltige Frühstück glich eher einem Brunch-Buffet und so starteten wir gut gestärkt in den Tag. An Deck wurden wir von schönstem Wetter mit strahlend blauem Himmel begrüßt. Obwohl wir an der polnischen Küste entlang fuhren, war kein Land in Sicht.
Ton hatte eine etwas unruhige Nacht hinter sich. Seine litauische weibliche Bekanntschaft vom Vorabend hatte sich den Liegesessel gleich neben ihm ausgesucht und ihm scheinbar den größten Teil der Nacht keine Ruhe gegönnt. Ob er seinem am Vorabend geäußertem Vorsatz "Ich bin alleine unterwegs, suche auch keine Frau, die wartet zuhause!" treu geblieben ist, wissen wir nicht.
Pünktlich um 16.30 Uhr Ortszeit haben wir in Klaipeda angelegt. Bis wir die Fähre verlassen konnten, dauerte allerdings noch eine geschlagene Stunde.
Das Wetter war trotz bewölktem Himmel immer noch gut. Mittels den POI´s vom Navi suchten wir uns eine Unterkunft und fanden diese im Hotel "Park Inn".
Abends gingen Roman und ich zum Akropolis, einem riesigen Einkaufszentrum mit zahlreichen Geschäften, Restaurants und Café´s. In einer Pizzeria ließen wir uns nieder und Roman wollte sogleich seine russischen Sprachkenntnisse an die Frau bringen. "Sprechen Sie russisch?" fragte er die nette Bedienung. Die Antwort war nicht so ganz klar: "Ja! ....ein wenig! ...aber eher doch nicht so richtig!" Scheinbar sind die Schatten der Vergangenheit noch nicht so ganz bewältigt. In Litauen und Lettland sollte es in den nächsten Tagen häufiger vorkommen, dass die Bevölkerung sehr wohl der russischen Sprache mächtig, aber nicht gewillt ist, diese Sprache auch zu sprechen. Mit Englisch kommt man übrigens im Baltikum, aber auch in St. Petersburg, Finnland, Schweden und Dänemark bestens zurecht! Wie dem auch sei - die Pizza schmeckte hervorragend! Zurück im Hotel nahmen wir noch ein "Gute-Nacht-Bier" zu uns und begaben uns dann zur Ruhe.
Fr. 18.05.2012
Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Ton.
Und schon wieder ging es auf die Fähre - diesmal allerdings nur ein kurzes Stück von Klaipeda bis zur kurischen Nehrung. Durch den litauischen National Park "kurische Nehrung" fuhren wir nach Nida und weiter bis unmittelbar zur russischen Grenze. Bis nach Kaliningrad sind es von hier aus nur noch 86 km. Hohe Sanddünen prägen bei Nida das Landschaftsbild.
Zurück über Klaipeda machten wir uns dann auf den Weg zum Zemaitijos Nacionalinis Parkas.
Mal abgesehen von dem Nationalpark war die Strecke gezeichnet von flachem Land mit riesigen Feldern und geraden, wie von einer Schnur gezogenen Straßen. Auch die erste Schotterpiste war in hervorragend gutem Zustand und schnurgerade. Unsere weitere Tour führte uns nach Siauliai und angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit suchten wir uns eine Unterkunft. Die Fußgängerzone von Siauliai ist sehr hübsch und in einem netten Lokal haben wir sehr gut gegessen - Steak mit Kartoffeln und Gemüse für umgerechnet ca. 12 EUR. Mit ein paar Bier ließen wir den Abend ausklingen.
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Sa. 19.05.2012
Nur einige wenige Kilometer von Siauliai entfernt besichtigten wir den Berg der Kreuze - einen beeindruckenden Wallfahrtsort in Litauen. Nach der dritten polnischen Teilung wurde Litauen Teil des russischen Reiches. Im Novemberaufstand 1830/31 sowie im Januaraufstand 1863/64 rebellierten Polen und Litauer gegen die russische Obrigkeit. Beide Aufstände wurden blutig niedergeschlagen. Zu dieser Zeit sollen die Bewohner der Umgebung begonnen haben auf dem Hügel Kreuze für ihre bei den Aufständen getöteten Angehörigen aufzustellen, von denen sie nicht wussten, wo diese begraben sind.
Bei sommerlichen Temperaturen und immer noch strahlend blauem Himmel fuhren wir weiter Richtung Lettland. Auch hier war die Landschaft flach und weit. Riesige Felder, einzelne Gehöfte, teils neue moderne Häuser aber auch uralte Holzhäuser säumten die Straßen. An den meisten Häusern waren Satellitenschüsseln sichtbar.
Auch hier fanden wir einige Schotterstrecken in sehr gutem Zustand. Unterwegs kauften wir Brot, Käse und örtliches Mineralwasser ein. Ein Glück, dass wir das Wasser sogleich probierten - es schmeckte äußerst salzig. Zurück im kleinen Laden griffen wir dann doch zum Wasser aus der Fuldaquelle.
Pünktlich um 12 Uhr mittags passierten wir die Grenze zu Lettland, die wir lediglich an der Beschilderung erkannten.
Zur Mittagsrast ließen wir uns an einer Bushaltestelle am Straßenrand nieder, kochten Kaffee und Tee und ließen uns das Brot mit Käse, Wurst und Tomaten schmecken.
Gegen 15.30 Uhr kamen wir in Riga an und bezogen ein Hotel direkt am Rande der Fußgängerzone.
In Riga war an diesem Samstag Tag der offenen Museen und die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Überall befanden sich lange Schlangen vor den einzelnen Museen. Direkt vor unserem Hotel spielte in der Fußgängerzone eine Musikgruppe - Schlagzeug, 2 Trompeten, 1 Tuba, 1 Zugposaune. Die Musik war sehr gut und mitreißend.
Auffallend viele hübsche lettische Frauen und Mädchen hatten sich ebenso wie die Stadt "herausgeputzt" und flanierten durch die Fußgängerzone. Nach einer stärkenden leckeren Mahlzeit schlenderten auch wir durch die Stadt. Vor dem Hotel hörten wir noch etwas der Musikgruppe zu. Als ich mich umdrehte stand plötzlich Günther, den wir auf der Fähre nach Klaipeda kennengelernt hatten, vor uns. Unser Wiedersehen mussten wir natürlich mit ein paar Bierchen feiern.
Günther ist ein unheimlich geselliger Typ, der bisher schon ganz schön in der Welt herumgekommen ist - vor allem im Osten - und von daher einige Geschichten zu erzählen hatte. Wie manche Matrosen in jedem Hafen ein Mädel haben, hatte er scheinbar in einigen Städten seine weiblichen Bekanntschaften, natürlich auch in St. Petersburg. "Oouuuuh, wenn ihr da hin fahrt, lasst ja die Finger von meiner Natuschka!". Es wurde ein kurzweiliger Abend mit viel Spaß und Gelächter!
{besps}2012_ostsee/04_riga{/besps}
So. 20.05.2012
Die Abfahrt aus Riga gestaltete sich etwas schwierig. Direkt vor unserem Hotel war die Straße wegen einem Stadtlauf gesperrt. Unsere Motorräder hatten wir in einem Parkhaus einige hundert Meter vom Hotel entfernt untergestellt und es dauerte einige Zeit bis wir zum Hotel vorfahren konnten. Etliche Teilnehmer des Stadtlaufes mussten wir bei der Ausfahrt aus dem Parkhaus passieren lassen, bevor der wirklich nette und freundliche Polizist die Strecke für uns frei gab.
Vor dem Hotel sprach uns ein deutsches Ehepaar an. Als wir erläuterten wo wir herkamen und was wir auf unserer Tour noch vor uns hatten waren sie ganz begeistert. Sie seien auch Motorradfahrer, aber derzeit ohne Moppeds auf Ostsee-Kreuzfahrt. Eine ganze Weile plauderten wir mit ihnen bis wir bemerkten, dass wir doch so langsam weiter müssten.
Aus der Stadt rauszukommen erwies sich wegen der durch den Stadtlauf teilweise gesperrten Straßen als etwas schwierig. Nach einer "Sonderrunde" schafften wir es aber. Zunächst führte uns die Strecke nach Sigulda. Am Rande eines Naturparks gibt es hier eine mittelalterliche Burg zu besichtigen.
Weiter ging es auf kleinen Sträßchen Richtung Estland. Auch hier fanden wir meist flaches Land und riesige Felder vor. Kurz vor Limbazi legten wir an einem idyllischen Platz an dem gleichnamigen (Limbazi-) See unsere Mittagspause ein. Der Bootssteg wurde von mehreren Anglern benutzt, die einige Fische in ihren Köchern hatten. Wir zogen als Mahlzeit aber Brote mit leckerem Käse und Wurst den Fischen vor.
Ursprünglich wollten wir bis Kloostri im Matsalu-Nationalpark fahren und dort eine Unterkunft suchen. Über Schotter und Lehm erreichten wir den Ort. Allerdings fanden wir dort lediglich ca. 5 Häuser und keine Unterkunft - zumindest keine adäquate. Zu sehen waren auch weitaus mehr Tiere - Kühe, Schweine, Hühner, Katzen und Hunde - als Menschen. Wahrscheinlich wäre es hier einfacher gewesen, einen Platz im Stall als ein Bett zu bekommen. Kurzerhand beschlossen wir, bis nach Tallinn weiterzufahren.
In Tallinn mieteten wir uns im Sokos-Hotel ein. Die sehr hübsche und äußerst nette Lagle gab uns ein Zimmer im 20. Stock mit einer herrlichen Aussicht über die Stadt. Das Sokos-Hotel war bei der Eröffnung 1972 das erste Hochhaus der Stadt. Das Hotel diente seinerzeit als Interhotel, in dem hauptsächlich Gäste aus dem nicht-sozialistischen Ausland untergebracht wurden. Im 23. Stock des Hotels hatte sich der KGB eingerichtet und Abhöranlagen installiert. Durch die hier installierte Überwachungszentrale des sowjetischen Geheimdienstes konnten zahlreiche Hotelzimmer akustisch und visuell überwacht werden.
Nach dem Einchecken im Hotel unternahmen wir einen ersten Erkundungs-Spaziergang durch Tallinn. Tallinn verfügt über eine sehr schöne mittelalterliche Altstadt. Das Mittelalter wird hier regelrecht vermarktet. Überall finden sich alte oder auf alt getrimmte Lokale wie beispielsweise die "Olde Hansa". Von Personal in alten Trachten wird man hier bedient.
Auffallend und aus unserer Sicht recht negativ waren die vielen betrunkenen Passanten in der Stadt - dem Anschein nach meist finnischer Herkunft. Scheinbar führt die Nähe zu Finnland (mit der Fähre sind es nur wenige km) sowie die im Vergleich zu Finnland erheblich günstigeren Preise für Alkohol zu diesen unschönen Auswüchsen.
{besps}2012_ostsee/05_tallinn{/besps}
Mo. 21.05.2012
Der Umstand, dass wir bereits am Vortag bis nach Tallinn fuhren, bescherte uns einen motorradfreien Besichtigungstag in Tallinn. Unser Frühstücksraum war von vielen lautstarken Finnen bevölkert. Nach dem Frühstück begaben wir uns auf Erkundung durch den historischen Teil der mittelalterlichen Stadt. Durch die Unterstadt begaben wir uns zum Domberg. Hier konnte uns ein Este, der sehr gut Deutsch sprach, einige Informationen über die Geschichte der Stadt geben.
Nachmittags ließen wir uns in einem Cafe am Marktplatz nieder und schauten dem Treiben in der Stadt zu. Punkerinnen zeigten ihre Tanzkünste und nahmen sich gegenseitig per Video auf. Auch 3 Break-Dancer zeigten ihre eindrucksvollen akrobatischen Kunststücke, bis die Ordnungspolizei einschritt. Für mich unverständlich - ich fand die Break-Dancer wesentlich angenehmer wie die vielen Betrunkenen Passanten, um die sich niemand kümmerte.
Direkt zwei Tische neben uns ließ sich ein russisch sprechendes, betrunkenes Paar mittleren Alters nieder. Bald darauf kam ein junger Bettler vorbei, der auf einem Schild kein Blatt vor den Mund nahm "I need help! Give me money for vodka and cigarettes!". Der betrunkenen, russisch sprechenden Frau hat das überhaupt nicht gefallen, sie beschimpfte den jungen Bettler aufs übelste: "Verpiss dich! - Hau ab! - Geh arbeiten!" Etwas unkoordiniert stand sie auf, trat nach dem Bettler und wollte ihm den Sammel-Becher aus der Hand schlagen. Wegen ihrer durch die Trunkenheit doch etwas sehr beeinträchtigten Standfestigkeit konnte sie sich dabei nur mühsam auf den Beinen halten und verfehlte natürlich ihr Ziel. Kein schöner Anblick und nicht lustig!
Di. 22.05.2012
Wir verließen Tallinn in Richtung Osten und schon bald bogen wir links ab zum Lahemaa-Nationalpark. Ein schönes kleines Sträßchen führte uns nach Käsmu. Der Ort wird auch als "Dorf der Kapitäne" bezeichnet, da sich früher hier eine Marineakademie befand. Diese Zeit brachte es mit sich, dass Käsmu als Anlaufstelle von Schmugglern (Alkohol, Salz, Fische) eine gewisse Berühmtheit erlangte. Heute ist das Dorf von schönen Holzvillen mit Gärten geprägt.
Eine wunderschöne, vereinzelt geschotterte Strecke führte uns in weiten Teilen unmittelbar entlang der Ostseeküste weiter nach Narva. Unterwegs rasteten wir unmittelbar an der baltischen See.
In Narva angekommen suchten wir uns ein Hotel und machten uns anschließend per Pedes zu einer Besichtigungstour auf. Als östlichste Stadt Estlands liegt Narva direkt an dem gleichnamigen Grenzfluß zu Russland. Unmittelbar an der Brücke über die Narva befindet sich auf estischer Seite die Hermannsfeste - eine gewaltige Festung, die von den Dänen gegründet und im späteren Verlauf der Zeit an den Deutschen Orden verkauft wurde. Ihr gegenüber liegt auf der russischen Seite die Festung Iwangorod. Eine Besichtigung der Hermannsfeste ließen wir uns natürlich nicht entgehen.
Die Brücke über die Narva ist von Zäunen und weitläufigen Grenzanlagen gesäumt. Dem Grenzübertritt am nächsten Tag sahen wir mit einiger Spannung entgegen.
Zurück im Hotel widmeten wir uns einem vorzüglichen Abendmahl und ließen ein paar Bier unsere durstigen Kehlen entlang laufen.
Mi. 23.05.2012
Früh am Morgen machten wir uns auf, um den Grenzübertritt nach Russland in Angriff zu nehmen.
Naiv wie wir waren, fuhren wir direkt zur Grenze vor und wurden dort von einem estischen Zollbeamten wieder zurück zu einer 2 Kilometer vor Narva befindlichen "Waiting Area" geschickt.
Bei der Fahrt dorthin trafen wir auf ein illustres Motorradfahrer-Trio. Ein Deutscher aus Bamberg war mit seinem amerikanischen Kumpel und dessen koreanischem Freund auf dem Weg zum Nordkap.
Die "Waiting-Area" bestand aus einem größeren Gelände, an deren Einfahrt sich die Zufahrt sogleich auf mehrere Fahrspuren verteilte. Direkt an der Einfahrt befand sich Station 1. Hier mussten wir den Reisepass sowie den Fahrzeugschein vorzeigen. Für 1,10 EUR erhielten wir dort eine Nummer.
Anschließend ging es auf der Fahrspur 3 ca. 200 Meter weiter zur Station 2, an der die Fahrzeugregistrierung stattfand - Kosten: 1,00 EUR.
Nachdem wir diese Hürde gemeistert hatten, durften wir wieder bis zur Grenze vorfahren. Die Abfertigung auf estischer Seite ging dann auch sehr schnell vonstatten.
Wir durften über die Brücke fahren und mussten auf der russischen Seite an einem "Kiosk" anhalten. Eine sehr hübsche russische Zollbeamtin händigte uns ein Formular zur Zollerklärung aus - leider hatte sie nur Vordrucke in russischer Sprache.
Dann ging es zur nächsten Station ein paar hundert Meter weiter. Wir hielten vorher an und widmeten uns dem Ausfüllen der Zollerklärung. Wegen meiner fehlenden russischen Sprach- und Schriftkenntnisse dauerte das natürlich eine Weile. Ein junger Zollbeamter kam auf uns zu und fragte, was wir denn da so lange machen würden. Nachdem er mitbekam, dass wir die Zollerklärung nur auf Russisch vorliegen hatten, verschwand er und kam bald darauf mit einem ganzen Packen Formulare in Deutsch an. Das erleichterte mir natürlich das Ausfüllen erheblich und schon bald konnten wir dann vorfahren.
Zunächst wurden die Personenpapiere, also der Reisepass, mit dem Visum bearbeitet. Dies ging auch recht zügig vonstatten. Anschließend dann eine nachfolgende Station, nur wenige Meter weiter. Hier wurde die Zollerklärung bearbeitet. Eine strenge "Kalinka" sah sich durch ihre dicke Hornbrille die ausgefüllte Zollerklärung ganz genau an. In der Zollerklärung ist in erster Linie das Fahrzeug aufgeführt und weiterhin enthält sie Angaben zu werthaltigen Gegenständen und Devisen. Nachdem "Kalinka" die Erklärung als ordnungsgemäß angesehen hatte, dokumentierte sie dies durch eine wahre Stempelorgie auf der Zollerklärung. Eine Ausfertigung behielt sie ein und die andere erhielt ich und behütete sie bis zur Ausreise wie meinen Augapfel.
Der junge Zollbeamte widmete sich anschließend unseren Motorrädern. Seitenkoffer und Topcase musste ich eigentlich nur per forma öffnen. Kaum waren die Deckel geöffnet, winkte der Zöllner auch schon wieder ab. Er interessierte sich mehr für mein Motorrad: "Was kostet die bei euch? - mhm, neu?" "nein, gebraucht" "mhm, was wiegt die? - mhm; wie schnell fährt die? - mhm; wie schnell seid ihr bisher gefahren? - mhm usw."
Insgesamt dauerten die Formalitäten ca. 2,5 Stunden und waren aus meiner Sicht gar nicht so gewaltig, wie sie von verschiedenen Seiten immer dargestellt werden.
Nun waren wir also drin - in Russland - und waren gespannt, wie die Straßenverhältnisse sich hier in der Realität zeigen würden. Die M11 von Narva nach St. Petersburg war anfangs schon recht heftig. Schlaglöcher und aufgebrochener Teer mit Aufwölbungen erinnerten mich an die rumänische Strecke über den Prislop-Pass. Nur 115 km bis nach St. Petersburg hatten wir zu bewältigen.
Die als berüchtigt beschriebenen Polizeikontrollen haben wir zwar gesehen, aber in weitaus geringerer Anzahl wie allgemein geschildert. Lediglich 2 Kontrollen auf dem Weg nach St. Petersburg - von beiden Kontrollen blieben wir unbehelligt.
Mi. 23.05.2012
Roman hat in St. Petersburg Verwandschaft und mit diesen unseren Besuch abgestimmt. Wir sollten dort auch übernachten können - entweder in ihrer Wohnung in St. Petersburg oder in deren außerhalb gelegenen Datscha (Hütte). Unterwegs bekamen wir Zweifel, ob dies so klappen würde. Roman hatte mehrfach telefoniert und immer wieder den Wunsch geäußert, dass wir uns die Sehenswürdigkeiten St. Petersburgs ansehen wollten. Allerdings wurde von seinem Namensvetter aus St. Petersburg kaum darauf eingegangen.
Entgegen unserem ursprünglichen Plan, beschlossen wir, in St. Peter in einem Hostel oder Hotel unterzukommen und der Verwandschaft lediglich einen Besuch abzustatten.
Durch einen wahnsinnigen Verkehr kämpften wir uns durch St. Peter. Die Fahrweise fand ich dabei in keinster Weise chaotisch - aber der Betrieb auf den Straßen war schon gewaltig! Das hervorragend funktionierende Navi mit den kostenlosen, routingfähigen OSM-Karten erleichterte uns diese Angelegenheit enorm. Leider fanden wir keine passende freie Unterkunft. Hier waren keine Zimmer mehr frei, dort war es zu teuer und an anderer Stelle fehlte ein passender sicherer Platz für unsere Motorräder.
Scheinbar war es doch so bestimmt, dass wir direkt zur Verwandschaft von Roman sollten. Auf dem Weg dorthin fuhr auf einmal eine laut knatternde Harley neben uns. "Habt ihr euch verfahren - wo wollt ihr denn hin?" fragte Ilja, Secretary bei dem Motorradclub "The Hooligans - St. Petersburg" auf russisch. Nachdem wir unser Ziel, den Prospekt Prosveshcheniâ genannt hatten, meinte Ilja "zu dieser Zeit wird das schwierig, da steht ihr stundenlang im Stau!"
Zunächst schleuste er uns auf eine kleine Verkehrsinsel und dort hielten wir einen kleinen Plausch. Sie hätten von ihrem Club aus auch ein Hostel - aber er müsste erst nachfragen, ob dort noch Platz wäre meinte er und griff zum Handy. Es würde geklärt werden und wir sollten zunächst mal eine kleine Pause einlegen und auf einen Kaffee oder Tee mit in ihr Clubheim kommen.
Diese Einladung nahmen wir gerne an. Ilja fuhr voraus und wir schlängelten uns zwischen den Autos durch. Wegen unserer Gepäckkoffer brauchten wir etwas mehr Platz und wenn es einmal eng wurde, ließ Ilja den Auspuff seiner Harley mit einem kurzen Gasstoß brüllen - und schon war eine Gasse frei. Die Jungs von den Hooligans in St. Petersburg scheinen in der Stadt bekannt zu sein und auch einen gewissen Einfluß zu haben.
Recht schnell erreichten wir das in irgendeinem Hinterhof in einer Halle an den Bahngleisen befindliche Clubhaus - garnicht weit vom Newski-Prospekt entfernt. Dort wurden wir von weiteren Hooligans wie alte Kumpels begrüßt. Alexej, der Präsi des Clubs meinte, dass sie leider keinen Platz mehr in ihrem Hostel frei hätten. Das Clubhaus der Hooligans wurde in Eigenleistung hergestellt und präsentierte sich in absolut sauberem Zustand. Auch herrschte Disziplin - im Gebäude bestand beispielsweise Rauchverbot - der große Aschenbecher draußen war aber gut gefüllt!
Bei Kaffee und Tee unterhielten wir uns etwas mit den Hooligans. Auf meine Frage, wie viele Mitglieder der Club hätte, antwortete Alexej ganz lapidar und kapp: "Genug!"
Nach einer Weile war es an der Zeit, Abschied zu nehmen und uns auf den Weg zu Romans Verwandschaft zu machen. Vladimir wurde abkommandiert, setzte sich auf seine Harley und führte uns auf Schleichwegen recht schnell auf den richtigen Weg.
Mi. 23.05.2012
Die größeren Straßen in St. Petersburg werden Prospekt genannt. Den Prospekt Prosveshcheniâ hatten wir dann auch schnell erreicht und wurden dort von dem St. Petersburger Roman und seiner Schwester Marina begrüßt. Dann ging es in deren Wohnung. Mit hiesigen Verhältnissen ist das kaum zu messen. Ein mehrstöckiger Betonbunker in ziemlich heruntergekommenem Zustand. Mit einem Fahrstuhl, der seine besten Zeiten schon eine Ewigkeit hinter sich hatte, ging es nach oben. Ein Flur führte zur Wohnung. Diese bestand aus einem weiteren schmalen und kurzen Flur, 2 Zimmern, einer kleinen Küche, Toilette und einem kleinen Dusch-Bad. Hier lebten Roman, seine Mutter, seine Schwester Marina mit ihrem Mann und ihrem 3 jährigen Sohn. Als Luxus besaßen sie außerhalb von St. Peter eine Datscha und dort sollten wir auch übernachten. Folglich machten wir uns auch recht schnell auf den Weg zu der Hütte.
Während Roman und ich unsere Motorräder betankten, kauften Roman2 (wegen der Namensgleichheit nenne ich den St. Petersburger Roman jetzt so), seine Schwester und sein Schwager noch in einem Supermarkt ein und dann ging es ca. 30 km in nördlicher Richtung zur Hütte. Marina und ihr Mann verabschiedeten sich recht schnell.
Als erstes mussten wir Holz hacken und ein Feuer entfachen. Der Ofen war aus Klinkersteinen selbst gebaut mit einer Stahlplatte oben drauf. Zur Luftregulierung war im Kamin ein Schieber angebracht. So richtig dicht war diese ganze Vorrichtung natürlich nicht. Dichter Qualm zog zunächst durch die Hütte, bis das Feuer im Ofen richtig brannte. "Sch...., da gehen wir die Nacht mit einer Kohlenmonoxid-Vergiftung drauf!" entfuhr es mir. Fließendes Wasser gab es nicht in der Hütte und da Roman und ich nicht auf unsere Dusche verzichten wollten, mussten wir zunächst aus großen Wasser-Korbflaschen einen Topf füllen und das Wasser auf dem Ofen erhitzen. Die Dusche fand dann draußen mit Hilfe eines Kruges statt.
Ganze 6 Flaschen Bier hatte Roman2 eingekauft, wovon er 4 Stück selber trank. Aber es fand sich noch eine Flasche Vodka und Orangensaft, über die Roman und ich uns hermachten. Als Snack gab es getrockneten Fisch - nicht so ganz mein Fall. Scheinbar hatte Roman2 das gemerkt: "Wenn du keinen Fisch magst - ich habe noch was anderes!" Er öffnete eine Verpackung und öffnete das "Andere" - geröstete Kalamares. Wahre Begeisterungsstürme löste Roman2 bei Roman und mir aus: "Ihr habt doch bestimmt Hunger - ich habe noch Fisch in Dosen!" Angesichts dieser Aussichten verzichteten wir auf das Abendmahl und widmeten uns dem Vodka.
Als wir Roman2 dann von unserer Begegnung mit dem MC The Hooligans und unserer Fahrt durch die Stadt berichteten, meinte er: "Prima, dann habt ihr ja schon alles gesehen und könnt am Sonntag direkt von hier aus die Straße nach Finnland benutzen."
Die Zeiger der Uhr bewegten sich bereits in Richtung früher Morgen, als wir uns zur Ruhe begaben - Roman in der einen, ich in der anderen Ecke jeweils in einem großen Bett und Roman2 auf einer Couch. Gott sei Dank war zumindest die Schlafstätte sauber!
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Do. 24.05.2012
Trotz alledem gut ausgeschlafen wachte ich in der Hütte auf. Es war vom Ofen her immer noch recht warm - mir persönlich entschieden zu warm - und es roch nach Fisch! - bestialisch nach Fisch! Ich flüchtete ins Freie. Für mich stand nicht erst ab diesem Moment fest, dass ich hier nicht noch einen Tag oder gar mehrere Tage verbringen wollte. Nachdem Roman aufstand und ebenfalls nicht gewillt war, dort länger zu bleiben, suchten wir mittels der Navi-Software ein Hotel im Zentrum von Piter, wie St. Petersburg liebevoll von seinen Einwohnern bezeichnet wird.
Das M-Hotel liegt in unmittelbarer Nähe zum Nevskij-Prospekt, der ca. 4,5 km langen Prachtstraße im historischen Zentrum von St. Petersburg. Sogar eine Telefonnummer war angegeben und Roman erfuhr im telefonischen Gespräch mit der netten Katarina, dass dort sowohl freie Zimmer zu einem annehmbaren Preis (ca. 50 EUR pro Pers und Nacht inkl. Frühstücksbuffet) verfügbar, als auch ein sicherer, bewachter und im Preis enthaltener Parkplatz für unsere Motorräder vorhanden sei.
Wir packten unsere Sachen, weckten Roman2, der noch immer auf der Couch schlief und verabschiedeten uns.
Sogar der Feldweg, der in die Einöde zur Hütte - und auch wieder heraus - führte, war in der Navi-Karte enthalten und so wurden wir sicher ins Zentrum von St. Petersburg zum M-Hotel geführt. Die Verkehrsverhältnisse waren an diesem Tag auch nicht annähernd so gewaltig wie am Vortag.
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Das M-Hotel präsentierte sich sehr freundlich und sauber! Auch Katarina, Maria und Olga an der Rezeption waren äußerst zuvorkommend und nett. An dieser Stelle kann ich das M-Hotel für einen Aufenthalt in St. Petersburg uneingeschränkt und wärmstens empfehlen - falls es mich irgendwann einmal wieder nach St. Petersburg verschlagen sollte, werde ich mit Sicherheit wieder hier logieren!
Nachdem wir das Zimmer bezogen und uns frisch gemacht hatten, erkundeten wir per Pedes die Stadt.
Do. 24.05. - Fr. 25.05. - Sa. 26.05.2012
Als erstes zog es uns zum Nevskij-Prospekt, der wohl bekanntesten Straße St. Petersburgs und eine der berühmtesten Straßen Russlands. An der ca. 4,5 km langen Straße sind eine ganze Reihe von historischen, prachtvollen und beeindruckenden Bauten zu bewundern. Ebenso sind hier zahlreiche Geschäfte, Boutiquen und Cafes zu finden. Zunächst ließen wir bei einem "Baltika"-Bier die Atmosphäre der Stadt und insbesondere des Nevskij-Prospektes auf uns wirken. Der Kiosk mit Terrasse sollte zu unserer "Stammkneipe" werden. Unmittelbar daneben unterhielten einige Straßenmusiker mit guter Musik ein buntes Publikum.
Wäre nicht überall die russische Schrift auf den Reklamen zu sehen, hätte man vom Gefühl her genauso gut in einer europäischen Metropole sein können. Als "Venedig des Nordens" erinnerten mich die Kanäle eher an die Grachten in Amsterdam - zumindest bis wir zur Newa kamen. Dort war dann alles im wahrsten Sinne des Wortes etwas weitläufiger. Unser Besichtigungsprogramm spulten wir übrigens komplett per Pedes ab und sind in den wenigen Tagen in "Piter" bestimmt an die 30 km - 40 km gelaufen.
Überhaupt scheint hier alles ein wenig größer zu sein - breite Prospekte, riesige Plätze und auch viele langbeinige Schönheiten auf Stöckelschuhen mit beängstigend hohen Absätzen. Zahlreiche Schulabgänger feierten "herausgeputzt" ihren Abschluss.
Soviele Stretch-Limos hatte ich innerhalb so kurzer Zeit noch nie gesehen, ebenso wie unzählige Luxus-Autos. Rolls-Royce, 500er AMG-Mercedes, Ferrari, BMW X6, Audi Q7, Porsche Chayenne etc. waren hier massenhaft vertreten. Aber auch alte Wolgas und Dacias waren zu sehen. Beim Überqueren des Nevskij-Prospekts hielten 2 Motorräder an und Vladimir, der uns am Vortag auf Schleichwegen durch die Stadt lotste, begrüßte uns freudig. Nach einem kurzen Plausch mitten auf der Straße verabschiedeten wir uns von ihm und setzten unseren Weg fort.
Obwohl die weißen Nächte Mitte bis Ende Juni beginnen, setzte erst gegen 23.00 h die Dämmerung ein und auch nachts war immer noch ein heller Streifen am Horizont zu sehen. Das nachstehenden Foto wurde abends um 23.12 h bzw. gegen 24.00 h aufgenommen.
Auf dem Schloßplatz, vor dem Winterpalast, kamen zwei junge Russinnen in Uniform auf mich zu. Ihr Angebot, sich gegen einen kleinen Obulus mit mir ablichten zu lassen, konnte ich nicht ausschlagen!
Der Schloßplatz mit der Alexandersäule ist schon riesig und wahnsinnig weitläufig und beeindruckend.
Einen Besuch des Winterpalastes und der Eremitage, eines der größten und bedeutendsten heutigen Kunstmuseen der Welt, ließen wir uns natürlich nicht entgehen. Neben den Exponaten waren ebenso die prachtvollen Säle wahnsinnig beeindruckend. Ein asiatisches Ehepaar war von den Eindrücken scheinbar so "erschlagen" und müde, dass sie ein kleines Nickerchen in der Eremitage einlegten.
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Weiter ging es von hier aus zur Peter-und-Paul-Festung auf der Haseninsel. Die Festungsanlage bildet den Ursprung und das historische Zentrum St. Petersburgs.
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Später standen dann u. a. noch die Moschee und die Aurora, ein Kriegsschiff der kaiserlich russischen Marine und Symbol der Oktoberrevolution von 1917 auf dem Programm, bevor wir wieder auf die andere Seite der Neva wechselten. Die Aurora war nicht nur bei den vielen Schulabgängern ein beliebtes Fotomotiv!
An der Auferstehungskirche vorbei gelangten wir wieder zum Nevskij-Prospekt. Auch die Isaakskathedrale durfte bei unserem Sightseeing-Programm natürlich nicht fehlen.
kleine Diashow von der Aurora:
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Die ganze Zeit fragten wir uns, wo die St. Petersburger, die sich die Preise in den überwiegend noblen Geschäften des Nevskij-Prospektes nicht leisten können, eigentlich einkaufen. Ursprünglich auf dem Weg zur Post entdeckten wir gar nicht so weit von der Prachtstrasse entfernt in einigen Hinterhöfen einen großen Markt - den Apraksin Dvor. Natürlich wurden wir angesprochen und gefragt, was wir suchen und ob man uns helfen könnte. Roman wollte als Souvenir für seine Söhne Fußball-Trikots kaufen. Ein "Schleuser" übermittelte uns an einen Kollegen, der uns durch ein Wirrwar von Gassen in einen Kellerladen führte. Dort wurde Roman fündig und musste den Kaufpreis nicht etwa an die Verkäufer, sondern an den "Schleuser" zahlen. Auch einen Laden mit Motorrad-Teilen fanden wir in dem Wirrwar.
An dem Wochenende war Stadtfest in Piter. Jedes Jahr zum 27. Mai wird die Gründung von St. Petersburg gefeiert - wir erlebten den 308. Geburtstag live mit. Den Nevskij-Prospekt hatten sie komplett für Fahrzeuge gesperrt und Menschenmassen flanierten über die Prachtstraße. Überall wurden die Menschen mit Musik und sonstigen Darbietungen unterhalten. Für die Sicherheit sorgte neben der Polizei auch das Militär. Scheinbar hatten diese aber nichts zu tun. So eine friedliche Stimmung bei solchen Menschenmassen hatte ich bisher selten erlebt. Die ganzen Tage in St. Petersburg hatte ich keinen Augenblick das Gefühl von Unsicherheit oder gar Bedrohung! Wir ließen uns von der ausgelassenen Stimmung anstecken und fanden erst spät in der Nacht den Weg ins Hotel.
So. 27.05.2012
Leider hieß es schon wieder Abschied nehmen von St. Petersburg. Scheinbar waren die meisten St. Petersburger noch etwas müde von der Geburtstagsfeier der Stadt. Zumindest präsentierten sich die Prospekte an diesem Morgen mit relativ wenig Verkehr. Je weiter wir aus Piter rauskamen, umso schlechter wurden die Straßen.
Wir folgten der parallel zur M10 verlaufenden A125 in nordwestlicher Richtung. Bei Vyborg wechselten wir dann auf die M10 bis zur finnischen Grenze. Auch an diesem Tage blieben wir von russischen Verkehrskontrollen weitestgehend verschont. Lediglich 2 Kontrollen bekamen wir zu Gesicht. Bei der Ersten wurden wir sogleich durchgewunken. Bei der Zweiten mussten wir anhalten und wurden nach unseren Reisepässen gefragt. Doch bevor wir diese aus unseren Taschen gezogen hatten, durften wir schon wieder weiterfahren. Die teilweise in diversen Foren beschriebenen schikanösen Kontrollen mit Abzocke können wir nach unserer Erfahrung in keinster Weise bestätigen.
An der Grenze angekommen waren die Grenzformalitäten auf der russischen Seite ruck-zuck erledigt. Irgendeine "Kalinka" versah jeden der zahlreichen Stempel unserer Zollerklärung mit einem Kontrollstempel und nach nicht einmal 10 Minuten fuhren wir durchs Niemandland zu der finnischen Grenzabfertigung. Die Finnen ließen sich wesentlich mehr Zeit mit der Abfertigung. Aus der Warteschlange wurden per Ampelschaltung immer 5 Fahrzeuge bis zur Schranke vorgelassen. Dort angekommen, mussten die Fahrzeuge verlassen werden und eine Polonaise begab sich ins Zollgebäude. In einem erhöhten "Kiosk" saßen dann die Grenzbeamten und verglichen gaaanz streng die Fotos der Reisepässe mit der Wirklichkeit. Scheinbar bestand hier bei uns kein allzu großer Unterschied - mit einem kurzen Nicken des Grenzbeamten konnten wir unseren Weg fortsetzen. Durch den Hinterausgang ging es wieder zu den Fahrzeugen, die Schranke öffnete sich und wir waren drin - in Finnland.
Finnland präsentierte sich mit viel Wald, geraden Straßen, wenig Verkehr und unverschämten Preisen - nicht nur für alkoholische Getränke!. Eine 0,33l Dose Cola an der Tankstelle schlug beispielsweise mit sagenhaften 3,50 EUR - in Worten: Drei Euro und fünfig Cent - zu Buche. Gut, dass wir uns in St. Petersburg noch mit dem leckeren und preiswerten "Baltika-Bier" eingedeckt hatten!
Vor Helsinki - in Porvoo - suchten wir uns ein Quartier und ließen den Tag ausklingen.
Mo. 28.05.2012
Bis nach Helsinki waren es nur noch wenige km. Dort angekommen fuhren wir zunächst zum Fährhafen. Die Zeit bis zum Einchecken verbrachten wir im Hafenviertel. An einem Marktstand entdeckte Roman ein witziges T-Shirt. Vom Baltikum und von St. Petersburg waren wir gewohnt, um den Preis zu feilschen. Das T-Shirt war mit 12 EUR ausgezeichnet und wir starteten einen Versuchsballon mit "I give you eight Euro for this Shirt!". Von dem etwas kleineren, etwas fülligeren, etwas stark blondierten Standbetreiber alá D.J. Bobo bekamen wir die äußerst unfreundliche Antwort: "Why you give me eight ??? - My Price is twelve!!!!" Sprach er und drehte uns seine ebenfalls etwas fülligere Rückseite zu.
Bis zum Einchecken auf der Silja Serenade hatten wir noch etwas Zeit und so schauten wir uns noch ein paar Sehenswürdigkeiten der finnischen Hauptstadt an - darunter natürlich den unmittelbar beim Hafen am Senatsplatz befindlichen Dom sowie die Uspenski-Kathedrale, die größte orthodoxe Kirche in Westeuropa.
Nachdem die "Silja Serenade" freigegeben wurde und ihr Bauch sich öffnete ging das Einchecken schnell und problemlos vonstatten. Ebenso schnell hatten wir unsere Kabine bezogen und machten uns zu einem Erkundungsgang auf. Bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Helsinki wurden wir noch einige Zeit von gut motorisierten Schlauchbooten des finnischen Zolls begleitet, die unsere Fähre zum Üben von Anlegemanövern in Fahrt benutzten.
Glücklicherweise hatten wir bereits im Vorfeld die Verpflegung auf der Silja Serenade mitgebucht. Was dort zum Abendbuffet aufgetischt wurde, war schon äußerst beeindruckend und alleine das Probieren einiger Delikatessen geriet bereits zur Völlerei.
Nach einem ausgedehnten Verdauungsspaziergang über die ganze Fähre begaben wir uns schließlich zur Ruhe.
Di. 29.05.2012
Nach dem leckeren und reichhaltigen Frühstück bestaunten wir von Deck aus, wie die Fähre sich zwischen den vielen kleinen Inseln vor Stockholm durchschob. Es dauerte eine ganze Weile bis wir anlegten und der Bauch der Silja Serenade sich schließlich öffnete. Da wir in Helsinki zuerst in das unterste Deck einfahren durften, mussten wir bei der Ausfahrt leider bis zum Schluß warten.
In Schweden fanden wir die Strecke wieder ansprechender - die teils kleinen und kurvigen Straßen waren schon eher nach unserem Geschmack. Viele Straßen schlängeln sich um die zahlreichen Gewässer. Nach Skanssundet gelangten wir über die gleichnamige Straße. Hier mussten wir 20 Minuten auf die Abfahrt der Fähre warten - dafür war die Benutzung dieser zur Abwechslung aber kostenfrei! Nach ca. 400 Meter Überfahrt konnten wir die Fähre wieder verlassen. Weiter schlängelte sich die Straße in Richtung Südwesten.
Auf der weiteren Strecke bekamen wir sogar Elche zu Gesicht! Schließlich erreichten wir Kisa und hielten hier Ausschau nach einer Herberge für die Nacht.
Mi. 30.05.2012
Nach einem guten und reichhaltigen Frühstück zog es uns weiter in den Südwesten von Schweden. Die Landschaft wurde flacher und riesige Felder säumten die Straßen.
Schon vor Malmö erblickten wir die riesige Öresundbrücke. Es dauerte dann aber doch noch eine ganze Weile, bis wir die östliche Rampe erreichten. Die weltweit längste Schrägseilbrücke für Straßen- und Eisenbahnverkehr kann durchaus als weiteres Weltwunder angesehen werden. Die östliche Rampe führt über ca. 4 km auf die eigentliche Öresundbrücke, die nach etwa 1 km in die ca. 3 km lange westliche Rampe übergeht. Diese endet auf der künstlich aufgeschütteten Insel "Peberholm". Von hier aus geht es durch einen ca. 4 km langen Unterwassertunnel nach Kopenhagen. Um die Anflugschneise des Kopenhagener Flughafens nicht zu beeinträchtigen, war der Tunnel erforderlich. Leider gab es keinen "Aussichtspunkt" um in Ruhe Fotos von der beeindruckenden Brücke machen zu können. Also musste der Standstreifen hierzu herhalten.
Kaum waren wir in Dänemark wurde das Wetter schlechter und bei der Fahrt durch Kopenhagen begann es zu tröpfeln. Vom Erscheinungsbild her erinnerte Kopenhagen mich sehr an niederländische Städte - nicht nur durch den Baustil der Häuser und die vielen Fietsen (Fahrräder).
Einige km außerhalb von Kopenhagen in Greve-Strand buchten wir uns wieder in einem Hotel ein. Dem Hotel angeschlossen war ein Steakhouse mit Bistro. So kurz vor Abschluss der Reise wollten wir uns was Gutes tun und dachten dabei zunächst mal an ein großes saftiges Steak. Allerdings verschlug der auf der Speisekarte dafür vorgesehene Preis uns glatt die Sprache. Umgerechnet sollten wir dafür happige 37 Euro bezahlen - pro Steak natürlich! Das überstieg dann doch unser Budget und so gönnten wir uns einen "preiswerten" Burger, der "nur" mit 15 Euro zu Buche schlug. Wir fragten uns, ob die Menschen in Skandinavien wirklich so viel mehr Lohn kassieren, dass sie sich diese Preise leisten können.
Auf diesen Schreck hin, machten wir uns über die letzen beiden Flaschen des leckeren russischen Baltika-Bieres her. Ein kleiner Spaziergang an den nur wenige Meter entfernten Strand rundete diesen Abend ab.
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Do. 31.05.2012 u. Fr. 01.06.2012
Dunkle Regenwolken und auch ein paar Tropfen begrüßten uns am Morgen. Zunächst fuhren wir auf der Landstraße weiter Richtung Süden. Doch schon bald regten uns die vielen Ampeln und die schnurgerade Streckenführung auf. "Dann können wir auch die Autobahn nehmen!" waren Roman und ich uns schnell einig. Die E47 führte uns dann ohne nervige Ampeln zügig nach Rodby zur Fähre nach Puttgarden. Ein letztes Mal auf dieser Tour die Motorräder im Bauch einer Fähre verzurren und schon verließen wir Dänemark.
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Auf Fehmarn in Deutschland angekommen, wurden die Wolken immer dunkler. So schauten wir, dass wir schnell nach Hamburg zu unserer letzten Station der Tour kamen. Unmittelbar am Rande der Altstadt bezogen wir Quartier. Kaum hatten wir die Motorräder in der Tiefgarage geparkt, öffneten sich die Wolken und es regnete was das Zeug hielt. Das hielt uns natürlich nicht davon ab, nach der Stärkung durch ein saftiges Steak (wesentlich preiswerter als in Dänemark!), einen Reeperbahnbummel zu unternehmen. In der kurzen Zeit hier in Hamburg sahen wir mehr Obdachlose wie auf der ganzen übrigen Tour.
Nach einem letzten ausgiebigen Frühstück machten wir uns dann auf den Heimweg. Der Regen hatte zwar aufgehört aber dunkle Wolken zogen immer noch am Himmel vorbei. Also erst mal auf die Regenkombi verzichtet und los. Kurz vor Hannover auf dem Rastplatz Allertal verabschiedete ich mich von Roman. Die ein und andere Schauer begleitete mich die restlichen Kilometer. Erst im Rheintal angekommen wurde es etwas besser. Von der Autobahn hatte ich genug und so fuhr ich die letzte Strecke durch das Ahrtal und am Nürburgring vorbei auf Landstraßen nach Hause.